Augustus von Prima Porta

Hallo. Ich bin gerade daran einen ausführlichen Vortrag über die Statue " Augustus von Prima Porta" vorzubereiten. Das einzige was mir noch fehlt, sind die verschiedenen Deutungen die es zu ihm gibt. Hat jemand gute links oder einfach nur Informationen dazu? Was ich bisher finden konnte war alles nur halb und ich hätte doch gern etwas handfesteres. Vor allem die nackten Füße beschäftigen mich sehr. Was drücken sie aus? Sind sie ein Ausdruck von Göttlichkeit oder doch eher ein Zeichen dafür, dass er dem Volk nahe steht??? Ich bin für jede Hilfe dankbar!!! Liebe Grüße Annine

Hallo Annine, ich lese gerade Deinen brennenden Aufruf. Falls es noch nicht zu spät ist und Du noch 11,99 Euro erübrigen kannst (es ist ja immerhin schon Monatsmitte), dann habe ich hier einen handfesten passenden Download: Augustus von Prima Porta Download für 11,99 EU von Joachim von Meien http://www.grin.com/de/preview/52425.html Ich finde allerdings, daß die Beschreibungen im Netz vollkommen ausreichen. Es besteht eigentlich kein Zweifel daran, daß, nach griechischem Vorbild, die nackten Füße die Vergöttlichung des Augustus versinnbildlichen. Besonders im Zusammenhang mit dem Amor der auf einem Delphin reitet und die göttliche Abstammung der Julier von der Venus bekundet. ( der Venustyp Medici wird ebenfalls mit diesem Symbol dargestellt) [inline “Venus Medici Kopie.jpg”] [inline “Marmor Berlin Kopie.jpg”] [inline “Augustus Cäsarea afrik.jpg”] Volksverbundenheit drücken sie mit Sicherheit nicht aus, denn das wäre erstens in seiner Selbstdarstellung und der von ihm unterhaltenen Propaganda nicht unerwähnt geblieben. Diese Symbolhaftigkeit hätte ja auch nur beim lebenden Augustus einen Sinn gemacht, um dem Volk seine Solidarität zu bekunden. Es müßten dann auch mehrere Skulpturen geben die dies bekundeten. Außerdem hätten Ovid, Livius und besonders Vergil und Sueton etwas darüber geschrieben.Es paßt auch nicht zur Religionsauffasung der Römer. Dieser Gedanke ist eher im späteren Christentum angesiedelt. Die oft nackt dargestellten Füße von Jesus und den Aposteln werden als Selbsterniedrigung und Solidarität mit den Armen gedeutet. Schon allein, daß nackte Füße auch in Rom als Symbol für Armut galten, die ja auch vorhanden war, schließt aus, daß im Goldenen Zeitalter des Augustus der Kaiser dieses Symbol als Volksverbundenheit aufnahm. Im Gegenteil, er rühmte sich in seinem Tatenbericht damit, daß er mehrmals Geld aus seinem Privatvermögen für sein Volk hergab. Laut Sueton (91,2) soll er sogar nach einer Traumeingebung als Bettler verkleidet Almosen gesammelt haben. Auf seinem Sterbebett soll er geäußert haben, daß die Schauspielerei nun ein Ende hat und er um einen letzten Applaus bittet. Die einzigste Streitfrage die ich kenne dreht sich darum, ob August auf der ursprüngliche Bronzestatue ebenfalls nackte Füße hatte. Nach seinen eigenen Bekundungen und der Geflogenheit in der römischen Kaiserzeit, daß die Kaiser mit ihrer göttlichen Abstammung erst nach dem Tod zum Gott wurden, müßte er auf dieser Statue (wie auf vergleichbaren z.Bsp.am Theater) Sandalen bzw. Stiefel getragen haben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Augustus es gewagt hätte, sich schon zu Lebzeiten als Gott darstellen zu lassen. Selbst Caligula und Nero haben dies nicht gewagt. Caligula hat dies zwar gefordert, aber es wurde ihm vom Senat verwert. Das bedeutet aber auch, daß die Prima Porta erst nach seinem Tod gefertigt bzw. aufgestellt wurde. In diesem Punkt kann man aber nur Annahmen, gestützt auf den geschichtlichen Hintergrund, äußern. Was die Darstellung auf dem Panzer anbelangt, so kenne ich hier auch keine gravierenden Meinungsunterschiede. Es dürfte bei den Hauptfiguren klar sein, wer abgebildet ist, und ansonsten ist der Gesamtsinn klar als das neue Goldene Zeitalter unter der Pax Augusta zu erkennen. Wichtig für den Beschauer oder auch Beschreiber dieser Statue sind Kenntnisse über Augustus und seine Zeit. Bei Cass.Dio (51.20.6-8) Neben der Erledigung der sonstigen Aufgaben her gab Caesar ( Anm.Kurti:Augustus) damals die Erlaubnis zur Weihung heiliger Bezirke für die Roma und seinen Vater Caesar, den er selbst Heros Iulius nannte, und zwar in Ephesos und Nikaia […]. (7) Er befahl den dort wohnenden Römern, die beiden Gottheiten zu verehren, während er den Nichtrömern, von ihm Hellenen genannt, gestattete, ihm selbst heilige Bezirke zu widmen […]. Und diese Sitte, die unter seiner Herrschaft ihren Anfang nahm, setzte sich unter anderen Kaisern nicht nur bei den hellenischen, sondern auch bei all den anderen Völkerschaften fort, soweit sie den Römern untertan sind. (8) Denn weder in der Hauptstadt selbst noch im übrigen Italien hat je ein Kaiser, mochte er auch noch so hohe Anerkennung verdienen, einen derartigen Schritt gewagt; nach ihrem Heimgang freilich werden auch dortzulande Kaisern, die gerecht regiert haben, neben anderen göttlichen Ehrungen her tatsächlich auch Tempel erbaut. Ende Verg. Aen. 6. 785 Phrygiens zinnengekrönt Berekyntos’ Mutter dahinzieht, Stolz auf der Götter Geburt, es umarmen sie hundert der Enkel, Alle von himmlischem Blut, der aitherischen Höhen Bewohner. Und nun wende den Blick hierher, sieh dieses Geschlecht an, Sieh, dein römisches Volk; sieh Caesar hier und Julus’ Sämtlichen Stamm, der einst zu des Himmels erhabenem Pol steigt. Dies hier, dies ist der Mann, den oft du dir hörtest verheißen, Caesar Augustus, des Göttlichen Sohn, der die goldenen Zeiten Wieder nach Latium bringt, zu der Flur, die früher Saturnus’ Zepter beherrscht, der das Reich ausdehnt bis über der Inder … Hier einige Links dazu: Aeneis Übersetzung deutsch: http://www.gottwein.de/Lat/verg/VergAen001.php Die ‘Res gestae divi Augusti’ Übersetzung deutsch: http://www2.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Auditorium/BeGriRoe/SO7/AugustRG.htm Sueton über Augustus Übersetzung deutsch: http://www2.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Auditorium/BeGriRoe/SO7/SuetAug.htm Augustus http://de.wikipedia.org/wiki/Augustus#Herkunft_und_Jugend Augustus u.seine Zeit http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e_/schule/ue/05/04/index_html Augustus von Prima Porta http://de.wikipedia.org/wiki/Augustus_von_Primaporta Bedeutung http://viamus.uni-goettingen.de/mmdb/Institut/smallView?Abguss.Inventarnummer:record=A+484 Panzerrelief http://www.mbradtke.de/augustus/augustus01.htm Skulpturhalle Basel http://www.skulpturhalle.ch/sammlung/highlights/2004/07/primaporta.html Nacktheit von Grabstatuen http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e/uni/b/11/02 Theomorphe Porträts Götteratribute http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e/uni/b/10 http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e/uni/d/01/03 Antike Porträts http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e_/uni/a/index_html Totenmalrelief http://freenet-homepage.de/albionworld/referate/totenr1.html Ich hoffe, daß ich Dir wenigsten ein bißchen weiterhelfen konnte. Ansonsten habe ich als Nebeneffekt eben mein Wissen wieder etwas aufgefrischt. Grüße Kurti attachment_588.jpg attachment_589.jpg attachment_590.jpg attachment_591.jpg

Hallo Kurti. Wooh, deine Antwort haut mich ja vom Hocker;-) Hatte nicht damit gerechnet, eine so umfassende Antwort zu bekommen. DANKESCHÖÖÖN!!!

Hallo Annine, in der Eile habe ich vergessen zu erläutern warum ich Dir die Links über die nackten Grabskulpturen genannt habe. Wenn man mit dem attischen Kuros anfängt ( später auch als Jüngling in klassischer Form ), der als Grabstatue verwendet wurde, kann man konstatieren, daß auch nicht göttliche nach Ihrem Tod durch einen nackten, vollkommenen und jungen Körper dargestellt wurden. Es sollte m.E. den transcendenten Zustand im Jenseits darstellen, da man ja sonst keine Vorstellung vom Aussehen eines im Jenseits lebenden hatte. Der Kuros wurde mit dem Namen des Verstorbenen versehen ( die Plastiken sahen ja aus wie vom Fließband made in China ) und die Frühgeschichtler nennen diese Skulpturen deshalb ja auch Namensporträt. Jemand nach dem Tod nackt darstellen heißt also noch nicht, daß er vergöttlicht ist. Da die anthropomorphe Darstellung der Götter von der gleichen Überlegung ausging, wurden männliche Gottheiten ebenfalls durch einen idealen, reinen und nackten Körper dargestellt. Das gleiche galt für die Heroen. Die Olympischen Kämpfer, deren Vorläufer ja die Ritualkämpfer waren, wurden ebenfalls nackt dargestellt. Bei Kämpfen, die zur Freude der Götter aufgeführt wurden, konnte man ja nur den nackten, wohlgeformten Körper präsentieren, den sie geschaffen hatten. Die weiblichen Gottheiten waren dagegen bekleidet wie auch das Gegenstück des Kuros, die Kore. Die Vorherrschaft des Mannes (Ha,ha,ha) :stuck_out_tongue_winking_eye: machte auch vor den Göttinnen nicht halt. Erst im 4.Jahrhundert schaffte die Venus des Praxiteles den Durchbruch. Dagegen gibt es in archaischer Zeit ( Unter dem Matriarchat bzw. seiner Nachwirkung) genügend nackte, weibliche Plastiken und Darstellungen. Die Vergöttlichung eines Sterblichen wurde ebenfalls durch seine Nacktheit dargestellt, aber im Gegensatz zu nicht göttlichen Toten mit einem göttlichen Attribut versehen. Das konnte nur dann entfallen, wenn klar war wen die Plastik darstellte und man um seine Vergöttlichung wußte. Der hierfür verwendete Begriff >theomorph< ist bei Lichte betrachtet eigentlich ein Zirkelschluß. Über die spätere Entwicklung der Aktdarstellungen brauche ich Dir ja nichts zu erzählen. Um noch mal auf die nackten Füße der Augustus Prima Porta zurück zu kommen. Hier sind ja nur die Füße nackt und nicht wie üblich der ganze Körper oder zumindest der Oberkörper. Geht man davon aus, daß die bronzene Originalstatue mit der Darstellung des Goldenen Zeitalters die Lieblingsstatue des Augustus war, dann kann man m.E.damit erklären, daß die Witwe gerade diese Statue für ihre Villa aussuchte. Zur Darstellung seiner Göttlichkeit blieben dann nur die nackten Füße und der Amor, denn ein nackter Oberkörper hätte die Originalität und Aussage der Skulptur ja zerstört. Möglicherweise hatte er ja auch noch ein Zepter oder Augurenstab in der Hand. Ich wünsche Dir viel Erfolg mit Deinem Referat. Ich sage stehende Ovation voraus.:smiley: Grüße Kurti