Hallo,
heute möchte ich einen Sicheleinsatz aus Rot/Orange farbenen Jurahornstein vorstellen.
Das besondere an diesem Sicheleinsatz in Messerform ist, dass er beidseitig vollkommen glatt geschliffen wurde. Die feinen Schliffriefen sind sehr gut erkennbar. Dies stellt meiner Meinung bei Artefakten dieser Art aus Oberbayern eine Seltenheit dar. Zeitlich würde ich den Lesefund im auslaufenden Neolithikum/frühe Bronzezeit sehen.
Die Materialdicke liegt bei 3-5mm schwankend. Der Sicheleinsatz wurde in Luftlinie ca. 600m Entfernung von einem gemischten Siedlungsplatz LBK bis hin zur Bronzezeit gefunden.
Ein paar Anmerkungen von meiner Seite:
Welchen Sinn macht der relativ aufwendige, beidseitige Schliff des Hornsteins? Meiner
Meinung ist damit die Haftung in der Längsschäftung gegenüber einer rauhen Oberfläche
deutlich reduziert. Selbst die Rinde des Jurahornsteins wurde vollkommen glatt geschliffen.
Die Retuschierung ist umlaufend gleich ausgebildet, es gibt keine abgestumpften Retuschen.
Ob das Stück wirklich gebrochen ist halte ich nicht für gesichert?
Ein paar Anmerkungen von Euch zu diesem Stück würden mich sehr freuen.
Hallo Jürgen,
ja,
rein von der Form ausgehend erinnert es sehr an ein “Speisemesser”.
Allerdings findet man diesen Begriff wie Du weißt in der Artefaktmorphologie leider nicht.
aufgrund des sehr dünnen Materials und der weggeschliffenen Kortex konnte auch die wirkliche Nutzung des Stückes noch nicht zweifelsfrei angesprochen werden. Ebenso fehlt ein echter Sichelglanz.
die von mir angedachten Messer / Dolche, in Schleswig - Holstein, werden als “Flintdolche mit lanzettförmigem Blatt und nicht abgesetztem Griff” angesprochen. Das schert die Nordmänner aber nicht, die einfach mal als “Speisemesser” im Museum zu zeigen.
Hallo Jürgen,
ja die Bezeichnung “Speisemesser” ist natürlich in gewisser Weise Museumskomik, fällt auch den weniger wissenden Museumsbesucher sicher nicht auf. Letztendlich ist es auch egal, würde mir aber ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Grüße Bucentaur
Wenn es so jung (Bronzezeit) ist, kann ich mir gut vorstellen, dass das Abschleifen der Breitseiten einem optischen Zweck diente, was für einen Sicheleinsatz nicht zwingend wäre.
Der fehlende Sichelglanz unterstützt diese Hypothese.
Hallo Jürgen,
ja der liebe Sichelglanz,
gerade mal auf max. 50% meiner aufgelesenen Sicheln und Sicheleinsätze (und das sind nicht wenige) ist ein Sichelglanz erkennbar. die Fachbücher der Artefaktmorphologie geben in diesem Fall nichts her.
Grüße Bucentaur
wahrlich ein schöner Fund!
Auch ich kenne mich mit diesem Material nicht aus. Ist es möglich, dass es sich bei dem Hornstein um einen Plattenhornstein handelt? Dann ist auf beiden Seiten nur der Kortex abgeschliffen worden. Das ist wohl nur ein geringer Aufwand, der die Nutzung und die Optik aber wesentlich verbessert.
Hallo Sven,
teils teils gehe ich dabei mit, allerdings ist es so, dass die Kortex gerade bei geschäfteten Artefakten zur besseren oder optimalen Haftung beiträgt. In diesem Fall ist das Artefakt bis zur vollkommen Glätte geschliffen. Das macht eigentlich keinen Sinn und ist bei Sicheleinsätzen auch unüblich, bzw. findet sich darüber auch nichts in der einschlägigen Fachliteratur.
Beste Grüße Bucentaur