Die Kreuzzüge

Hallo. Ich habe hier mal hereingeschnuppert und dachte mir, ich schreibe mal eben auf was die Kreuzzüge für mich bedeuten! Davor sage ich gleich, dass ich keinesfalls ein Spezialist dieser Sache bin=O) ALSO: Für mich sind die Kreuzzüge ein Spiegelbild der (damaligen)Katholischen Kirche, oder anders formuliert ihr wahres Gesicht! Diese Gewalt und unterdrückung/ zerstörung derer, die nicht bereit waren an Gott oder nur den EINEN Gott zu glauben ist für mich einfach nur schrecklich. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Einfluss dieser Kirche nicht so gross geworden währe, wenn man den Glauben der Menschen nicht erzwungen hätte! Und mit erzwungen meine ich das auch wort wörtlich! Nichts anderes war die Inquisition. Vernuchtung der Menschen, die nichts anderes verbrochen hatten als nicht an Gott zu glauben! So, und jetzt mus ich ganz schnell los zum Arzt, werde diese Diskussion aber sicher begleiten=O) GLG Annine

Hallo Annine, alleine aus dem hier schon geschriebenen müsste Dir klar sein, daß die päpstliche Kirche (zum Wort katholisch hab ich mich ja schon geäußert) nur bedingt Einfluß auf den Fortgang der Kriege hatte und auch zum Thema Gewalt ist ja hier schon manches geschrieben worden. Die dem vorangegangene, gewaltsame Ausbreitung des Islam in ganz Nordafrika, Spanien und der Levante stellt die regional ja sehr begrenzten Kreuzzüge weit in den Schatten. Insofern ist die Wirkung der Kriege für die Ausbreitung des christlichen Glaubens tatsächlich marginal gewesen. Neben der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion des Römischen Reichs waren es vor allem die friedlichen Missionierungen des frühen Mittelalters, die das Fundament für die Verbreitung der päpstlichen Kirche gelegt haben. Schöne Grüße, Alex

Eine Berichtigung ich meinte Ostia nicht Cordoba. Liebe Annine, Alex hat das mit der Gewalt schon recht treffend gesagt. Ich glaube, wir müssen uns hüten, unsere heutigen Vorstellungen einfach über die damaligen Verhältnisse überzustülpen. Ich glaube sogar, daß unsere heutige Zeit bei weitem brutaler ist als damals und zwar auch wegen der größeren Rationalität. Daß zwei Mächte oder Mächteverbünde aufeinander losgehen und einander nicht nur erobern, sondern auch die gesamte Bevölkerung der Besiegten systematisch vernichten wollen, wie es im 2. Weltkrieg geschehen ist, gab es von der Idee her nicht mal ansatzweise im Mittelalter. Die Menschen heute sind nicht besser als damals. Und Wissen schützt vor solchen Gewaltexzessen überhaupt nicht. Was Du zur Inquisition schreibst, ist auch etwas undifferenziert. (Das soll jetzt keine Entschuldigung für die Inquisition werden.) Wie Du vielleicht nicht weißt, gab es zwei Institutionen, die sich so nannten. Die spanische Inquisition und im restlichen Bereich der abendländischen Kirche die römische Inquisition. Letztere unterstand dem jeweiligen Bischof. Die spanische Inquisition jeweils nur den Katholischen Königen von Kastillien und Aragon und dann direkt dem Papst, was quasi einer Loslösung von der Kirche gleichkam. Die spanische Inquisition war - wenn man es mit einem modernen Bild sehen will - weniger eine Institiution der Bewahrung des Glaubens als vielmehr ein “Verfassungsschutzorgan” besser eine Geheimpolizei der Katholischen Könige Spaniens, die mittels der Inquisition ein Land einigen besser gesagt zentralisieren wollten, daß aus vielen Sprachen, Nationen und Religionen bestand. Dabei diente die Religion als hilfreicher Ansatzpunkt. Wie Du vielleicht weißt, waren bei der Rückeroberung Spaniens nicht nur die Katholischen Könige von der Partie, sondern auch jede Menge anderer Regionalmächte. Deren Macht basierte vor allem auf den verschiedenen Lehensverhältnissen, die sie vergeben hatten. Zu einem nicht unbeträchtlichen Teil gehörten nun aber auch Muslime zu deren Machtbasis - vor allem im Süden. Mittels der Ausweisung aller Nichtchristen, sollte dieser Machtpfeiler weggenommen werden. Wie in der Zeit der muslimischen Herrschaft gab es aber auch jetzt viele Juden und Muslime, die sich zum Schein taufen ließen. Diesen Scheinchristen wurde unterstellt, sie betrieben heimlich eine neue muslimische Invasion aus Nordafrika. Darum wurden sie durch einen permanenten Druck in Schach gehalten, der indirekt natürlich auch den spanischen Granden galt. Die römische Inquisition war direkt den Bischöfen unterstellt und hat darum normalerweise auch direkter mit dem Glauben zu tun (wobei sie ihm natürlich einen Bärendienst erwiesen hat).

Lieber Saladin! Ich habe jetzt noch mal etwas Luft gehabt und in diversen Büchern nachgeschnuppert und nachgefragt. Zuerst eine Korrektur. Es war kein Kalifat, es war ein Emirat von Ostia. Im deutschen Sprachraum gibt es, wie mir ein Freund bestätigte, wirklich fast keine Literatur dazu. Das müßtest Du im italienischen nachschauen. Mir wurde gesagt, daß diese Emirate, die es ja nicht nur dort gab, übrigens auch ein wesentlicher Auslöser für die Kreuzzüge waren. So gab es Emirate auf Sizilien, das Emirat von Fraxinetum (Frankreich), das übrigens immer wieder Alpenüberquerungen versuchte, um die Franken zu islamisieren, selbst St. Gallen gehörte mal zeitweise zu diesem Emirat (Der Ort Pontressina in der Schweiz geht übrigens auf die italienische Verballhornung des Lateinischen Ponte Sarazenum zurück.) Erst nach der Reform von Cluny entwickelte sich aber im Abendland das Bewußtsein, daß man etwas gegen die ständigen militärischen Missionsversuche der Sarazenen machen müsse. Was mein Freund mir nämlich erzählte, ist daß auch London von den französichen Sarazenen einmal niedergebrannt worden sei. Er sagte auch, er habe selber eine arabische Handschrift gesehen, die davon handelt, wie ein Kundschafter berichtete, wie man Island erobern könne. Ich dachte, ich höre nicht recht. Das Emirat von Ostia ist entstanden, nachdem die Sarazenen 846 Rom erobert hatten und fast ein Jahr den Petersdom als Moschee genutzt hatten. Das römische Fieber schwächte aber ihre Position. Dazu und zu den Abwehrkämpfen die sich bis 849 immer wieder ergaben, fand ich übrigens eine kleine Notiz im LThK Band 7 zum Stichwort “Ostia”. Ein weiteres: Wenn Du im LThK zum Stichwort Otranto (Apullien glaube ich) nachsiehst, wirst Du dort zum Beispiel auch von einem Massaker lesen können, weil sich die dortige Bevölkerung weigerte, muslimisch zu werden. Dafür war das Emirat von Sizilien verantwortlich. Wenn Dich genaueres zum Massaker in Ani interessiert und du Zeit hast, könnte ich mal die Mechitaristen (katholische armenische Benediktiner) in Wien kontaktieren. Sie haben - soweit ich gehört habe eine gute Bibliothek. Das wird aber noch ein Weilchen dauern, da ich dafür etwas mehr Zeit brauche.

Hallo avkienlin, Du schriebst: “… waren es vor allem die friedlichen Missionierungen des frühen Mittelalters …”. Tut mir leid, aber da muss ich Dir widersprechen. Nachdem das Christentum Staatsreligion in roem. Reich wurde, halte ich die wenigsten folgenden Missionierungen fuer “friedlich”. Bedenke doch bitte alleine die Christianisierung der Sachsen! Was war daran friedlich? Und wenn man “friedlich” nicht nur mit “ohne direkte Gewalteinwirkung / Krieg” beschreibt, sondern auch mit “freiwillig”, dann fallen mir ganz wenige derart verlaufene Misionierungen ein. Die fraenkischen Herrscher wurden nicht christlich aus Ueberzeugung, sondern aus machtpolitischem Kalkuel (u.a. Sicherung der Koenigsmacht). Der fraenk. Hochadel musste dann aus aehnlichen Gruenden mitziehen und das Volk hat dann aus Treue zum jeweiligen Stammesfuersten auch denselben Glauben angenommen wie dieser. Es war also eine Christianisierung “von oben”. Und auch bei der so gern angefuehrten “freiwilligen” Christianisierung der Islaender gibt es viele gute Argumente dafuer, dass dies eher auf politischen / militaerischen Druck von aussen stattfand und nicht so ganz freiwillig. P.S.: Ich nehme mal an, dass user avkienlin = user A.v.Kienlin , oder :wink: ? Hallo rudiratlos, Du schriebst: “Die spanische Inquisition [unterstand] jeweils nur … direkt dem Papst, was quasi einer Loslösung von der Kirche gleichkam.” Der Papst war doch das Oberhaupt der (katholischen) Kirche, der oberste Glaubenshueter. Bei einer derart streng hierarchisch strukturierten Organisation wie der (katholischen) Kirche kann man doch nicht von Losloesung sprechen, wenn man direkt dem obersten Fuehrer untersteht. Ich glaube kaum, dass Du sagen wolltest, dass der Papst von der Kirche losgeloest war (oder doch?). Fuer mich liest sich Deine Aeusserung so, als wolltest Du die “boese” Inquisition auf der einen und die “gute (weil losgeloeste)” Institution Kirche auf der anderen Seite darstellen. Wenn dies vielleicht keine Verharmlosung der Inquisition sein soll, so verharmlost es doch die Mechanismem, die dazu fuehr(t)en. Viele Gruesse Jens

Lieber Rudi, vielen Dank für die Infos. Da werde ich mal ein wenig nachschlagen. Sehr interessant. Für die zusätzlichen Infos zum Thema “Massaker von Ani” wäre ich dankbar. Vielelicht kann Dir Dein Freund auch die Quelle zum Thema Island nennen, da wir an unserer Uni-bib. recht gut bestückt sind.(Auch wenn die Umschreibung arabischer Namen immer ein Glücksspiel ist) Nur kurz zu Maimonides: Also, was ich meinte war, daß die meisten fatimidischen Kalifen christliche und jüdische Minister hatten und das deshalb ein Maimonides zwar aus Cordoba fliehen mußte, aber in Kairo ein geachtetes Leben führen konnte ohne sich verstellen zu müssen (er mußte eben nur eine Kopfsteuer bezahlen). Diese exponierte Vorrangstellung der gebildeten “Ungläubigen” war zahlreichen Muslimen der damaligen Zeit ein Dorn im Auge. Zum Zusammenleben von Muslimen und Christen/Juden empfehle ich Heinz Halm: Die Kalifen von Kairo. München 2003. Halm ist Professor in Tübingen und eine anerkannte Koryphäe. Salaam Saladin

Hallo Jens, kein Problem, muß Dir nicht leid tun… :wink: Du hast natürlich recht, daß es auch in dieser Zeit bereits “gewaltsame” Christianisierungsversuche gegeben hat, aber die größte Flächenwirkung hatte eben trotzdem die friedliche Verbreitung, die zunächst immerhin mit Blutopfern überzeugter Missionare begonnen hatte. Auch das ‘von oben’ verordnete Übertreten ganzer Stämme würde ich im übrigen bedenkenlos als ‘friedlich’ bezeichnen, Freiwilligkeit im Sinne des Vertretens einer freien Meinung ist ja nun für den einzelnen tatsächlich erst eine Option seit dem Zeitalter der Aufklärung. Daß dabei politisches Kalkül stets eine Rolle spielte ändert daran nichts - selbst das Übertreten Konstantins zum christlichen Glauben war wohl eher politischer Raison denn persönlicher Gläubigkeit zu verdanken. Zu PS: Stimmt, hatte zeitweilig mein Passwort vergessen und daher einen neuen Usernamen kreirt

Hallo Jens, sorry ich habe Dein posting überlesen in Bezug auf die Inquisition. Ich habe nicht gemeint, das eine sei gut und das andere schlecht, sondern auf die unterschiedlichen Ausprägungen hingewiesen. Vielleicht müßte man etwas differenzieren, um klarer zu bekommen, warum die direkte Unterstellung unter den Papst einer quasis Loslösung von Rom gleichkam. Als erstes scheint mir, daß Du Hierarchie fast gleichsetzt mit Zentralisierung. Was wir heute im Verhältnis Rom Ortskirche (die einzelnen Bistümer) sehen ist aber so, wie es jetzt ist, erst ein Produkt des Kirchenkampfes einerseits und den Möglichkeiten der neuen Kommunikationsmittel andererseits. Eine römische Inquisition hatte nicht ganz dieselben Machtbefugnisse, wie es die spanische hatte. Das lag daran, daß es im ausgehenden Mittelalter und der beginnenden Neuzeit der “römischen Zentrale” gelungen war sich fast manövrierunfägig zu machen. Gegen entsprechende Zuwendungen einzelner Klöster, Stifte … oder durch Privilegien für andere Orden entstanden eine unübersichtliche Vielzahl von Inseln innerhalb der einzelnen Bistümer, die von Rom der päpstlichen Herrschaft direkt unterstellt waren; das heißt auf die der Bischof keinen direkten Einfluß mehr hatte. So waren Streitigkeiten oft nur noch über Rom austragbar. Eine Kommission, die also der Bischof einsetzte, hatte also noch lange nichts im benachbarten Stift etwas zu suchen. Was das an Korrespondenz bzw Gesandten erfordert, ist wohl klar. In Spanien war da die Lage ungleich einfacher. Nach der Niederlage von Granada, hatten die Katholischen Könige recht hurtig begonnen das Land zu zentralisieren. Eine nur Rom unterstehende Inquisition bedeutete da auch, daß die Bischöfe (ich meine hiermit immer die Diözesanbischöfe) im Prinzip nicht gefragt werden mußten, wenn die Inquision tätig werden wollte und schon gar nicht die Klöster. Rechenschaft waren sie ja nur Rom schuldig. und “Rom ist weit weg”, wie man damals zu sagen pflegte. Das wir heute Zentralismus mit Hierarchie in der Kirche oft gleichsetzt wird, haben wir übrigens endgültig der französichen Revolution und später Napoleon zu verdanken. Gegen die starken Nationalkirchen Frankreichs und Deutschlands konnten sich die Römer lange nicht wirklich durchsetzen bis halt die Revolution in Frankreich und die Enteignung der Kirche in Deutschland diesen Kirchenstrukturen das Rückgrad brach. Damit wurde ein wichtiges Element weiter zurückgedrängt, was später erst im letzten Jahrhundert wieder von Rom ausgebuddelt wurde - die Subsidiarität: Also jeder macht auf Seiner Ebene, was er kann und schaltet die nächst höhere Ebene erst dann zu, wenn Probleme auftauchen, die auf der eigenen Ebene nicht lösbar sind. Aber natürlich begann dieser Zentralisierungsprozess schon im Gefolge der Reformation und der katholischen Reform nach dem Tridentinum. (Es gab vorher auch Zentralisierungsprozesse, diese hatten aber andere Hintergründe, andere Triebkräfte und andere Resultate.) Vielleicht war das etwas viel rumgeschwafelt, aber ich bin heute nicht topfit.

Hallo Saladin, mein Freund sagte, das Buch (gibt es nur in arabisch) habe er in Rom gelesen. Er werde das nächste mal nachsehen gehen, wenn er dort ist. Zu Island, meinte er, könnte es sein, daß Du auch etwas in der großen 20-bändigen Islamenzyklopädie findest unter diesem Stichwort “Island”. Sie gibt es auf englisch und französisch. Für dieses Werk haben ja Gelehrte aus dem Okzident und Orient zusammengewirkt. Das müßtet ihr wahrscheinlich auf jeden Fall an der Unibibliothek haben. In Bezug auf Ani wird es noch eine Weile dauern. Ich halte es aber in Evidenz.

Hallo! Es war der 4. Kreuzzug, 1204.