Was ist dieses umgearbeitete Axt-Bruchstück?

Jetzt gebe ich auch noch meinen Senf dazu.

Zum vermeintlichen Rest eines Bohrlochs:

Ich nehme an, das vermutete Bohrloch ist senkrecht zur umlaufenden Rinne gedacht. Dagegen sprechen bei näherer Betrachtung aber die Riefen, die auf den Fotos eher schräg abweichend zur Senkrechten verlaufen. Diese Stelle scheint mir auch eher muldenförmig zu sein, was gegen die Reste eines Bohrlochs spricht.

Zudem hat diese Mulde eine Verfärbung, die von der übrigen Patina abweicht. Es sieht so aus, als sei an dieser Stelle kreuz und quer etwas verrieben worden zu sein.

Zur Rinne:

Leider ist die Rinne nicht von allen Seiten dokumentiert. Aber für mich sieht es so aus, als gäbe es einen zweiten Ansatz für eine rinnenartige Vertiefung. Vielleicht sogar der Ansatz für eine spiralförmige Rinne?

Das ist ein spannendes Teil!

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Zuordnung von Kannelurensteinen zur Metallverarbeitung mit auf der Oberfläche gefundenen Metallpartikeln gestützt wurde. Nun, ich mache hobbymäßig Schmuck und behelfe mich dabei häufig genug mit improvisierten „Werkzeugen“. Um einen Armreif in Form zu klopfen, wäre das vielleicht ein brauchbares Utensil. Und eine Vertiefung wie diese „Mulde“ hat meine alte Ringmaschine, um eine Abweichung von der Rundung der Ringschiene (z. B. für Steinfassungen) aufzunehmen.

LG Barbara

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Nachtrag:

Ich erinnere mich gerade an einen Versuch, einen Silberaufhänger an einem durchbohrten Quarz durch Hartlöten permanent zu schließen. Auf dem Quarz gab es mangels entsprechender Paste zum Schutz des Steines schwarze Verfärbungen, die sich mechanisch nicht wieder beseitigen ließen.

Ich arbeite oft nach dem Prinzip „Trial & Error“. Und vielleicht muss man bei einzelnen Relikten unserer frühen Vorfahren auch eben diese Herangehensweise berücksichtigen. Man findet nicht nur Hinterlassenschaften von Meistern ihres Faches!

Vielleicht ist das vorgestellte Fundstück ja unter diesem Blickwinkel zu sehen: Jemand hat Experimente gemacht. Die verschiedenen Bearbeitungsspuren könnten darauf hindeuten.

:slight_smile:

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RandomHH schrieb:

Nachtrag:

Ich erinnere mich gerade an einen Versuch, einen Silberaufhänger an einem durchbohrten Quarz durch Hartlöten permanent zu schließen. Auf dem Quarz gab es mangels entsprechender Paste zum Schutz des Steines schwarze Verfärbungen, die sich mechanisch nicht wieder beseitigen ließen.

Ich arbeite oft nach dem Prinzip „Trial & Error“. Und vielleicht muss man bei einzelnen Relikten unserer frühen Vorfahren auch eben diese Herangehensweise berücksichtigen. Man findet nicht nur Hinterlassenschaften von Meistern ihres Faches!

Vielleicht ist das vorgestellte Fundstück ja unter diesem Blickwinkel zu sehen: Jemand hat Experimente gemacht. Die verschiedenen Bearbeitungsspuren könnten darauf hindeuten.

:slight_smile:

Wobei man selten Nachweise dieser „Trial & Error“-Artefakte findet. Die meisten scheinen schon recht perfekt, zumindest für ihren Gebrauch, zu sein. Was an sich schon erstaunlich ist.
Dennoch verfestigt sich bei mir die Annahme, dass man das Stück als Kannelurenstein bezeichnen kann. An der Stelle des vermeintlichen Bohrlochrestes zeigen aber die Schleifriefen, dass dort noch etwas anderes geschehen ist. Da man aber ohnehin noch über die Nutzung dieses Artefakttyps spekuliert, spricht das ja nicht dagegen. Eventuell wurde an dieser Stelle Bronze geschliffen, was vielleicht neben der Glätte auch die etwas dunklere Färbung erklären könnte?

Guten Abend!

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@ RandomHH

Hallo Barbara,

beide Ideechen von Dir sind gut. Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt, dass er als Hilfswerkzeug für feine Metallarbeiten diente. An einigen wurden Metallspuren gefunden.
Meist liest man ja nur “Bronzezeitlicher Steingegenstand” oder _“Kannelurenstein”. _
Ich würde wie SvenHorn von einem solchen ausgehen, denn nicht alle hatten die Spinnwirtelform, wenn man den Zeichnungen auf manchen Fundberichten glauben darf.
Ich habe hier ein interessantes PDF zum Thema “Kannelurensteine” gefunden. Da werden so ziemlich alle Verwendungszwecke aufgeführt, die Forscher diesen Steinen gegeben haben. (Seite 163 )

PDF > Klick <
Herausfinden wird man es wohl nie ! :sunglasses: Es fehlen mal wieder die aufgeklebten Zertifikate ! :zipper_mouth_face:

Gruß
Kurti

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SvenHorn schrieb:

Wobei man selten Nachweise dieser „Trial & Error“-Artefakte findet. Die meisten scheinen schon recht perfekt, zumindest für ihren Gebrauch, zu sein. Was an sich schon erstaunlich ist.

„Was an sich schon erstaunlich ist.“:

Funde und in Publikationen dokumentierte Funde sind vielleicht zwei unterschiedliche Gruppen? Vielleicht verschwinden diese „Trial & Error“-Artefakte nur in den institutionellen Sammlungen, weil in keine „Schublade“ einzuordnen? Weil sie nicht aus geklärten Fundumständen wie z. B. dokumentierten Siedlungen/Produktionsstätten oder Grabbeigaben stammen?

Das ist ein Thema, das mich schon lange umtreibt: die „Schubladisierung“ von Funden:

Produzierende Menschen sind Individuen, die (besonders in prähistorischer Zeit) auf unterschiedliche Wissensstände im Hinblick auf Techniken, Muster und Ikonokrafien zurückgreifen konnten.

Danke @kurti für Link; ich werde mich später damit beschäftigen. :wink:

LG Barbara

@ RandomHH

Hallo Barbara,

da der Artikel von SvenHorn nach oben als “Akzeptierte Antwort” verschoben wurde, habe ich übersehen, dass er den Link schon angegeben hat ! :zipper_mouth_face:

@ SvenHorn

Hallo SvenHorn,

sorry für diesen Fauxpas ! :angel:

Gruß
Kurti

Moin,

@ RandomHH,

>> die „Schubladisierung“ von Funden << findet nicht überall statt und ist dann kein Problem, wenn man entsprechend offen damit umgeht, wenn man es nicht genau weiß.

Hier ein paar Beispiele von diesen viel diskutierten Kanneluren-Steinen.

Eigene Fotos aus den Museen.

Museum Strausberg in Brandenburg

Museum für Archäologie Schloss Gottorf -Landesmuseen in Schleswig-Holstein

Ich bin da ganz bei SvenHorn, dass sich bei dem vorgestellten Fund um einen Kannelurenstein handelt.

Gruß

Jürgen

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Moin @StoneMan

Die von mir angesprochene “Schubladisierung” betraf auch nur ein ganz allgemein empfundenes Unbehagen bezüglich im Zusammenhang mit Veröffentlichungen erwähnenswerter Nennungen,  Interpretationen und Einodnungen.

Interessant bei bei einigen der von dir gezeigten Beispiele finde ich übrigens die mittige Teilung der umlaufenden Rinne. Welche Bedeutung/Funktion sie wohl gehabt haben mag?

Moin,

alles gut Barbara, ich bin da mit der “Schubladisierung” und dem “Schubladendenken” ganz bei Dir.

Das gab es und gibt es auch heute noch. Die “Ewiggestrigen” sterben nicht aus.

Umso schöner sind ja so Beispiele wie in meinen Bildern und das sind nicht alle die ich habe bzw. gesehen habe.

Eins hätte ich noch.

Archäologisches Landesmuseum Schlewig-Holstein.

Aber noch schöner, ich habe in den letzten Jahren Archäologen kennen gelernt, die schlicht und einfach sagen, “Kann ich nichts zu sagen, weiß ich nicht…”.

Das sind für mich die besten Wissenschaftler, die nicht versuchen alles Unbekannte in die alten Schubladen zu pressen.

In diesem Sinne

Guat goahn

Jürgen

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Hallo in die Runde,

Herr Biermann hält einen Keulenkopf ebenso denkbar wie einen Rillenschlägel. Und zwar in beiden Fällen als Halbfabrikat und zudem ggf. in Umnutzung. Die gepickten Löcher, die in Süddeutschland unüblich sind, könnten Vorbereitungen für die dort übliche Bohrung sein.

Wenn ich mir die Bilder der Kannelurensteine von StoneMan anschaue, halte ich das aber auch weiter für gut möglich. Einziger Haken: Da, wo dieses Teil gefunden wurde (Raum Straubing/Niederbayern) sind sie nicht nachgewiesen - es wäre ein exorbitant südlicher Fundpunkt (abgesehen von den schweizerischen/südwestdeutschen Vorkommen).

Ich hätte zwar gerne eine Schublade gehabt, aber freue mich auch so über ein ungewöhnliches Fundstück :wink:

Danke für die Diskussionsbeiträge! Alex

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