Fossile Seeigel als archäologische Funde

Wer weiss etwas über das Vorkommen fossiler Seeigel im archäologischen Zusammenhang (Grabbeilagen, Amulette, Spielsteine etc…) Literaturhinweise und alle andere n Informationen sind willkommen! Christian Neumann

guten tag liebe freunde, guten tag christian, fossile seeigel - echinoidea, zu den den echinodermaten, den stachelhäutern gehörend. gefragt ist deren verwendung als grabbeigabe. folgt man nun diversen hinweisen aus dem internet, so wird dort immer wieder auf die deponierung in esoterischen zusammenhängen hingewiesen. leider entspricht dieses nicht den vorliegenden tatsachen. es lassen sich nach meinem kenntnistand maximal eine handvoll funde aus den vergangenen dreitausend jahren in bezug zu einer bestattung nachweisen. dabei handelte es sich auch nicht um eine lokale tradition, sondern um funde, welche über ganz europa verstreut sind. bei diesen also überaus selten vorgefunden grabbeigaben aus den verschiedensten epochen, kann man also meiner meinung nach nicht von einer gängigen begräbnispraxis sprechen.eine magische oder kultische bedeutung ist bisher wissenschaftlich nicht belegt. es gibt in uthlede, burg, bederkesa, museum landkreis cuxhaven ein brandschüttungsgrab in dem eine mutter mit einem halbjährigem kind bestattet wurde. das grab stammt aus der jüngeren bronzezeit. die stätte ist eingerahmt mit 2 kreisen fossiler seeigel, micraster coranguinum und echinocorys ovata. ohne hier auf eine mögliche magische bedeutung eingehen zu wollen, deutet dieser befund jedoch auf einen abwehrzauber oder eine bannfunktion hin. bescheidene informationen zum thema findet man in " fossilien im volksglauben und im alltag" von e. thenius und n.navra, senckenbergbuch nr. 71, verlag waldemar kramer, frankfurt-main. weitere informationen in : ch.rätsch und a.guhr, lexicon der zaubersteine aus ethnologischer sicht, 1989,östterreich, akademische druck und verlagsanstalt. isbn-3-201-01484-2. ebenfalls ein mutter-kind begräbnis mit seeigeln als grabbeigaben ist beschrieben in: w.g.smith, 1894. man the primeval savage, his hauntsand relics from the hilltops of bedforshire to blackwells. dieses werk wird aber wohl in nur sehr wenigen universitätsbibliotheken zur einsicht bereitliegen. die grundlegendsten arbeiten stammen wohl von o. abel - vorzeitliche seeigel in mythos , brauchtum und volksglauben. veröffentlicht in nachr. ges. wissensch.göttingen, phil,-hist kl. religionswissen.n.f. 1 (3) 55 pp göttingen, obwohl sonst vollzählig, fehlt dieser jahrgang in der universitätsbibliothek in hamburg. vielleicht hat ein leser an anderen orten ja mehr glück. mit allerfreundlichstem gruß max

Hallo Christian und Maxherbert, in Kuckenburg: ’ Lag Eden im Neandertal’, S.293f finden sich Bilder von 200 000 jahre alten Steingeräten aus Saint-Just-des-Marais und Swanscombe, die so gearbeitet wurden, dass ein fossiler Seeigel im Zentrum erhalten blieb. Das aus Saint Just könnt ihr unter http://www.originsnet.org/exotgallery/pages/b)stjust.htm anschauen. Den schönen Faustkeil aus Swanscombe fand ich nicht im Internet. Für Kuckenburg sind diese und andere Artefakte ein Beleg dafür, dass bereits die Neandertaler einen Sinn für Ästhetik (offensichtlich in unserem Sinne javascript: addTag(’;)’) http://www.archaeologie-online.de/pix/gforum/wink.gif ) hatten. Gruß. Arne :wink:

guten abend liebe freunde, vielen dank an arne, für die hübschen hinweise. den faustkeil von swanscombe habe ich gerade in den letzten tagen in der uni-bibliothek gesehen. ein wirklich tolles artefakt. die frage nach kultur und ästhetik brauch danach nicht mehr gestellt zu werden. nun las ich gerade, dabei handelt es sich diesmal nicht um fossilien, aber um einen ähnlichen bestattungsbrauch. In usbekistan, tashik tash wurde das grab eines neandertaler jungen gefunden. dieses grab war umringt von einem kreis bergziegenhörner. die deutung dieses möglichen rituals ist unter den beteiligten wissenschaftlern stark umstritten. da ähnliche funde mir bisher nicht bekannt sind, könnte es sich hier möglicherweise doch um ein “ästhetisches element” handeln. weitere hinweise zum thema sind ausdrücklich erwünscht. mit allerfreundlichstem gruß max

hallo, wenn du eine zusammenfassung über bestattungen mit zahlreichen fundbeschreibungen suchst, gibt es was auf französisch: les sépultures au paléolitique, hab’ gerade vergessen, wer der autor ist, kann aber gerne nochmal nachschauen, wenn es dich interessiert. es gibt mehrere bestattungen aus quafzeh, israel, die ins späte mittelpal datieren. u.a. ist ein 10-jähriges kind dabei, unterhalb dessen schädel ein schädelechtes geweih vom damhirsch lag. ausserdem fanden sich hier auch mehrere stückchen ocker. aus gesher benot ja’akov, spätes altpal, sind 2 fossile seelilienstängel erhalten, die evtl. als perlen benutzt wurden, und aus dem magadlénien sind imitationen von fossilen seeigeln und seeigelstacheln bekannt - als fundplatz fällt mir dazu kesslerloch ein. schöne grüße anja

Hallo Christian, es hat etwas länger gedauert: R. Moschkau, Ein fossiler Seeigeö mit künstlichem Anschiff als bronzezeitliche Grabbeigabe und die volkskundliche Überlieferung. In: Forschungen zur Vor- unf Frühgeschichte 3. Studien zur Lausitzer Kultur, 1958, 152-162 mit einem Abriß der älteren archäologischen Seeigelfunde durch die Zeiten. viel Spaß Uwe Müller