Archäologie in Deutschland

Wenn man in die Fernsehzeitung schaut (oder auch einmal die Themen dieses Forums durchgeht), so hat man den Eindruck, dass es überall aufregende archäologische Ergebnisse gibt, nur nicht in Deutschland. Über Tutenchamun gibt es im Jahr sicherlich 50 Sendungen und über die Pyramiden mindestens genauso viele. Ansonsten scheint sich der Archäologe nur um Römer, Griechen, Azteken und Inkas zu kümmern. Einmal im Jahr gibt es dann einmal einen heimischen Fund (Ötzi oder die Sternenscheibe), der die Leute aufschreckt und der die Rage aufwirft, ob es tatsächlich vor Karl dem Großen andere Menschen als Halbaffen im Bärenfell im deutschen Raum gab, die anderes im Sinn hatten, als Rom zu plündern. Das ZDFgibt sich viel Mühe Expiditionen in die hintersten Winkel der Welt zu schicken, während in Deutschland die Archäologie an Krücken geht und die Gelder gekürzt werden. Dabei sollten auch wir die heimische Vorgeschichte kennen- und schätzen lernen. Insbesondere die heimische Bronzezeit finde ich besonders aufregend und berichtenswert.

Ich bin Journalistin und Prähistorikerin (arbeite auch in beiden Berufen), sitze also - wie man es sehen mag - auf beiden Seiten des Tisches bzw. zwischen den Stühlen. Ich denke, die Faszination für das Fremde (die man auch für die mitteleuropäische Bronzezeit haben kann) erstreckt sich doch nicht alleine auf die Archäologie. Es gibt ebenso weniger Reportagen über den Timmendorfer Strand als über Bali. Und über Timmendorfer Strand, Schwarzwald und Harz berichten die 3. Fernsehprogramme und öffentlich-rechtliche Radiowellen, zu deren Auftrag das schlichtweg gehört. Wenn wir die dann eben außen vor lassen und uns privates Fernsehen anschauen, sieht man auch in nicht-archäologischen Bereichen ein großes Interesse nach dem Muster “je weiter weg, desto besser”. Abgesehen davon sehe ich in den 3. Programmen regelmäßig archäologische Themen. Wenn das ZDF angeblich so viel Geld für Expeditionen in die verborgensten Winkel der Erde ausgibt, was hat das (strukturell gesehen) mit den Geldern zu tun, die der deutschen Archäologie (nicht) zur Verfügung stehen? Sind doch zwei Paar Schuhe… Ich will weder befürworten noch gutheißen, dass manche Menschn in Mitteleuropa vermutlich mehr über eine neuentdeckte Siedlung der Inka zu lesen/sehen/hören bekommen als über die keltischen Grabhügel bei Hülben. Aber wir sollten uns vor Vereinfachungen hüten und vor Allgemeinplätzen nach dem Muster “Archäologen sind die Guten, die Medien die Bösen”. Diane

Ich bin keineswegs der Meinung, die Archäologen seien die Guten und die Medien die Bösen. Ich studier VFG und möchte vielleicht später auch für die Medien arbeiten. Zudem wollte ich auch keinesfalls sagen, dass es die Schuld der Medien allein sei. Die Archäologen tragen mindestens ebensoviel Mitschuld, da sie in ihrem wissenntschaftlichen Elfenbeinturm sitzen und die Entwicklung verschlafn haben. Wobei wir bei den 2 Schuhen sind. edien und öffentliche Finanzierung haben sehr wohl etwas miteinander zu tun. Gerade eine archäologisch ausgebildete Journalistin sollte das bemerkt haben. Wer nicht in den Medien präsent ist, bekommt keine Fördermittel. Ich habe schon oft genug gesehen, wie bei Grabungen relativ durchschnittliche Ergebnisse zu aufsehenerregenden Sensationen gepuscht haben, um mehr in der Presse zu erscheinen, um wiederum im nächsten Jahr wieder eine Kampagne finanziert zu bekommen. Ich glaube auch nicht, dass die Deutschen sich nicht für die eigen Vorgeschichte interessieren, das zeigt die Keltenmanie und der Run auf Ötzi und die Sternenscheibe. Aber die großen Medien trauen sich nicht recht ran. Dadurch entsteht ein Informationsdefizit. Ich höre oft genug den Satz “da sind wir noch im Fell mit der Keule rumgelaufen”. Wenn ich dann die Goldhüte der Bronzezeit zeige oder Prunkbeile des Jungneolithikums, die Grabbeigabe vom Glauberg, etc., werden die Leute sehr still und geben zu, dass sie davon noch nie was gehört haben. Ich finde das sehr bezeichnend.

Schön, dann sind wir uns ja in vielem einig. Mir ist wohl klar, dass Medien und Finanzierung miteinander verknüpft sind. Hier klang es für mich aber so, als sei die Finanzierung eines Sibirien-Expedition durch das ZDF direkt daran schuld, dass in Deutschland ein Grabhügel weniger ausgegraben wird. Deswegen meine Klammer bzgl. des strukturellen. Da bin ich anderer Meinung, da sehe ich den Zusammenhang nicht so direkt, und man darf dem ZDF keinen Vorwurf für die Verwendung seiner Gelder machen (zumindest hier nicht). DASS ein Zusammenhang zwischen öffentlicher Aufmerksamkeit und Geld besteht, ist klar. Gestatte eine persönliche Geschichte. Ich war vor neun Jahren studentische Grabungsleitung bei einer Michelsberger Fundstelle in Nordrhein-Westfalen. Wir gruben eine Oberfläche aus, und ehrlich gesagt war das, was wir fanden, so neu, so unbekannt, dass ich mich zum damaligen Zeitpunkt nicht festlegen lassen wollte, was wir denn nun entdeckt hätten (v. a. war nur ein kleiner Teil ausgegraben, der Rest lag unberührt). Die Archäologen des Amtes für Denkmalpflege kamen regelmäßig und befragten uns, was wir denn nun genau entdeckt hätten. Ihrerseits tauchte rasch der allseits beliebte Begriff “Kultstätte” auf, den wir mehr als inhaltsleer fanden. Wir hatten den Eindruck, schnell einen Begriff, ein Schlagwort finden und dann den Fund daran anpassen, wäre das, was wir tun sollten. Aus Respekt vor dem Entdeckten, dem wir gerecht werden wollten (so das möglich ist), wollten wir das nicht. Damals kam dann ein Fernsehteam der damals ausgestrahlten Wissenschaftssendung “Sonde” auf das Terrain. Sie interviewten uns, und der Beitrag ist an die sechs Minuten lang. Sie respektierten unsere Haltung völlig. Sie bestanden keinesfalls auf einem “reißerischen” Titel. Sie wollten nichts großartiger machen, als es war. Du musst wissen, dass für einen Laien die Fundstelle aussah wie eine Müllhalde, also auch keine grandiosen Bilder vor Sonnenuntergang. Ja, sie sprachen im letzten Satz von einem “grünen Diamanten” (Indy Jones, aber das wirste Du wissen), aber das Bild dazu war meine Hand, die eine Rinder(?)knochen freilegte. Dahinter, hinter diesem äußerlich Unscheinbaren, verberge sich vielleicht ein grüner Diamant für die Wissenschaft. Diesen Satz fand und finde ich völlig okay. Damals hab ich recht viele Vorurteile über Bord geworfen. Wer sind die, die es einfach und schlagzeilentauglich wollen? Wer sind die, die vorsichtig an eine Sache herangehen?? Ein Einzelfall?? Ich glaube nicht, auch wenn es sicher einige Gegenbeispiele gibt. ZDF ist nicht gleich RTL II. Heute arbeite ich in dem Rundfunkunternehmen, aus dem damals das Fernsehteam kam, aber das ist reiner Zufall. Wenn ich Pressemeldungen lese, finde ich wenige aus der Archäologie. Sind doch welche dort, ist in vielen Fachterminologie zu finden. Damit kann kein Journalist seinen Redakteur überzeugen, eine Geschichte draus zu machen. Außer, er recherchiert selbst und findet raus, dass hinter der Fachterminologie etwas Spannendes steckt. Ich habe in meiner Redaktion (ich arbeite für Online) schon einige archäologische Themen geschrieben und kann nicht sagen, dass das bei meinen Kollegen auf Ablehnung gestoßen wäre. Diane

Ich denke, dass die deutsche Misere auch und vor allem daher rührt, dass sich die Archäologen fast ausschließlich auf Gelder aus den öffentlichen Töpfen verlassen haben. Es wurde immer gern gejammert, dass die Fördermittel zu knapp seien, aber jetzt wo offenbar die Finanzierung teilweise auf Null heruntergeschraubt wird, merken viele immer noch nicht, dass die deutsche Archäologie auf dem falschen Weg ist. Meiner Meinung nach werden viele Themen viel zu fachspezifisch und langweilig aufgearbeitet. Interessante Bücher kommen oft von Laien (was sie nicht unbedingt schlechter macht). Wie gesagt, glaube ich dass wir aus dem Elfenbeinturm müssen und von uns aus öffnen. Vor allem eben über die Medien. Wenn im ZDF Sonntags zur besten Sendezeit Dokus über das Neolithikum in Deutschland oder die Einwanderung der Bandkeramiker laufen, dann denke ich, wäre es auch ein großer Gewinn für die deutsche Archäologie.

Ich denke vor allem, dass die archäologische Fachwelt schlichtweg auch die Pflicht hat, die breite Öffentlichkeit in adäquater Weis zu informieren. Wo das Geld des Bürgers ausgegeben wird, muss ihm auch Rechenschaft darüber gegeben werden, was damit geschehen ist. Ich finde es unglaublich arrogant und selbstgefällig, das nur über fachspezifische Terminologie und Publikationen zu tun und dem Normalbürger zuzumuten, sich entweder darin einzuarbeiten oder es eben bleiben zu lassen. Ansonsten: absolut Deiner Meinung. Diane

Hallo, ich stimme euch beiden auch generell zu, nur muss man auch zur Vorsicht mahnen. Die Situation in Grossbritannien, wo ich studiert und auch gearbeitet habe, ist sozusagen genau das was man sich wuenscht. Die archaeologische Arbeit ist im Prinzip privatisiert mit grossen Grabungsfirmen die 99% des Ausgrabungsmarktes beherrschen. Zudem vergeht kaum eine Woche in der es im Fernsehen oder in den Zeitungen keinen Bericht ueber Archaeologie gibt und die Oeffentlichkeit ist sich wohl sehr ueber die archaeologische Vergangenheit bewusst. Die Kehrseite der Medaille: Anstatt die Arbeitsmarktsituation von Archaeologen zu verbessern ueberleben viele Leute dennoch auf geringem Lohn und die Zustaende auf den Ausgrabungen sind oft alles andere als rosig. Schaut nur mal bei dem Forum auf www.bajr.co.uk vorbei, dann wisst ihr was ich meine. Da haben Leute studiert und jahrelange Ausgrabungserfahrung, sind aber immer noch auf 3 Monatsvertraegen und koennen mit einem Fingerschnippen gefeuert werden. In Sachen Medien gibts wirklich staendig Berichte, inklusive dem Time-Team, wo eine Gruppe ‘professioneller’ Archaeologen 3 Tage hat eine Fundstelle teilweise auszugraben und zu erforschen. Am Ende werden weitreichende Schlussfolgerungen von 3 2x4 Meter Schnitten gezogen…und soetwas wie Fundbearbeitung oder gar Veroeffentlichung findet nicht statt. Auch andere, mehr dokumentativ gehaltene Berichte sind kaum besser. Die reichen zwar ueber “Schatzjaeger in Deutschland” - Niveau heraus, aber dennoch sind sie alle Sensationssuechtig! Da werden teilweise Schlussfolgerungen gezogen dass sich einem die Haare straeuben. Also, ich stimm’ euch zu, aber hoffentlich wirds auch nicht so wie ‘auf der Insel’… Toby

Dafür sieht aber - soweit ich weiß - die Lage der öffentlichen Museen in England ziemlich bescheiden aus, oder?

In Deutschland sieht die Sache auch nicht so viel anders aus. Notgrabungen, die keine 10 m² umfassen und in 2 Tagen abgeschlossen sein müssen. Ganze Lager voller Funde, über die keiner einen Katalog verfassen will und nächstes Jahr in einigen Bundesländern angeblich keine öffentlich finanzierte Grabung mehr. Mein ehemaliger Dozent sitzt mit Frau (auch Archäologin) und 2 Kindern auf der Strasse, sein Arbeitslosengeld läuft diesen Monat aus. Und das nach jahrelanger Institutsleitung in Stellvetretung.

Darf ich vorschlagen, dass wir beim ursprünglichen Thema bleiben und nicht allzusehr abschweifen. Wir hatten darüber gesprochen, ob in den Medien die Archäologie in Deutschland unterrepräsentiert, dafür aber Berichte aus anderen Ländern - vor allem “sensationelle” Themen - überrepräsentiert seien. Woran das liegen könnte, welche Auswirkungen es hat, was man dagegen tun kann… Diane

Ich kann nicht wirklich sagen, was die Medien tun können, fände es aber schön, einheimische Themen zu guter Sendezeit zu präsentieren. Ich glaube das Interesse beim Konsumenten ist vorhanden. Insbesondere sollte auch klar gemacht werden, dass hier keine fertigen Ergebnisse präsentiert werden, sondern dass die Ur- und Frühgeschichte wohl erst am Anfang steht und einige aufsehenerregende Ergebnisse noch zu erwarten sind. Eben Neugier wecken und Interesse an der eigenen Geschichte, die unenteckt vor der Haustür liegt (das soll aber keine Werbung für Raubgrabungen werden). Die Archäologen sollten sich der Öffentlichkeit öffnen, neben Fundberichten in Fachzeitschriften und fachspezifische Kataloge sollten auch Werke für die Allgemeinheit verfasst werden, am Bsten in Gemeinschaftsarbeit mit Journalisten. Ausstellungskonzepte sollten überdacht werden und die experimentelle Archäologie sollte gerade im Bereich Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden. Die Menschen möchten etwas anfassen und vielleicht mit nach Hause nehmen können. Viele Archäologen (insbesondere an Universitäten) sehen in Journalisten nur Störenfriede und sind froh, wenn sie wieder verschwinden. Die Wissenschaft darf aber nie vergessen, dass sie nicht nur dem Selbstzweck dienen sollte.

Einige Gedanken: Schauen wir uns an, wodurch Archäologie im TV Quoten bringt -Sensation, Exotik, Kriminalistik, Schätze , Gewalt, Gold, Kult , Computeranimationen … - müssen wir ja wohl eine ziemliche Kluft zum archäologischen Alltag nicht nur in Deutschland sehen. Dass dieser spannenden Themen und Fragen nachgeht, lässt sich nicht so einfach vermitteln und erfordert , vermute ich, eine ganz andere Herangehensweise für einen TV oder Radiobeitrag. An dieser Stelle möchte ich vorschlagen, dass wir statt abstrakt über die Gestaltung eines solchen Beitrags zu diskutieren, dies anhand von Sendungen tun, die wir alle kennen; vielleicht krsitallisieren sich dann Kriterien und Ideen zu guten Sendungen raus. Als positives Beispiel dafür, wie ich mir eine spannende Sendung zu einem Themengebiet vorstellen würde, nenne ich Quarks&Co. Ein prähistorisches Thema wird von allen möglichen Seiten ausgeleuchtet - hier kommt die Interdisziplinarität der Wissenschaft zum Tragen. Eine geschickte Moderation wift Fragen auf, zeigt wie die Beantwortung einer Frage zu neuen Fragen führt und zieht die Verbindunglinie zwischen den einzelnen Beiträgen. Im Kleinen spiegelt ein solches Format die Vorgehensweise in der modernen Archäologie wider. Hier wird Spannung erzeugt und gehalten, auch ohne Sensationen. Im Prinzip nach demselben Muster werden gute populärwissenschaftliche Bücher geschrieben. Hier wird keine fertige Geschichte geschrieben, sondern Wissenschaft wie sie forscht, ausgräbt und streitet. Stellvertretend für die wenigen deutschsprachigen populärwissenschaftlichen AutorInnen möchte ich hier Kuckenburg nennen. Gibt es noch andere deutschsprachige Ur- und Frühgeschichtler, die sich in die Niederungen der Populärwissenschft begeben ? Im übrigen gibt es ja noch die Zeitschrift Archäologie In Deutschland. Ich freue mich jedes mal auf dieses Paper und tue mich fast jedes Mal schwer mit der drögen Schreibe der Artikel. Hier bemühen sich die Archäologen etwas verständlich rüber zu bringen und das können halt nicht alle. Ich sehe da durchaus eine wichtige Rolle für fachkundige Journalistinnen als Mittlerinnen von Archäologie zur Öffentlichkeit. Gibt es eigentlich bereits einen Journalisten-Preis für die besten archäologischen Veröffentlichungen in den Bereichen TV/Radio,Print, Buch ? Sollten wir bei der Diskussion evtl. zwischen klassischer Archäologie und Prähistorie unterscheiden ? Ich meine ja, da erstere in den Medien und in den Köpfen der Menschen einen anderen Stellenwert einnimmt als die Ur- und Frühgeschichte. Gruß. Arne

Schöne Beiträge von Euch, finde ich. Damit es konkret wird, ein Detail aus meinem Arbeitsalltag: Ich beziehe viele Infos für meine Themen (ich schreibe für SWR.de) vom Informationsdienst Wissenschaft (http://idw-online.de). Da sind leider recht wenige archäologische Themen enthalten. Einmal fand ich eine Pressemeldung eines ehemaligen Kommilitonen von mir und konnte dann einen recht großen Beitrag über seine Arbeit machen. Er (Rainer Schreg) gräbt die älteste spanische Siedlung am Pazifik aus (jaja, nicht in Deutschland). Ich habe tatsächlich von Gold und Piraten gesprochen, aber ich finde, es ist wirklich nicht platt geworden. Man kann Dinge spannend und doch zutreffend rüberbringen. Wer hindert Archäologen daran, ihre Arbeit über solche Pressedienste publik zu machen? Wichtig ist dabei: - das Forschungsergebnis auf den Punkt bringen. Es ist schön, was in Fläche 32, Planum 3 herauskam, aber erstens weiß kein Nicht-Archäologe, was das ist, und zweitens ist es für den Anfang zu detailliert. Keine Fachsprache also. - Ansprechpartner nennen und dann auch erreichbar sein. - Falls Bilder vorhanden sind, das angeben und sich darauf einstellen, dass die in hoher Auflösung per Mail verschickt werden müssen. - Sich auf kurze Reaktionszeiten einstellen. Abhängig von Medium und Nachricht steht unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung. Wenn ich als Journalistin um eine Info nachfrage und bekomme erst nach vier Tagen Antwort, kann das einfach zu spät sein. Ihr könnt Euch ja mal einige der Nachrichten dort anschauen und Euch ein Bild davon machen, wovon ich spreche. Diane PS: Wen es interessiert und wer mich konstruktiv kritisieren mag - der Beitrag über die Ausgrabung in Panama: http://www.swr.de/thema/archiv/030523_panama/index.html

Sehr interessant. Der Artikel gefällt mir und genau so eine Zusammenarbeit zwischen Archäologie und Medien ist sehr förderlich. Nebenbei bemerkt: Ich suche seit Ewigkeiten einen Praktikumsplatz auf einer Grabung in Lateinamerika . Ich spreche Spanisch und möchte es auch einmal anwenden. Läßt sich da was über Herrn Schreg organisieren?

Danke für das Kompliment zum Artikel. Mir ging es da aber nicht um Eigenlob, sondern eben darum zu zeigen, dass man eben auch von Gold und Piraten sprechen kann, und es doch nicht trivial wird. Ich denke, es steht eine Menge drin über so spezielles Themen wie materielle Kultur und Identität. Rainer Schreg ist an der Tübinger Universität. Die Anschrift wirst Du leicht finden, und dann frage ihn einfach. Diane

Ich möchte mich auch in die Diskussion einschalten. Einerseits bin ich eurerer Meinung, aber andererseits denke ich, dass die Archäologen in Deutschland teilweise gar nicht so interessiert sind, dass ihre bedeutenden Funde in den Medien erscheinen. Wenn dann nur in der lokalen Presse. Aus meinem Erfahrungsbereich habe ich schon erlebt das einige bedeutende Funde die in der Presse erschienen später ein gefundenes Fressen für Raubgräber wurden. So gibt es zum Beispiel Hobbyarchaelogen, die darf extra schauen, dass so gut, wie niemand von der Presse von ihren Funden weiß, damit nicht am nächsten Tag Raubgräber kommen. Ich glaube auch dieser Aspekt muß berücksichtigt werden. Gruß Celestina

Hallo Celestina, wir haben bereits davon gesprochen, dass viele in ihrem wissenschaftlichen Elfenbeinturm sitzen und da auch nicht heraus wollen. Das sehe ich genauso wie Du. Was aktuelle Grabungen anbelangt, sprichst Du tatsächlich ein Problem an. Aber ich denke, es bleiben genügend Möglichkeiten, entweder zu vereinbaren, dass die Fundstelle nicht genau genannt wird (das hat ein Fernsehteam einmal bei einer Ausgrabung von mir gemacht) oder das Material erst nach Abschluss (wenn wirklich alles ausgegraben ist) zu zeigen. Oder man macht es gleich unabhängig von einer Ausgrabung. Diane

Vielen Dank erstmal an alle fuer diese gut gefuehrte Diskussion (findet man leider selbst auf diesem Board selten). Ich hoffe, dass sie auch fruchtbar sein wird. Mein Beitrag zu diesem Thema ist nur folgender: Ich bin weder Journalist noch Archaeologe. Ich betrachte mich als “Kunde” beider Gruppen (Leser/Zuschauer fuer die einen - Geldgeber/Steuerzahler fuer die anderen). Als solcher kann ich nicht nur fuer mich sondern auch fuer viele Freunde und Kollegen behaupten, dass ein Interesse fuer Ur- und Fruehgeschichte in Mitteleuropa vorhanden ist. Dies wird tatsaechlich durch die Medien und/oder Archaeologen nicht ausreichend beruecksichtigt. Neben diesem zu befriedigenden Interesse gibt es m.E. auch noch das allg. Problem der Unwissenheit vieler Mitmenschen ueber diese Epoche in Mitteleuropa. Letzteres ist natuerlich auch ein (bildungs-) politisches Problem. Abschliessend noch eine Frage: Wieseo habe ich den Eindruck, dass der Fund des “Oetzis” sehr gut ausgeschlachtet/vermarktet wurde und wird und der Fund der “Himmelsscheibe von Nebra” nicht? (Kommt das noch? Sind uns die Oesterreicher/Italiener hier voraus?) MfG Jens

Also ich kann sagen, dass da auch das Schneeballsystem greift: Berichtet erst der eine drüber, schließen sich leicht andere an. Das betrifft natürlich nicht nur die Archäologie. Auch bei uns heißt es manchmal: alle haben das Thema, also müssen wir auch was machen. Ich sprach einmal über die Plünderungen im Irak mit Michael Müller-Karpe am RGZM und veröffentlichte das Interview bei SWR.de. Weil er was bislang Neues sagte, hat mein Haus, der Südwestrundfunk, eine Pressemeldung daraus gemacht. Die hat wiederum “Spiegel” gesehen und mit Müller-Karpe ein zweites Interview geführt. Das oben erwähnte Thema über die Ausgrabung in Mittelamerika durch meinen ehem. Kommilitonen war eine Pressemeldung (die auf sein Engagement bzw. das der Uni zurückging). Ich konnte darüber berichten, weil die Tübinger Uni in unserem Sendegebiet liegt (wäre es die Uni Frankfurt gewesen, hätte vielleicht der HR berichtet). Oft steckt auch Zufall dahinter: Wenn ich diese Woche über etwas Archäologisches berichte, kann ich das kaum eine Woche später schon wieder tun. Oder ich habe einen Chef, den es interessiert oder nicht. Ein weiterer Zufall ist, ob es einen Redakteur, einen Journalisten gibt, der sich mit dem Thema befassen will. Manchmal ist ein Praktikant da, der hilft - all das kann die Themenauswahl beeinflussen. Nicht zu vergessen das Sommerloch, wenn Themen dünn gesät sind. Archäologen selbst können ihre Ergebnisse einfach so weit streuen wie möglich (siehe z. B. Idw-Online; persönliche Kontakte zu Journalisten aufbauen!) und sich auf das einstellen, was ich oben skizziert habe. Während der Ausgrabung/Forschungsreise etc. ist es auch immer sinnvoll, noch ein paar Fotos der Landschaft, der Stadt, des Teams etc. extra zu machen. Wer nur Fotos der Profile und Plana hat, kann bei wissenschaftlichen oder semi-wissenschaftlichen Publikationen damit Erfolg haben. Ich muss für Menschen schreiben, die sich mit Archäologie nicht auskennen und KANN deswegen nicht nur die rein sachlichen Grabungsfotos zeigen. Gerade bei dem Panama-Thema war es so, dass mich meine Kollegen (denen ich das Thema vorschlage, dann wird darüber diskutiert und entschieden, ob wir es machen oder nicht) explizit gefragt haben, ob es interessante Bilder gibt. Hätte Rainer Schreg die nicht gehabt, hätten wir nicht berichtet So läuft es oft, was nicht heißen soll, dass man es mit einem mittelalterlichen Brennofen im Schönbuch bis zur Tagesschau bringt. Diane

Das leidliche Thema der Quoten und des Absatzes von Informationen. Menschen wie Diane Scherzler spüren besonders den Druck der Vermarktung von Informationen. Ich vergleiche das immer gerne mit dem Bildzeitungsprinzip. Wenn man sich mal den Spaß macht und sich Sonntag’s früh zum Bäcker bewegt, kann man den typischen Bildzeitungskäufer beobachten. Dieser stellt aber den höchsten Teil der Informationssuchenden dar. Medien sind ein Unternehmen, das von Umsatz(somit Absatz) lebt und sich, um diesen zu gewährleisten an der Masse der Konsumenten orientiert. Die Redaktion begibt sich auf Grund der Nachfrage des “Marktes” immer auf die sichere Seite. Somit werden Berichte von Katastrophen so lange ausgeschlachtet wie die Quoten stimmen (bis einen schon zum Teil “schlecht” wird). Dafür müssen dann die Wissenschaften zurück stecken. Somit liegt es ja an den Endverbraucher, was eine Redaktion an journalistischer Arbeit veröffentlicht. Ist mit Informationen aus der Wissenschaft kein Geld zu verdienen, dann wird auch nicht darüber berichtet. Da spielt es keine Rolle wie gut die Journalistin oder der Journalist gearbeitet haben. Es ist aber eine sehr positive Wende zu beobachten. Betrachtet man z.B. das Programm des Fernsehens in den letzten zehn Jahren, wurden in letzter Zeit immer mehr Sendungen über Wissenschaften ins leben gerufen. Sicherlich haben Ereignisse wie der Fund von Oetzi oder Filme über Dinos u.ä. dazu beigetragen. Solche Ereignisse ändern das Informationsbedürfnis der “Masse” und somit reagieren die Medien darauf. Wenn sich also 80% der Deutschen Bevölkerung auf einen Schlag nur noch für Archäologie interessieren, dann werden Sendungen und Berichte wie Pilze aus den Boden schießen. Somit bin ich der Auffassung, das es noch etwas Zeit benötigt bis man sich auch mit der “Archäologie in Deutschland” intensiver befasst. Wenn aber jetzt die Hobby Archäologen und die Interessierten die Flinte ins Korn werfen, wird sich die Nachfrage an Informationen aus dieser Richtung nicht weiter ändern. Somit liegt es auch an euch, ob ihr es schafft, Archäologie einer noch größeren Masse schmackhaft zu machen. Ich denke mal, das ihr da auf solche Menschen zählen könnt, wie Diane.