bisher habe ich meine Forschungen zu regionalgeschichtlichen Themen ausschließlich über schriftliche Akten und Urkunden betrieben.
Da die LIDAR-Technik zuletzt immer mehr Fortschritte gemacht hat und viele Daten nun frei verfügbar sind, hat mich aber die Neugier gepackt und ich wollte die eine oder andere Theorie überprüfen.
Angefangen habe ich mit zwei neben einander liegenden Flurstücken.
Auf dem einen sollten sich laut alten Quellen noch um 1800 drei Höfe befunden haben ,auf den anderen fanden sich in den Quellen Hinweise auf eine Motte. Als absoluter Laie erkenne ich auf den Aufnahmen allerdings lediglich ehemals abgetrennte Felder/Äcker und ein paar Wirtschaftswege.
Deswegen würde ich gerne einmal die Meinung von Profis einholen.
Seht Ihr hier vielleicht etwas mit euren geübten Augen ,was mir entgangen ist ?
Besten Dank im voraus und einen schönen Abend allerseits
Grüß dich Oliver,
willkommen im Archäologie online Forum !
Unter einer Motte verstehe ich eine hügelartig in einem Feuchtgebiet angelegte runde Erhebung. Wenn ich die Lage der von dir genannten Motte markieren sollte, würde ich diese oben links in IMG 1875 vornehmen. Die vom linken Bildrand hereinreichenden Gräben würden hinzugehören. Möglicherweise ist dir bei der Auswertung der Flurstücke ein Übertragungsfehler unterlaufen. LG But.
Uwe ,könntest du mir einmal die Stelle markieren ,an dem du die Motto vermuten würdest ?
Mein „heißester Tipp“ war bisher die Runde Senke im linken Bildrand von 1874.
Anbei habe ich mal einen Kartenauschnitt angehangen ,der mit dem möglichen Hof / der Mitte in Verbindung gebracht wird.
Aber so wirklich erkenne ich auch darauf nichts.
Hallo Oliver,
ausgehend nur von deinem Bild würde ich dort keine Motte sehen.
Falls deine schriftliche Quelle über jeden Zweifel erhaben ist, würde ich eine Motte am ehesten auf deinem ersten Bild am Nordrand deiner Einkreisung vermuten
Aber…
die oberflächlichen Veränderungen seit der Erbauung der Motte, spätestens spätes 12. frühes 13. Jahrhundert, können so groß sein, dass nicht mehr viel zu erkennen ist. Auch andere Befestigungstypen, z.B. eine curtis oder ein ‘festes Haus’, wären kaum ohne Bodeneingriff nachweisbar. Die Übergänge waren fließend, die Benennung in den Quellen wechselte.
Wie genau lautet denn der schriftliche Hinweis?
Trotzdem hast du da ein interessantes Projekt, vielleicht bringt dir ein Abgleich mit den ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern weitere Hinweise auf eine entsprechende Nutzung.
recht herzlichen Dank für deine Rückmeldung und deine Mühen !
Tatsächlich sind die Quellen relativ stichhaltig.
Es wird von einem „freien Hof“,einem Adligen Lehen gesprochen ,der sich sehr genau dort lokalisieren lässt. Die Erwähnungen liegen zwischen 1475 und etwa 1800.
In einem Dokument wird auch von einer „Burg“ gesprochen ,die sich außerhalb dessen Dorf befinden soll ,woher die Karten oben stammen.
Im Bereich wurden dann auch diverse Schlacke und andere Baumaterialien gefunden. Angebliche „Wohnpodeste“ konnte ich aber bei meinen Vorort -Besuchen visuell nie ausmachen.
Tatsächlich sind mir dann auch beim Lidar nur wenige Sachen ins Auge gesprungen.
Im 1875 er Bild die runde Einkerbung Richtung Bach und im 1874er Bild ,der Hohlweg,an dem sich etwa in der Mitte links eine kleine Runde Senke befindet.Eventuell die alte Fundamente des Hofes ?
Und dann das ,was du angesprochen hast.
Diese spit zusammenlaufenden Erhebungen.
Vielleicht tatsächlich Erdwälle.
Die alten Karten liegen mir soweit bis 1820 (Kataster) und 1650 ( ungenaue landesbeschreibungen) vor.
Dort ist nichts Aufälliges zu sehen.
Aber wenn es mal so etwas wie eine Motte gab ,dann muss das um 1200/1300 gewesen sein ,damals war der Fluss etwas südlich dieses Gebietes umkämpftes Grenzland ,ehe es vereinigt wurde und es für die „Burg“ keinen Bedarf mehr gab.
Der oben angegangene Kartenauschnitt soll etwas befestigtes zeigen ,ist aber nicht klar einem Ort zuzuordnen.
Hallo Oliver
ich denke, dass die zentrale Funktion einer Befestigung die Verwaltung war plus der Sammlung und Lagerung der Abgaben (Stw. Burgwallverfassung). Die Befestigung musste ausreichen, um einen Kavallerieangriff abzuwehren. Dazu reichten Wall mit Palisade und Graben.
In Brandenburg gibt es einige verm. alte Dörfer, mit umlaufendem Graben, spätestens unter den Askaniern (13. Jh.) durften Dörfer nicht mehr ‘befestigt’ werden.
Ich habe mal die Parzelle eines ‘freien Hofes’ untersucht. Es konnten keine Befestigungen nachgewiesen werden. Allerdings fanden wir einen auffallend großen Feldsteinkeller. Ob da ein turmähnliches Gebäude darüber stand, ähnlich den romanischen Steinwerken, blieb unklar.
Ich kenne ein Beispiel, wo ein slawischer Burgwall durch Feldsteinmauerwerk ertüchtigt wurde und danach entstand auf trocknerem Gelände ein befestigter Hof, in den Quellen ‘curtis’ genannt. Und danach wurde es kompliziert.
Es ist also alles nicht so einfach.
Viel Spaß
Uwe
vielen Dank für diesen spannenden Einblick in Deine eigene Forschung !
Theorie und Praxis sind eben manchmal doch sehr unterschiedlich gelagert …
Ich finde Deine Erfahrung bzgl. des Feldsteinkellers sehr interessant.
Ich hatte vor einiger Zeit Kontakt zu einem Historiker aus NRW , der hatte mir erzählt , dass er im Bereich einer vermuteten Motte Reste eines mit Graben gesichteten Speichergebäude ausgegraben hat. Auch in dem Fall konnte dieses Gebäude nicht sicher im Zusammenhang mit anderen Wehrbauten gebracht werden ,auszuschließen war es aber auch nicht.
Das sind wohl die Graustufen ,die man in jeder Wissenschaft aushalten muss …
In meinem Fall sind die noch vorhandenen Optionen jetzt begrenzt.
Das Interesse von professioneller Stelle an der Thematik ist gering, klare Beweise fehlen.
In dem
Bereich ist exzessiv Landwirtschaft betrieben worden ,Vieles dürfte unwiederbringlich verloren gegangen sein.
Spannend finde ich aber den Ansatz ,die im
Nördlichen Bereich zulaufenden Erhöhungen jetzt in den Fokus zu nehmen.
Diese Karte ist auch der Bereich ,in dem
sich der freie Hof verbürgt befunden hat ,die vermutete Position der Motte im Bach-Bereich
Bereich der anderen Karte basierte lediglich auf Mutmaßungen.
Ich werde die mir vorliegenden historischen Karten nochmals in diesem Bereich absuchen.
Sind dir zufälligerweise bebilderte Beispiele ähnliche Strukturen bekannt ?
das Hauptproblem besteht wohl darin, dass die Quellengrundlage mehr als dürftig ist und deren Interpretation von den zeitgenössischen Gegebenheiten geleitet war.
Als Beispiel möchte ich Görzke anführen, vgl. Wikipedia. Hier wird der Brandenburgische Gesichtspunkt wiedergegeben, inkl. einer spätromanischen Kirche von um oder nach 1250, einer slawischen Befestigung (burgward=Verwaltungsmittelpunkt) unbekannten Alters und Dauer, sowie einem deutlichen ‘Wissen wir nicht’ an allen entscheidenden Stellen.
Da der Ort viel näher an Magdeburg als an Brandenburg liegt und eine alte Passstraße über den Fläming kontrollierte, da Magdeburg ältere Rechte an dem Ort für sich reklamierte und ihn, jeweils zur Stadt aufgestiegen, zweimal zerstörte, ist die frühe Geschichte zumindest umstritten.
Im DGM sieht man den Burgwall, mit nachträglichen Feldsteineinbauten (1), einen sog. Langen Wall, der die Straße sperrte (2)[die westlich anschließende Fläche wurde modern planiert und mit Kleingärten bepflanzt] sowie eine außerhalb des Ortskernes gelegene spätromanische [vor 1200] Kirche (3). Der heute bestehende Ort (4) liegt deutlich südlich davon und ging wohl auf mehrere eigenständige Siedlungskerne zurück, jeweils mit Kirche und Friedhof.
Ein Abgleich mit den Daten aus magdeburgischen Archive fand nie statt, vermutlich sollte die schöne Geschichte von der Eroberung und Befriedung heidnischer, slawischer Gebiete durch die brandenburgischen Markgrafen nicht in Zweifel gezogen werden.
Abgesehen von großflächigen Untersuchungen vor Ort lässt sich die Geschichte wohl nicht mehr zweifelsfrei klären.