Hallo zusammen. Ich bin ganz neu hier. Wir haben auf unseren Grundstück einen Brunnen entdeckt. Laut LWL “spätes Mittelalter”. Der Durchmesser beträgt 1,50 Meter. Der Brunnenschacht ist aus losem Sandsteinplatten im Lehm ohne Mörtel. Die “recht neue” (ich nenne es mal) “Kuppel” aus Ziegeln bildet wohl ein Kontergewicht, dass den Brunnen stabilisiert. Die Einstiegsöffnung misst ca. 40 x 40 cm. Der Brunnen ist in den 1940er Jahren mit Bauschutt fast bis oben hin aufgefüllt worden. Ferner wurde der Brunnen wohl später als Regenwasserzisterne genutzt, dadurch eingebrachter Sand, Dreck, etc. haben eine schicke Schlammschicht entstehen lassen. Nun meine eigentliche Frage: Wir arbeiten wir am effizientesten? Wir sind lediglich zwei Personen, der eine ist im Loch, schaufelt Eimer voll, mit allem, was er findet, der andere befindet sich an der Oberfläche zieht die Eimer hoch (via ein Dreibeingestell, reinigt (spült) die Steine und anderen Gegenstände, begutachtet sie und sortiert sie grob aus. Heute haben wir in sieben Stunden gerade mal 40 Höhenzentimeter geschafft, das erscheint mir zu wenig, obwohl es immerhin ca. 0,7 m³ sind. Gesetz den Fall, der Brunnenschacht ist zehn Meter tief brauchen wir 25,28 Tage á 7 Stunden um den Brunnen zu entleeren. Nicht berücksichtigt ist hierbei, dass es länger dauern wird, je tiefer wir graben. Dieser Zeitraum sollte erheblich verkürzt werden. Jetzt möchte ich die Meinungen der Profis wissen. Ich bedanke mich bereits nun herzlich bei Euch für die zahlreichen Anregungen. Falls Fotos erwünscht sind, sie sind zahlreich vorhanden. Herzliche Grüße aus dem Münsterland Mitch
Hallo und guten Abend Mitch, willkommen hier im Forum. Das, was du beschreibst, klingt nach sehr harter, anstrengender und möglicherweise auch nicht ganz ungefährlicher Arbeit. Je tiefer ihr kommt, umso mehr drängt sich mir die Frage auf: Wie kommt derjenige, der unten ist, wieder hinaus, wenn ein Notfall eintreten sollte? Sind da die entsprechenden Absicherungsmaßnahmen vorgesehen? Zehn Meter - sollte der Brunnen so tief sein - sind kein Pappenstiel. Die Frage wäre dabei ja auch noch, wie die Substanz des Brunnens weiter unten ist und sich verhält. Ungefährlich klingt das auf gar keinen Fall und nach meinem Gefühl ist das wohl am ehesten etwas für eine/nSchachtmeister/in bzw. Tiefbauer/in, bzw. Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und Hintergrund. Ist das denn gegeben? Also ist möglicherweise große Vorsicht geboten. Wenn ihr Schutt mit Brocken und allem möglichen anderen auf engstem Raum herausholen müsst, ist das wohl das so ziemlich unoptimalste an Erdarbeiten, was ich mir vorstellen kann. Große Optimierungsmöglichkeiten fallen mir persönlich nicht ein außer, dass ihr so weiter macht wie bisher; mit vielleicht einer kleinen Anregung: Ist es nicht sinnvoll und möglich, erst sämtliches Erdreich/Erde/Schutt etc. aus dem Brunnen zu holen und aufzuhäufen (falls Platz vorhanden) - und anschließend auszusortieren und zu reinigen? So könnt ihr eure Zeit vielleicht effektiver zunächst auf das Ausschachten konzentrieren. Mit jedem Eimer, der heraufgezogen wird, könnte dann ein anderer hinabgelassen werden. Derjenige, der oben steht, entleert den Eimer auf einen Haufen, während der andere unten im Brunnen den nächsten befüllt. Sofern sich im Brunnen nichts an Stücken befindet, die beschädigt werden könnten und nicht beschädigt werden dürfen (eventuelle Fundstücke): Arbeitet ihr denn mit Spitzhacke und Schaufel, oder nur mit Schaufel oder wie lockert ihr das Erdreich/den Schutt? Herzliche Grüße auch aus dem Münsterland, Vinzenz
Hallo Mitch, so schwer es mir auch fällt, muss ich Vinzenz hier mal dringend beipflichten. In solch engen Hohlräumen sind schon viele Leute umgekommen ( erstickt und/oder vergiftet). Gerade in alten Brunnen können sich ja eventuell giftige Faulgase bilden. Die können dann in Blasen im Erdreich abgelagert sein - und wenn man eine ansticht wars das … Das ist wirklich hochgefährlich, auch wenns nicht so aussieht … und kann schneller schiefgehen als man denkt. Vor allem wenn die obere Öffnung noch weitgehend geschlossen ist … Am besten wäre es also tatsächlich, ihr holt Fachleute oder lasst es ganz. Vielleicht interessiert sich ja die örtliche Archäologie für Euren Brunnen? Dann könnt Ihr in aller Ruhe zugucken wie die Anderen schuften - und kosten tuts evtl. auch nichts … (Anfrage / Angebot einholen) Falls Ihr Euch aber dennoch entschließt selbst weiterzumachen, dann sollte eine Druck-Belüftung (Frischluftgebläse)(bis auf den Grund) Pflicht sein !!! Und der unten ist, sollte angeseilt sein, damit ihn der Andere hochziehen kann, ohne selbst einzusteigen … Damit das im Zweifelsfall überhaupt möglich ist, muss der im Schacht unter ständiger Beobachtung von außen stehen … Besser Ihr lasst es … Gruß Paulus7
Nachdem der Brunnen ab den 40er Jahren verfüllt worden ist, scheint mir der erste Teil der Arbeit weniger archäologisch denn bautechnischer Art zu sein. Wobei nicht gesagt ist, daß gar keine interessanten Funde bis zum Ende der Verfüllungsschicht zu machen wären. Ich würde es so machen: - die arbeitende Person muss per ausreichend starkem Seil gesichert sein. Ständige Kommunikation ist notwendig, der obere darf nie weggehen, muss immer hören ob unten gearbeitet wird oder direkt kommunizieren - oben muss gewährleistet sein, daß der Schachtarbeiter auch ohne seine eigene Mithilfe raufgezogen werden kann. - schneller wird der Aushub, wenn nicht nur eimerweise raufgezogen wird, sondern unten ein oder mehrere Behälter aufgefüllt werden, die ungefähr dem Körpergewicht eines Menschen entsprechen. Somit wird nebenbei der Bergevorgang des Schachtarbeiters simuliert und erprobt. X-Nokia-Ipaddress: 94.245.230.122 Also, unten füllt der Mann die Behälter, dann kommt er rauf und zu zweit oder dritt ziehen sie den Aushub rauf. Jeweils vor Beginn der Arbeiten wäre es optimal, wenn ein Schlauch runtergelassen wird und mit Gebläse einige Zeit ausgeblasen wird. Das sollte reichen. Wird wohl eine ziemliche Plackerei sein, wenn Schlamm vermischt mit sperrigem Material drin ist! Man muss es mehr als eine spannende Entdeckungsreise sehen und die Arbeitszeit nicht so kritisch ansehen. Nebenbei geht es schneller, als wenn Ihr einen komplett neuen Brunnenschacht ausgraben müsstet. Eins empfehle ich noch warnend: Prüft genau wie stabil die Brunnenwand ist. Wenn das seitlich abrutscht oder zugedrückt wird, weil baufällig, kann die Person von unten kaum ausreichend rasch geborgen werden, wenn es zusammenrappelt. Daher im Falle von Instabilität irgendwie die Wände zur Sicherheit abstützen. Wieder mehr Arbeit…
Jungs, lasst den Sch*** sein! Auf die Frage wie ihr die Arbeit opotimieren könnt. Euer Tempo ist für das Material normal. Wenns schneller gehen soll, braucht ihr einfach mehr Leute. einer an der Schaufel, einer zeiht hoch, zwei-drei Leute schlämmen. Aber ums mal klar zu sagen: Brunnenwände dieser Bauart und dieses Alters können schön aussehen, sich aber ab ner gewissen Tiefe schlagartig neigen und einstürzen. Ich muss nicht erwähnen, dass das Material, dass ab etwa 2 m tiefe dann auf nich niedergeht viel zu schwer ist, als dass dein Kollege das wegschüppen könnte bevor du zu den Engeln gehst?? Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie plötzlich Erdprofile ohne vorherige Risse und Zeichen einfach einstürzen können! Die Brocken die da runterkommen sind teils alleine nicht zu bewegen. Und wenns dich nicht begräbt sind deine Beine auf jeden Fall gebrochen! In dem Brunnen bist du einen Materialsturz hilflos ausgeliefert, auch mit Bauchseilsicherung. Dann findet man dich nur schneller, hochziehen kann man dich nicht wenns drauf ankkommt. Was wollt ihr in dem Brunnen eigentlich?? Habt ihr überlegt was passiert wenn ihr was findet? Angenommen ihr findet erhaltene Holzfunde, wie Kistschen, Tischbeine oder organisches wie Haare? Schon Gedanken gemacht, dass sowas sobald es an die Luft kommt anfängt zu verrotten? Ohne Konservierung sind die Sachen in ein parr Wochen nur noch Matsch oder Brösel. Fragt euch mal ob das eigentlich Sinn macht was ihr tut. Zudem zerstört ihr Funschichten die für Forschungszwecke interessant sind. Gruß Melchior
Es hat zwar nicht unmittelbar mit der ursprünglichen Fragestellung zu tun, erinnert mich irgendwie an die Frage: "Wie viele Altistinnen braucht man, um eine Glühbirne einzuschrauben? Zwei, eine schraubt, die andere fragt: “Ist dir das nicht zu hoch?” K:-) Aber ich überlasse das Feld mal den Grabungsprofis. 8) Grüße wak
@wak Ich antworte direkt auf die Frage.
Wenn einer schaufelt, einer hochzieht und 2-drei die Steine spülen, gehts schneller. Denn wenn der Eimerzeihmann erst sortiert bevor er den nächsten Eimer hochzieht, gibts unterbrechungen. Also, mindestens drei, besser vier Leute. Mit 2 Leuten ist ne Steigerung da nicht drin. Gruß Melchior
Hallo Mitch, ich kann auch nur noch einmal vor der Gefährlichkeit des Vorhabens warnen, außerdem möchte ich dringlichst auf eine Absprache mit der LWL-Archäologie für Westfalen Mittelalter- und Neuzeitarchäologie An den Speichern 7 48157 Münster Tel.: 0251 591-8931 Fax: 0251 591-8960 E-Mail: lwl-archaeologie-mittelalter(at)lwl.org www.lwl-archaeologie.de verweisen. Mit besten Grüßen, Björn
Ich würde das echt lassen, wie bereits gesagt wurde…so ein enger schacht kann sehr leicht einstürzen und wenn da dann einer drin ist, ist der sehr wahrscheinlich tot! Schneller kann das gar nicht gehen, wie auch? graben in steinigem boden oder auf engem raum ist sehr mühsam;-) Generell solltet ihr “Ausgrabungen” nicht selbst machen, sondern an die Adresse die da unten gepostet wurde, geben…die werden das entweder ausgraben oder, falls auf der stelle gar nichts gebaut werden soll, einfach lassen, wo es ist…wenn ihr da sachen findet, sei es holz, metall oder sonst was organisches, seid ihr eigentlich verpflichtet für die erhaltung und konservierung zu sorgen…vor allem wenn ihr bewusst in einem mittelalterlichen brunnen grabt. lasst es lieber, auch wenn es hoch spannend ist…wirklich im materiellen sinne wertvolle dinge werdet ihr dort eher nicht finden, sondern nur wissenschaftlich interessante, die dann aber kaputt sind, wenn ihr sie nicht konserviert…
Erstmal herzlichen Dank für die zahlreichen und ausführlichen Antworten. Ich habe bereits Kontakt mit dem LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe, für alle nicht NRWler) aufgenommen. Ein Archiologe des LWL war vor Ort und hat ihn begutachtet. Von ihm stammt auch die erste Datierung “spätes Mittealter”. Da allerdings deren Mittel drastisch gekürzt wurden, wird eher dokumentiert denn gegraben. Die weitere Vorgehensweise des LWL wird derzeit besprochen und ich erhalte in den nächsten Tagen Bescheid. Bis dato haben wir gerade mal 60-70 cm ausgehoben, sind also auf einer totalen Tiefe von 1,80 Meter unter Bodenniveau. Man kann also noch bequem aufstehen und einfach so raus klettern. Gefunden wurde nicht interessantes, ein paar Scherben (Porzellan, Steingut, Glas), Reste von Kinderstiefeln, ein paar undefinierbare Metallteile). Viel tiefer werde ich auch nicht graben. Das überlasse ich dann den Profis. Im Idealfall würde uns jemand den Brunnen leeren, die “Schätze” könnte der LWL ins Museum stellen, außer die 20 Kg Goldmünzen von 1500, die bleiben hier Danach würde ich den Brunnen mit Wasser füllen, ihn mit einer begehbaren Glasplatte abdecken und Unterwasserspots installiern um ihn so zu illuminieren.
Ist es nicht möglich den Brunnen durch ein breites Plastikrohr zu sichern? G_G
Träum weiter! Da wirst du nichts Wertvolles finden können. LG
Moin, die modernere geziegelte Öffnung ist schmaler als der Schacht selber. da bekommst Du kein Plasterohr hinein. Eine Absteifung mit Hölzern wäre denkbar, aber auch schw…neteuer und macht die Geschichte noch enger. Mal abwarten, was der Spezi vom LWL sagt. Brunnen sind insofern sehr interessant, als daß sich oft durch permanente Durchfeuchtung und geringe Sauerstoffzufuhr organische Funde wie Holz und Textilien sehr gut halten. Aber eben nur bis zur Bergung. Wenn dann keine ordentliche Konservierung erfolgt, gehen die Funde vor Deinen Augen, wie Melchior und Pygmalion schon schruben kaputt. Gruß Irminfried
Hallo Mitch, was macht Sie so sicher, dass es sich hier nicht um eine Klärgrube handelt. Kein Haushalt brauchte einen Brunnen von dieser Größe. MfG ARFINDA1
Arfinda, bitte informiere Dich über Europäische Brunnen im Mittelalter…(aber nicht auf der E.Weltkarte… ) Brunnen dieses Formates sind eher der Regelfall. Natürlich kann es auch eine Fäkaliengrube sein… aber dann möglicherweise auch als sekundär genutzter aufgegebener Brunnen… Gruß Irminfried
Hallo LAH, oh du großer Meister der Argumentation und Situationsanalyse. G_G Bist du jetzt unter die Seher gegangen, dass du das so gesichert sagen kannst? Herliche Grüße, Vinzenz
oh du großer Meister der Argumentation und Situationsanalyse.
Leider bin ich begabt. G_G
Bist du jetzt unter die Seher gegangen, dass du das so gesichert sagen kannst?
Ja. Das hat jedoch nichts mit meinen paranormalen Fähigkeiten zu tun. Außerdem hast du noch den anderen Sinn meiner Aussage nicht bemerkt…:-" LG
Manchmal könnte man meinen, dass ein Nutzer eine Klärgrube im Kopf mit sich trägt. :db:
Als wenn ich es geahnt hätte. Im WDR läuft Heute 15 Uhr ein Bericht über die Toilette. Interessant ist es mit der Kloaken einer Synagoge, das die Form einer Brunnen hatte.
Also mal vom rein technischen. Ich hab mal nen Mittelalterbrunnen ausgegraben. Erstmal wurde nicht nur die Innenseite, sondern auch die Außenseite ausgegraben, weil die Gefahr eines Einsturzes einfach viel zu groß ist und zweitens gab es eine genau definierte Größenordnung wie Tief man gehen kann und wie groß die Öffnung oben ist. Sprich für 5m Tiefe braucht es 8m Öffnung sonnst passiert das was Paulus schon angemerkt hat. Und da brauch es garkein Faulgas oder sowas, Kohlendioxid ist schwerer als Sauerstoff und sammelt sich in so einem Loch an, wenn es zu schmal ist. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ich selbst bei dem großen Loch was wir gemacht haben, unten ganz schön benebelt war, als wir noch eine Chemikalie zur Konservierung von Stuckteilen eingesetzt haben. Da unten ist einfach kaum Luftaustausch.