Antikes Gräberfeld offenbart Mängel der hessischen Archäologie

Antikes Gräberfeld offenbart Mängel der hessischen Archäologie Geländebegeher entdeckt unbekanntes antikes Gräberfeld in der Wetterau – die Denkmalschutzbehörde reagiert statt mit Freude, mit Anwälten – Funde sind weiterhin der Witterung und den Raubgräbern ausgesetzt. Der Geländebegeher Michel Gehrking aus Seligenstadt entdeckte 2007 bei einer Geländeprospektion in der Wetterau – der genaue Ort wird aus Furcht vor illegalen Raubgräbern geheim gehalten – ein Gräberfeld aus der merowingischen Zeit (um 500 – 600 n. Chr.) Vier Besonderheiten weißt das Gräberfeld auf und dürfte einmalig auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sein: 1. Es scheint nicht „altberaubt“ - zu Beginn der Christianisierung wurden die meisten heidnischen Begräbnisstätten wegen der wertvollen Grabbeigaben geplündert. 2. Offenbar liegen hier Angehörige einer sozialen Oberschicht begraben. 3. Diese Bestattungsform findet sich sonst nur noch in einem äußerst kleinen Raum in der Wetterau und fehlt im Norden Hessens völlig. 4. Das Gräberfeld ist als einziges in Hessen noch komplett erhalten und nicht wie alle anderen durch Bebauung bereits gestört. Gehrking hat die meisten Funde die sich in der „Pflugschicht“ befanden, bereits geborgen. In die vom Pflug noch nicht zerstörten Bereiche der Gräber, die als geschützte Bodendenkmäler gelten, hat er bei der Fundbergung nicht eingegriffen. Ordnungsgemäß hat er die Funde dokumentiert, Fundmeldungen erstellt, die Koordinaten erfasst und alle Funde dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen (LfDH) gemeldet, das in Folge bisher untätig blieb. Doch jetzt entbrennt der Streit um die Grabbeigaben, die Gehrking nicht geborgen hat, weil er sonst die wichtigen archäologischen Funde aus ihrem Kontext gerissen hätte. Das Denkmalschutzgesetz verbietet – zu Recht –eine Fundbergung im ungestörten Boden. Gehrking ist laut Gesetz der Entdecker des Gräberfeldes und hat somit Anspruch auf die Hälfte der Funde. Die andere Hälfte gehört dem Grundstückseigentümer, so besagt es der § 984 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BG:sunglasses:. Man nennt dies die Hadrian’sche Fundteilung, die auf den römischen Kaiser Hadrian zurückgeht. Da der Fundkomplex wegen seiner archäologischen und wissenschaftlichen Bedeutung zusammenbleiben soll – so wollen es sowohl Gehrking als auch das LfDH – müsste das Land Hessen die Hälfte des Fundes ankaufen. In England wäre dies kein Problem, erst Ende 2009 wurden an den Entdecker eines herausragenden archäologischen Fundes sowie an den Grundstückseigentümer zusammen 1,1 Millionen Pfund ausgezahlt. Während man in England für den Fall der Fälle also vorgesorgt hat und das Geld für die Ankäufe durch eine Lotterie, der Heritage Fonds Lottery, aufbringt, lebte man in Hessen unbeschwert „ins Blaue“ und machte sich keine Gedanken woher im Falle X der Geld für den Ankauf kommen sollte. Wohlgemerkt, dass hessische Denkmalschutzgesetz stammt aus dem Jahre 1974, steht somit für 36 Jahre Tatenlosigkeit im Amt. Statt wenigstens jetzt richtig zu reagieren und das nötige Geld zu besorgen flüchtet man sich beim ansonsten untätigen LfDH in eine teuere juristische Auseinandersetzung mit dem Entdecker. Dabei müsste noch nicht einmal der gesamte Fundkomplex aufgekauft werden, weil der Grundstückseigentümer praktischerweise das Land Hessen selbst ist. Sogar einen Präzedenzfall gibt es, den das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Jahre 1998 zu Gunsten des Entdeckers entschieden hat. Trotz eindeutigen OLG-Urteils versucht das LfDH weiter von der eigenen Untätigkeit abzulenken und stürzt sich lieber in ein langwieriges, juristisches Abenteuer mit ungewissen Ausgang und hohen Kosten für den durch die Wirtschaftskrise sowieso schon arg gebeutelten Steuerzahler. Das Gräberfeld bleibt unausgegraben, die wertvollen Funde zerfallen in der Erde. Die Raubgräber werden sich nicht ewig aufhalten lassen. Ein unhaltbarer Zustand. Es wird Zeit, dass die Wissenschaftsministerin für eine schnelle und zielgerichtete Entscheidung sorgt und die Gelder für die Grabung im Haushalt bereit stellt. Geld das sicher gut angelegt ist, denn das Römerschlachtfeld in Kalkriese oder die Himmelsscheibe von Nebra zeigen sehr deutlich welchen Wirtschaftfaktor herausragende archäologische Funde für die unmittelbare Region bedeuten können. Die Funde des Gräberfeldes in einem Museum präsentiert, würden für die Wetterau ein Plus in der Fremdenverkehrswerbung bedeuten. Das Verhalten des LfDH steht im Widerspruch zur groß angelegten Aktion „ArchäologieLandschaft Wetterau“. Das Geld für den Ankauf könnte mit ein bisschen guten Willen sicher auch von der Hessenlotterie und/oder aus den Gewinnen der öffentlich-rechtlichen Sparkassen aufgebracht werden. Seit der Meldung des Fundortes erfuhr Gehrking neben einem anfänglichen Lob das Gegenteil von vertrauensbildenden Maßnahmen durch das LfDH. So kämpft er seitdem auch vergeblich um eine Erweiterung seiner Nachforschungsgenehmigung, die andere Geländebegeher ohne Probleme erhalten haben. Jeder Tag der Verzögerung vergrößert die Gefahr, dass das Gräberfeld von Raubgräbern entdeckt wird, während sich die Denkmalschutzbehörde im juristischen Ränkespiel übt. Das wäre das Ende für die wissenschaftliche Auswertung und das Aus für eine einmalige Chance für die Wetterau. Zur Durchsetzung seiner Rechtsansprüche hat Gehrking nun den auf diesem Gebiet bereits erfahrenen Rechtsanwalt Peter Hofmann von der Rechtsanwaltskanzlei Hofmann – Beck in Schweinfurt eingeschaltet. Hofmann hat bereits die Ansprüche bei einem vergleichbaren Gräberfeld in Zeuzleben bei Werneck in Unterfranken gegen den Freistaat Bayern gerichtlich durchzusetzen gewusst. IG HISTORY e. V.