Flintwerkzeug, neolithisches Artefakt?

Lieber Jürgen,

zu deiner Frage nach unterschiedlicher Patina, was auch ein sehr spannendes wie auch komplexes Thema ist, folgendes:

Unterschiedliche Patina ist für die Alterseinschätzung dann spannend, wenn sie sich jeweils an den Artefaktmerkmalen eines Objektes befindet. Dies könnte, ich betone könnte ein Hinweis sein, dass der Artefakt in unterschiedlichen Epochen bearbeitet wurde, quasi wiederverwertet wurde. So einen verdächtigen artifiziellen Lesefund habe ich auch vorliegen.

Beste Grüße
Uli

Hallo,
zum Thema passend zeige ich 5 Hornsteinartefakte mit und ohne Patina.
Beispielhaft zeige ich hier völlig unpatinierte Artefakte des Mousterien (4Folgebilder) aus Jurahornstein und einen ca. 10.000 Jahre älteren Faustkeil,Schlussbild





ebenfalls aus Jurahornstein aber stark patiniert. Dabei wird wohl in beiden Fällen das Einlagerungsmilieu entscheidenden Einfluss gehabt haben. Also ist eine Patina bei Steinartefakten als Alterskriterium wohl auszuschließen. Bucentaur
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Moin Bucentaur,

Danke für Deine sehr klaren und deutlichen Beispiele, die das Thema stark unterstützen.

Schöne Fundbelege. :+1:

Gruß

Jürgen

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Hallo,

das Thema Patina an Silex wird immer wieder angesprochen, zumal ja auch die Experten da unterschiedlich heran gehen. Es scheint ja auch irgendwie logisch, dass die Patina mit zunehmendem Alter zunimmt. Nur ist es offensichtlich nicht zwangsläufig so. Als Indiz nehme ich es persönlich aber immer noch. Was allerdings schon dazu geführt hat, dass ich vollkommen daneben lag. Hier: Patinierte Feuersteine - #5 von SvenHorn hatten wir das Thema schon und ich habe Silexartefakte die sicher den Schnurkeramikern zuzuordnen sind gezeigt. Diese weisen an der Stelle oft einseitig eine recht dicke weiße Patina auf.

Viele Grüße

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Hallo Steinfreunde,

die unterschiedlichen Standpunkte zur Gesteinspatina an Artefakten deuten die komplexe und teils kontroverse Sichtweise dazu an.
Wenn Patina an den Artefakten (insbesondere wenn an vorhandenen Bearbeitungsmerkmale erkennbar) keinerlei Rolle zu einer differenzierten bzw. groben Alterseinschätzung spielt, weshalb findet bei Steinzeitartefakte das Merkmal Patina nach wie vor bei der Beschreibung überhaupt eine Erwähnung bzw. was soll dieses Merkmal zur Erklärung des Artefaktes dann inhaltlich beitragen?

Was meint ihr?

Beste Grüße
Uli

Vielleicht einfach nur als Zustandsmerkmal eben bei der Beschreibung.

Das ist vermutlich wie bei der Keramik. Anhand eines Merkmals (wie Form, Magerung, Härte…) kann ich keine Bestimmung machen, aber mit mehreren sehr wohl. Heißt die Patina kann ein Indiz für hohes Alter sein, muss aber nicht. Erst mit anderen Merkmalen kann ich Rückschlüsse auf das Alter machen.

Und letztlich gehört es zur Beschreibung dazu.

Gruß Shard

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Hallo Uli,
und ob eine Patina vorliegt oder nicht lässt in der genauen Betrachtung immer Rückschlüsse auf die Einlagerung zu oder lädt dazu ein diese zu hinterfragen oder genauer zu betrachten.
Bucentaur

Hallo miteinander,

danke für eure Einschätzungen! Aus meiner Sicht alles zuträglich für eine offene, undogmatische Beurteilung der Angelegenheit. Hab jetzt mal auch KI bemüht. Was da dazu gesagt wird, muss man natürlich immer mit einem gewissen Vorbehalt betrachten:

KI:

Was sagt die Patina aus?

Die Patina auf einem Gestein oder einem anderen Material kann verschiedene Informationen über die Geschichte und die Umgebung des Materials liefern. Hier sind einige mögliche Interpretationen:

  • Alter: Die Patina kann ein Indikator für das Alter des Materials sein. Eine dickere Patina kann darauf hindeuten, dass das Material älter ist.
  • Umgebung: Die Patina kann Informationen über die Umgebung liefern, in der das Material entstanden ist oder sich verändert hat. Zum Beispiel kann eine Patina, die durch Oxidation entstanden ist, darauf hindeuten, dass das Material in einer feuchten oder salzhaltigen Umgebung war.
  • Chemische Prozesse: Die Patina kann Hinweise auf chemische Prozesse liefern, die auf das Material eingewirkt haben. Zum Beispiel kann eine Patina, die durch Karbonat-Bildung entstanden ist, darauf hindeuten, dass das Material mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten in Kontakt war.
  • Biologische Aktivität: Die Patina kann auch Hinweise auf biologische Aktivität liefern, wie zum Beispiel das Wachstum von Mikroorganismen.
  • Verwitterung: Die Patina kann auch ein Indikator für die Verwitterung des Materials sein. Eine starke Patina kann darauf hindeuten, dass das Material stark verwittert ist.

Interpretation:

Die Interpretation der Patina hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel:

  • Material: Die Art des Materials und seine Eigenschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Interpretation der Patina.
  • Umgebung: Die Umgebung, in der das Material entstanden ist oder sich verändert hat, kann wichtige Hinweise auf die Patina liefern.
  • Zeit: Die Dauer, über die das Material der Umgebung ausgesetzt war, kann auch wichtig sein für die Interpretation der Patina.

Fazit:

Die Patina auf einem Gestein oder einem anderen Material kann wichtige Informationen über die Geschichte und die Umgebung des Materials liefern. Durch die Analyse der Patina können Wissenschaftler und Forscher wichtige Erkenntnisse über die Entstehung und Veränderung des Materials gewinnen.

Ich denke, wir sind uns darüber einig, allein bzw. undifferenziert von der Patina eines Artefaktes auf eine Altersepoche, geschweige denn auf ein konkretes Alter zu schließen, ist nicht zielführend und aus wissenschaftlicher Sicht auch unzulässig.

Beste Grüße
Uli

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Hallo Mago und Gruß in die Runde,

ich würde gerne zum eigentlichen Thema des vorgestellten “Flintwerkzeugs” zurückkommen. Frei heraus: aus meiner Sicht ist das ein klares Artefakt, und ein sehr schönes dazu. Glückwunsch, Mago!

“Abschlag” wurde schon erwähnt, allerdings für einen natürlichen Abschlag gehalten. Natürliche Abschläge gibt es aber nicht - entweder ist ein von Menschen hergestellter Abschlag, oder es ist ein Geofakt (im Volksmund auch als Quetscholith aufgrund der quetschenden Wirkung des eiszeitlichen Geschiebes auf Steine bezeichnet).

Bei allem Respekt für die Experten hier würde ich diesem Objekt archäologisch mehr Aufmerksamkeit widmen wollen. Es trägt nämlich fast alle sicheren Zeichen eines Artefaktes aus Feuerstein (ich nenne es mal allgemeiner Silex) und läßt sich auch genauer benennen:

  • Abschlag wurde schon erwähnt, dem würde ich zustimmen. Ein Abschlag der doppelt so lang wie breit ist wird ab 2 cm Länge als Klinge bezeichnet (s. u.a. J. Hahn, Artefaktmorphologie)
  • Klingen und deren kleinere Schwestern, die so genannten Lamellen (unter 2 cm Länge) gelten als Grundform, aus der sich viele Werkzeuge (z.B. Pfeilspitzen, Klingenkratzer, Stichel, …) herstellen lassen.
  • die von Stefan gezeigte Klinge weist sowohl Wallnerlinien, als auch Schlagauge und einen eindeutigen, da relativ großen Schlagflächenrest auf. Dieser entspricht dem Typ “glatt” nach Floss (Steinartefakte, S. 123). Übrigens sind die Fotos aus meiner Sicht sehr aussagefähig, alle relevanten Merkmale sind erkennbar. Warum der Schlagflächenrest (aus einem “Bauchgefühl” heraus?) hier bezweifelt wird, und der Status als Artefakt, ist mir irgendwie ein Rätsel, sorry
  • die Klinge ist ganz schön dünn, spricht auch für ein Artefakt
  • die vom Kern abgewandte Seite, also die Dorsal (bzw. Rücken-) Seite weist Schlagnegative und an deren Rand (Dorsal-) -Grate auf. Ein Nachweis dafür, daß die Klinge von einem vorpräparierten Kernstein fachmännisch abgeschlagen wurde.

OK, wie weiter? Aus meiner Sicht hast Du ein Artefakt gefunden. Vielleicht schaust Du noch mal zu der Stelle, ob Du noch ein zweites findest - dann hast Du nämlich nicht nur einen “Zufallsfund”, sondern eine Fundstelle. Die solltest Du natürlich Deinem Amt melden und die Funde zeigen.

viele Grüße und berichte doch bitte über weitere Funde,

Technicus

PS: die Ventralseite weist auf der rechten Schneide Gebrauchsretuschen auf. Warum? - weil mit dieser Seite gearbeitet wurde
PPS: schwierige, weil lokal abweichende Bezeichnungen wie Hornstein für Feuerstein bzw. Flint verwirren in meinen Augen nur. Hornstein in Bayern kann anderes Material sein als Hornstein z.B. in Niedersachsen. Daher bevorzuge ich die Bezeichnung Silex für alle Kieselgel (SiO2) - Derivate.
PPPS: die Diskussion über Patina ist spannend. Da Patina aber lokal stark variieren kann plädiere ich dafür, Silexartefakte nicht nach deren Patinafarbe, -Dicke usw. zu datieren, sondern eher typologisch und aus dem Kontext heraus. Also über den Typ, die Lage und mögliche Beifunde

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Hallo Technicus,

kannst du sagen, welches du als den Schlagflächenrest identifizierst?

Liebe Grüße
Inez (die kein Experte ist)