Gimbutas, Eisler, Göttner-Abendroth

Hallo, da ich gerade Riane Eislers Buch “Kelch und Schwert” lese, möchte ich mal in die Runde fragen, wer von euch ihr Buch oder auch Marija Gimbutas Bücher gelesen hat? Und was denkt ihr darüber? Für alle, die es nicht kennen: Es ist eine Aufarbeitung unserer Geschichte und unserer kulturellen Ursprünge und ich kann es euch nur wärmstens empfehlen. In einigen Beiträgen geht es ja auch um Frühgeschichte und es werden viele Fragen aufgeworfen, die sich durch das Buch und auch Gimbutas Veröffentlichungen wie von selbst auflösen. Bin gespannt auf eure Antworten, Jana.

Hallo Jana, ich lese gerade die Sprache der Göttin von M. Gimbutas. Ihren schmalen Band über Das Ende Alteuropas, d.s. die Kurgan-Eroberungswellen habe ich schon gelesen. Der Forschungsstand der Ausgrabungen bewegt sich also um 1989 bis etwa 1994 (Daten der Letztedition bzw. posthum). Ich bin zu ihren Büchern über eine Vorlesungsreihe und die (eher populären) Bücher von H. Haarmann gekommen. Ich finde ihren Stil sehr einfach und klar, auch die Zusammenfassungen sind ausgezeichnet. Viele der Abbildungen sind interessant anzusehen. Als Negativum fiel bislang nur auf, dass die Autorin Bezeichnungen von A. Leroi-Gourhan im Anhang verwendet, den ich zwar schätze, aber dessen französische Terminologie zur Stilbildung vielleicht zur Zeit der Abfassung überholt gewesen sein könnte. Mir gefällt, dass sie ein sehr genaues Bild der Muttergöttin zeichnen will und die einzelnen Aspekte, die mitunter als eigene Göttinnen in späterer zeitlicher Abfolge erscheinen, detailliert herausarbeitet. Die Funktionen der Muttergottheit als religiöse Größe (Spuren der Kulte) in den regionalen Kulturen Alteuropas vermisse ich bislang etwas, aber ich bin noch nicht durch den sehr umfänglichen Bildband ganz durch. Vermutlich gab es da auch wenig archäologische Belege (Kalender, z.B.). In der Vorlesungsreihe wurde ihr interdisziplinärer Forschungsansatz (im Gegensatz zu Bachofen) würdigend hervorgehoben, für den ich – leider – in beiden Büchern kaum Referenzen finde. Denn die archäomythologischen Ableitungen sind eher aus den Zeichen an den Fundstücken selbst vorgenommen worden – ohne einen theoretischen Hintergrund zu verwenden. Dies wird auch von der Autorin als Methode angesehen. Insofern handelt es sich (für mich) um einen vorwiegend empirischen Zugang zu diesem “verschüttete[n] Symbolsystem der westlichen Zivilisation”, wie ein Untertitel heisst. Mythenforscher und Neugierige aus den Gender Studies werden also die üblichen theoretischen inputs etwas vermissen, obwohl diese im Hintergrund präsent sind, wie aus den Literaturangaben in den Büchern hervorgeht. Als Leser (!) bemängle ich die Parteiergreifung etwas :wink: Ich spürte schon den Gegensatz gutes, matrifokales Alteuropa / böse, androkratische Indoeuropäer aus den Zeilen, wenn er auch in den Kapiteln immer wieder nivelliert wird. Dennoch handelt es sich um seriöse Forschungsarbeit, die ich jeder und jedem zu lesen sehr ans Herz lege. Zu Riana Eisler gibt die Sprache der Göttin einen Hinweis (Begriff Gylanie). Liebe Grüße, Geb – Überblick: Mueller, M. & Wilhelmi, B. (2003). [Art.] “Göttin”. In F. Haug (Hrsg.), Historisch-kritisches Wörterbuch des Feminismus (Bd. 1, Sp. 535-540). Hamburg. Genanntes (in Kurzform): Bachofen, J. J. (1975). Das Mutterrecht. Eine Auswahl, herausgegeben von H.-J. Heinrichs. Frankfurt a. M. Eisler, Ri. (1987). The Chalice and the Blade. San Francisco. Gimbutas, M. (1996). Die Sprache der Göttin. Frankfurt a. M. Gimbutas, M. (1994). Das Ende Alteuropas. Innsbruck. Haarmann, H. (2003). Geschichte der Sintflut. München. Leroi-Gourhan, A. (1967). Treasures of Prehistoric Art. New York.