Flintwerkzeug, neolithisches Artefakt?

Moin, in die Runde!

Mit meiner Frau habe ich am Wochenende beim Spazieren am Acker unterschiedliche Steine gefunden, von denen einer aussieht, als hätten dieser Bearbeitungsspuren. Da in der Nähe mehrere Megalithgräber aus der Trichterbecherkultur sind, dachten wir uns, dass die Steine deshalb vielleicht wirklich als Werkzeuge o. Ä. gedient haben könnten.

Damit ich mich nicht lächerlich mache, habe ich hier bereits schonmal ein wenig recherchiert und etwas über artifizielle Bearbeitungsmerkmale wie Dorstal-Grate, Bulbus oder Wallnerlinien in Erfahrung bringen können. Ich meine, solche Merkmale auf dem Stein zu sehen, aber häufig sieht man ja auch das, was man gerne hätte :wink:

In einem Beitrag von @StoneMan (Beitrag) habe ich eine Vorlage zu den erforderlichen Ansichten entdeckt. Ich habe mich wieder beim Anfertigen der Fotografien versucht bestmöglich daran zu orientieren, mit der Hoffnung, dass es euch helfen wird.

Entschuldigt den Bildfehler in einer Fotografie.


Liebe Grüße und vielen Dank im Voraus! :slight_smile:
Stefan

Hallo Stefan,

ich bin selbst noch Anfängerin, deshalb behalte ich meine Meinung erstmal für mich - ich bin aber für jeden Fund dankbar, den die Experten hier analysieren, weil ich nur so lernen kann. Insofern: Danke! :slight_smile:
Bin gespannt, was die anderen dazu sagen!

Liebe Grüße
Inez

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Servus,

ich bin auch noch Neuling, aber erste Tendenz bei mir ist Naturprodukt. Aber nur Tendenz.

Mal sehen was @StoneMan @SvenHorn @Bucentaur dazu sagen.

Gruß Shard

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Hallo Mago,

das sieht auf den ersten Blick nach einem Abschlag aus. Aber ich kann keine eindeutigen Schlagmerkmale sehen. Die Wallnerlinien und der Schwung auf der “Ventralseite” sind wohl natürlich entstanden, da scheint mir keine geeignete Schlagfläche und kein Schlagpunkt zu sein.

Viele Grüße

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Hallo Sven,

da bin ich froh dass ich das gleiche gedacht habe. So langsam wird es bei mir. Vom ersten Eindruck (Form und Wallnerlinien)her hatte ich erst an ein Artefakt gedacht, aber beim näheren Hinsehen hat sich der Gesamteindruck nicht bestätigt.

Gruß Shard

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Hallo Stefan,

anhand des Bildmaterials lässt sich meines Erachtens keine verlässliche Aussage treffen. Das Objekt besteht wohl aus Hornstein und scheint mir auch patintiert, also älteren Datums zu sein. Die abgebildeten, formveränderten Merkmale geben aber meines Erachtens keinen eindeutigen Hinweis dafür, ob diese artifiziell oder geofaktisch entstanden sind. Also den Stein aufheben und ggf. am Fundplatz dort weitersuchen. Kann gut sein , dass dort mehr ggf. eindeutigeres Materal Richtung Artefakt auffindbar ist.

Beste Grüße
Uli

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Moin Stefan,

auf keinen Fall machst Du Dich hier lächerlich - wäre schön, wenn alle ihre
Hausaufgaben so gut machen wie Du, bevor sie hier ihre Bilder zeigen.

Ja, das Ding hat so einige Merkmale, die ein Artefakt haben sollte, damit wir
es als solches sicher bestimmen können.

Nun ist es aber auch so, dass die meisten Merkmale, die durch Schlag oder Druck auftreten, sowohl mit Absicht vom Menschen, als auch durch natürliche Prozesse ähnlich entstehen können.

Leider scheint das hier zuzutreffen.

Auf dem zweiten Bild hältst Du das Stück mit den Fingern fest, befindet sich
da zwischen Deinen Fingern eine kleine, plane Fläche?
Das kann man auf keinem Foto sehen - es wäre ein Schlagflächenrest.

Vielleicht erkennst Du so etwas oder bekommst es gar aufs Foto.

Wo suchst / findest Du und hast Du keinen Kontakt zur hiesigen Archäologie,
wo Du ggf. Deine Fundstücke vorlegen kannst?
Am Objekt könnten Dir Fachleute besser vermitteln, wo es drauf ankommt.

Gruß

Jürgen

@ servantes123,

Patina ist kein geeignetes Kriterium, um ein Alter einzugrenzen und vor
allem nicht geeignet, um ein Artefakt als solches zu deklarieren.

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… und ich bin auch froh, dass ich die Steine richtig gedeutet habe :slight_smile:

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Lieber Jürgen,

vielen Dank für die hilfreiche und auch spannende Antwort! :slight_smile:

Ich suche nicht systematisch nach Artefakten. Da ich aber viel in meiner Freizeit in der Natur unterwegs bin, fällt mein Blick gelegentlich auf Objekte aller Art, die mich faszinieren. Diesen Hornstein habe ich in Sachsen-Anhalt gefunden. Aber wir sind auch in Niedersachsen und zum Teil in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Wäre es denn sinnvoll, mit einem Archäologen ins Gespräch zu kommen?

Ich hänge gerne nochmals ein paar Bilder von der besagten Fläche an. Ich bilde mir ein, eine kleine, plane Fläche zu erkennen. Von dieser Fläche breitet sich auch der “Bulbus” aus, sofern man diesen auch so nennt, wenn er geofaktisch oder nicht intentional, wie bspw. durch einen Flug, entstanden ist.





Liebe Mago,

Jürgen wird sich sicher noch melden, aber an der Stelle, die du gekennzeichnet hast, ist meiner Meinung nur ein Stückchen abgebrochen (durch Pflug, Wetter etc.). Es sieht nicht wie ein Schlagflächenrest aus. Aber ohne Gewähr, ich übe noch :slight_smile:
Liebe Grüße
Inez

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Moin Stefan,

Danke für die gewünschten Fotos.

Da möchte ich Inez zustimmen, es sieht nicht nach einem Schlagflächenrest aus.

Das rundet also einen natürlichen Trümmer ab - leider.

Den Bulbus siehst Du richtig, aber er ist demnach natürlich entstanden, was, wie ich bereits oben schrieb, vorkommen kann - öfter, als uns lieb ist.

Der Pflug wird m. E. zu oft als Verursacher von Merkmalen genannt, ein Fußtritt (Mensch und Huftier), Felssturz oder Frost sind auch gerne Protagonisten von Retuschen & Co.

Der Kontakt zur Archäologie ist sinnvoll, kostenfrei und hilfreich.

Gruß

Jürgen

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Liebe Inez,

vielen Dank für deine Antwort. Alles gut, jede Beurteilung hilft weiter :)!

Herzliche Grüße
Stefan

Lieber Stefan,

entschuldige, ich habe eine “sie” aus dir gemacht! :see_no_evil_monkey:

LG
Inez

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Hallo Jürgen,

deine Ergänzung zum Thema Patina ist im Grunde zutreffend, anderes wurde auch im Zusammenhang mit dem hier aufgezeigten Fund nicht von mir zum Ausdruck gebracht. Dass Gesteinspatina eines Artefaktes aber bedingt zur groben zeitlichen Alterseinschätzung (ja, keinesfalls zur Feststellung, ob Geofakt oder Artefakt) und unter Berücksichtigung von diversen Milieubedingungen, den ein Artefakt ausgesetzt war, als Indiz zur groben Bestimmung mit herangezogen werden kann, steht in der fachlichen Diskussion und ist von daher kein Tabu. Hierzu mal eine kleiner Beitrag zum äußerst komplexen Thema Gesteinspatina, s. Link.

Beste Grüße
Uli

Moin,

und Danke Uli.

Die Domain “steinzeitwissen,de / Steinzeit & Co” ist derzeit (2019) leider gehackt worden. Den Inhaber C.F. kenne ich persönlich und zwei Beiträge gab es auch von mir in dessen HP.

Der von Dir verlinkte Beitrag ist Stand von damals.
Hier das “Original” Steinzeit & Co Patina.

Mach Dir bitte die Mühe und lese die unten verlinkten Beiträge bis zum Ende durch.

Für Lesemuffel hier die wichtigsten Zitate:

(1) Quelle Sucherforum - [aus einer Korrespondenz User Danske - Harald Floss]
Zitat Harald Floss:

Natürlich mag man aufgrund des Patinierungszustandes der Meinung anhängen, hier ältere Funde zu fassen zu haben,
die Patinierung kann aber ein sehr trügerischer Ratgeber sein.

(2) Quelle [PDF 2,5 MB]
Zitat Viola C. Schmid et al.:

Es wurde dokumentiert, ob das Steinartefakt eine natürliche postdepositionelle Veränderung der Oberfläche, eine Patina, aufweist, welche Intensität diese hat und um welche Art der Patinierung es sich handelt.
Jedoch muss festgehalten werden, dass Patinatyp und -variabilität vermutlich auf einen unterschiedlichen Ablagerungskontext hindeuten und weder die Dauer der subaerischen Aussetzung noch das Alter anzeigen können.

(3) Zitat StoneMan:

…moin @ll,
ganz aktuell zum Thema habe ich heute ein Artefakt aufgelesen, an dem sich unterschiedliche Patina befindet.

(4) Zitat StoneMan 2025-03-23:
Patina & Co, ein paar Anmerkungen

Danke fürs Lesen.

Gruß

Jürgen

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Jürgen, besten Dank für deine Hinweise und zuträglichen Beiträge!
Schaut man sich die von dir aufgezeigte Studie im Detail an, verstärkt sich sogar für mich der Eindruck, dass Patin zur chronologischen bzw. grob alterszeitlichen Einschätzung von Artefakten als Indiz auch hierin mit herangezogen wurde.

So heißt es in dieser Studie z. B. auf S. 58 nämlich auch: Die Abschlagnegative sind anders patiniert als die ursprüngliche Dorsaloberfläche.“ Damit könnte bei diesem Kern ein Fall von mehrphasiger Nutzung vorliegen, bei welcher ein ehemalig verworfenes Artefakt mittelpaläolithischer Natur zu einem späteren Zeitpunkt aufgesammelt und im neolithischen Kontext wiederverwendet wurde.

Inhaltlich wird dazu noch auf S. 73 erläutert, dass es sich bei diesem Fall „aufgrund der vorhandenen Doppelpatina“ um eine im Mittelpaläolithikum verworfene Grundform handelt..

(Stichwort: Patina als ein Indiz zur chronologischen Altersabgrenzung).

und auf S. 77 wird z.B. dargelegt:… Obermaier und Breuil beschreiben 1908, dass sie sowohl typologisch als auch aufgrund der Abnützungsspuren der Kanten und der von ihnen als „tief alt“ bezeichneten Patina die mittelpaläolithischen Steinartefakte identifizieren konnten. Und als Wertung wird in der Studie hierzu betont zum Ausdruck gebracht: „Somit wurde bereits zu der damaligen Zeit der Erhaltungszustand als ein mögliches chronologisches Entscheidungsmerkmal herangezogen.“

Hier noch ergänzend eine weitere inhaltliche Einlassung (bzw. Auszug daraus) zur Thematik des meines Erachtens noch laufenden Disput bzgl. Gesteinspatina und das (eventl. vermeintliche) Heranziehen für eine Altersbeurteilung von Artefakten (s.a. Link):

Über die Patina altsteinzeitlicher Artefakte

Ein Versuch zur Klärung
von Herbert Lindner, Furth i. Wald

„Seit W. Deecke in seinem Buche über die mitteleuropäischen Silices die Patina altsteinzeitlicher Artefakte für unbeachtlich in bezug auf die Altersstellung der Geräte erklärt hat, und um dieselbe Zeit auch G. Hoffmann Patina als irreführend bei der Altersbestimmung bezeichnete, mit der Begründung, sie entstehe durch die Einwirkung der Atmosphärilien und der chemischen Bestandteile des Bodens, ist bei vielen Fachgenossen die unbegründete Meinung verbreitet, daß auf die Patina an Werkzeugen aus Flint oder
ähnlichem Material wie Jurahornstein und Quarzit keinerlei Wert zu legen sei. Die davon abweichende Ansicht anderer Forscher ist aber niemals verstummt, als Beispiel sei Grahmann herausgegriffen, der das nach ihm höhere Alter gewisser Markkleeberger Artefakte mit ihrer außerordentlich starken Patinierung stützt. Von vielen anderen Forschern ist in ihren Veröffentlichungen wenigstens auf die Patina immer wieder hingewiesen worden, wobei sie ab und zu auch als Alterskriterium verwendet wurde, so
z. B. bei K. Brandt oder L. Zotz. Der stärkste Widerspruch gegen die These von der
Unbeachtlichkeit der Patina kommt indessen immer wieder von den praktisch in der
Feldforschung tätigen, allermeist auf Oberflächenaufsammlungen angewiesenen For-
schern, welche die Erfahrung machen, daß erstens bestimmte Gerätegruppen einheitlich
patiniert auftreten, daß verschiedene solche Gruppen eine verschiedene Stärke der Patina aufweisen und daß die Dicke der Patina bei den typologisch alten Formen stets weit größer ist als bei den jüngeren.
H. Lindnero hat in Oberschlesien diese Wahrnehmung fast als Leitsatz benutzt, und zwar mit bestem Erfolg.

..auch heißt es darin weiter auf S. 23 bzw. S. 24:

„Es ergib sich aber aus all diesen Hinweisen, daß etwa vom Ende des Paläolithikums bis etwa in
die frühe Mittelsteinzeit fallend jene Zeitgrenze zu setzen ist, seit der eine Patinabildung sich in der Regel nicht mehr an den Steingeräten bemerkbar macht. Das bedeutet aber nichts weniger als eine Ermittlung der Mindestzeit, die für die Ausbildung
einer Patina an Silexartefakten erforderlich ist..

..Ob es jemals möglich werden wird, über diese vorsichtig anzuwendende Möglichkeit relativer Zeiteinstufung hinaus aus der Patinierung der Artefakte absolute Zeitbestimmungen zu ermitteln, wie dies in den organischen kohlenstoffreichen Materien die bekannte ClLMethode ermöglicht, steht dahin.“

Gesteinspatina zur Altersbeurteilung bzw. chronologischen Altersdifferenzierung absolut zu verwerfen ist meines Erachtens selbst im wissenschaftlichen Diskurs bislang nicht angezeigt.

Beste Grüße
Uli

Moin Uli,

in all den - sehr alten - Artikeln wird Patina nie allein als Altersbestimmung herangezogen.

Der Anlass das Thema Patina näher zu erörtern war Deine Aussage weiter oben:

Zitat servantes123:

Hallo Stefan,

anhand des Bildmaterials lässt sich meines Erachtens keine verlässliche Aussage treffen. Das Objekt besteht wohl aus Hornstein und scheint mir auch patintiert, also älteren Datums zu sein
Zitat Ende

Genau das kann man so m. E. nicht machen, zumal hier oft Laien anfragen, die daraufhin denken “Aha - man kann das Alter anhand der Patina erkennen”.

Das ist genauso fatal und falsch, wie ein ´Artefakt muss mindestens Schlagflächenrest, Bulbus und Retuschen aufweisen´.

In dem von Dir verlinkten Artikel aus “Steinzeit & Co” steht zum Schluss:

Zitat Steinzeit & Co:

Das Wichtigste zum Schluss!

Fehlende Patina

Um Missverständnisse zu vermeiden, wird hier auf paläolithische Artefakte eingegangen, die unpatiniert sind. Es kommen auch gänzlich unpatinierte Stücke mit eindeutig paläolithischem Habitus vor. Hier spricht die fehlende Patina nicht im Umkehrschluss für eine jüngere Zeitstellung!

Das Fehlen ist lediglich ein Hinweis auf die Lagerungsbedingungen. So ist bei unpatinierten Stücken von einer raschen Einbettung in das Sediment auszugehen, evtl auch Lagerung im Wasser. Demnach ist ein unpatinierter Faustkeil trotzdem mittelpaläolithisch und nicht etwa neolithisch.
Zitat Ende

Der letzte von Dir verlinkte Artikel trägt nicht umsonst den Zusatztitel:

“Ein Versuch zur Klärung”

Meine zwei Artefakte in diesem Beitrag sprechen Bände.
Auf ein und demselben Stein unterschiedliche Patina!
Das sind in meinem Fundus nicht die einzigen!

Es ist und bleibt ein schwieriges Thema.

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen,

sorry, wenn ich mit meiner saloppen Formulierung den Eindruck erweckt haben sollte, dass Patina „allein als Altersbestimmung“ herangezogen werden kann. Das wäre sicherlich falsch und war von mir weder so gemeint noch so geschrieben.
Ansonsten ist meines Erachtens alles Wesentliche dazu gesagt.
Gut von dir ist der zusätzliche und richtige Fingerzeig zum Alter eines Artefaktes abgeleitet aus den von mir beigefügten Beitrag, dass der Umkehrschluss ebenso nicht richtig wäre, sprich keine Patina also kein alter Artefakt.

Wie gesagt, ein schwieriges und komplexes Thema!

Beste Grüße
Uli

Lieber Uli,

das steht doch so nicht da.

Es steht eindeutig:

Demnach ist ein unpatinierter Faustkeil trotzdem mittelpaläolithisch und nicht etwa neolithisch.

Mehr würde mich interessieren, was Du zu Artefakten sagst, an dem sich unterschiedliche Patina befindet.

Machen die denn nicht deutlich, dass man nicht (allein) aufgrund von Patina eine verbindliche Aussage zum Alter vornehmen kann?

Gruß

Jürgen

..genau das sage ich doch, dass der Umkehrschluss (..„nicht richtig“..) nicht zulässig ist. Sehr wohl gibt es unpatinierte Artefakte, die sehr alt sein können. Patina kann zwar bedingt ein zureichendes Merkmal (Indiz) sein zur Alterseinschätzung, aber keineswegs ein alleiniges oder gar ein ausschließliches!

Beste Grüße
Uli