Kann Ton sich nach dem Brennen noch verformen?

Hallo, ich habe im letzten Jahr beim graben eines Fundamentes zusammengeschmolzene Tonscherben gefunden. Es handelte sich offensichtlich um mehrere Gefäße die zusammen geschmolzen sind. Nach Auskunft eines Töpfers können diese Scherben nicht beim Produktionsprozess zusammen geschmolzen sein weil sie schon bemalt und glasiert waren.
Ist es also möglich das diese Scherben mal ein Gefäß oder mehrere waren, welche durch Hitzeeinwirkung später geschmolzen sind? Dazu muss ich erwähnen das in meinem Ort im 18 Jh. ein Großbrand über die Hälfte des Gebäudebestandes vernichtet hat.
Ergänzung: Ich habe heute im Aushub noch ein Paar schöne Stücke gefunden, der Rest sind wirklich alles nur kleine Scherben. Man sieht deutlich wie die Keramik zusammengeschmolzen ist.

Moin,

wenn ich mir deine Fotos anschaue, sieht es für mich nicht danach aus, dass sich die Keramik selber verformt hat. Es sieht eher so aus, als ob die Glasur geschmolzen ist und für eine Verbindung gesorgt hat.

Moin,

da schließe ich mich weitestgehend RandomHH an.

Eine nachträgliche Vorformung durch Hitze schließe ich ebenso aus, wie das nachträgliche Schmelzen der Glasur. Es sieht auch nicht nach einem “Fehlbrand” beim Töpfer aus.

Der Töpfer hätte dazu aber mehr zu sagen können, als wir.

Die Scherben sind (kalt) gebrochen (Unfall / Ausschuss) und lagen (entsorgt) zusammen.

Denkbar wäre eine Entsorgung beim Töpfer und sind durch ebenfalls entsorgte Glasur zusammengeklebt /-gebacken (nicht gebrannt).

Gruß

Jürgen

Wenn nur die Glasur zusammengeklebt wäre, warum sind die Stücke in sich verformt und teilweise ineinander verschlungen. Ich dachte erst auch an eine Fehlproduktion aber das wollte mir der Töpfer nicht bestätigen. Die Stücke werden erst geformt, dann gebrannt, dann bemalt, noch einmal kurz gebrannt, dann glasiert und zum Schluss noch einmal gebrannt. Beim letzten brennen kann sich nach Aussage des Handwerkers nix mehr verformen. Ob sich aber das Ausgangsproduckt durch Hitze wieder verformen kann und bei welcher Temperatur, konnte er mir nicht sagen.

Moin,

das ist schön, dass der Töpfer meine Vermutung “kein Fehlbrand” bestätigt.

Eine Verformung kann ich aufgrund der Fotos und Unkenntnis der Zielform nicht ausmachen.

Ein Großbrand müsste optimale Bedingungen haben, um an die Wärme von einem Brennofen zu kommen.

Wissen tue ich es nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass gebrannte Keramik sich durch ein normales Feuer / Großbrand verformt.

Gruß

Jürgen

@ StoneMan

Jürgen schrieb:
Eine Verformung kann ich aufgrund der Fotos und Unkenntnis der Zielform nicht ausmachen.

Hallo Jürgen,

eine Verformung ist auf den Bildern durchaus deutlich zu sehen ! Natürlich weiß man bei Künstlern nie was sich da im Oberstübchen abspielt ! :sunglasses:

Jürgen schrieb:
Wissen tue ich es nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass gebrannte Keramik sich durch ein normales Feuer / Großbrand verformt.

Ich selbst bin nun ein ausgewiesener Spezialist in Sachen Keramik. Allerdings nur was das Trinken aus einem Bierkrug anbelangt ! :grin:

Ich habe mich mal in Fachforen umgesehen und danach ist es tatsächlich möglich, dass sich die Ware sowohl beim Rohbrand wie beim Glasurbrand verziehen kann. Wahrscheinlich geschah das nicht bei dem Großbrand, sondern waren wahrscheinlich vergrabene Fehlbrände.

So wie ich an der Farbe sehe, scheint es sich bei dem "verformten Gefäß" um hellen Steinzeugton zu handeln. Der ist besonders anfällig, um sich bei dem Glasurbrand zu erweichen und zu verformen.

Alles in allem scheinen hier Temperaturfehler beim Roh - und Glasurbrand, entsprechend des Tonmaterials vorzuliegen. Wahrscheinlich ist die Ware im Brennofen dann noch gegeneinander gefallen und umgekippt.

Hier mal Links mit Zitaten daraus:

https://www.kalkspatz.de/forum3/viewtopic.php?t=1116

_Also beim Schrühbrand noch nicht zu sehr wie beim Glasurbrand. _

https://www.kalkspatz.de/forum3/viewtopic.php?t=201

Ob die Masse sich noch weiter verzieht hängt weitgehend davon ab,

a) wie groß der Temperaturunterschied der beiden Brände ist

b) wie dichhttps://www.keramikbedarf.ch/michel/service/toepfern_anleitung.aspt am Sinterpunkt sie gebrannt wird.

https://www.keramikbedarf.ch/michel/service/toepfern_anleitung.asp

Steinzeugton

_Da der Ton beim Glasurbrand weich wird, sollten die Objekte immer direkt auf den behandelten Einsetzplatten platziert werden. _

Gruß

Kurti

Und da hab ich noch einen Link gefunden:

Der Glasurbrand für Steinzeugton erfolgt bei 1100–1300 °C. Die Ritzhärte des Scherbens ist hoch und der Bruch muschelig. Obwohl Steinzeugton im Glasurbrand weniger anfällig für Verzug ist als Porzellan, können sich die Objekte verformen. Es ist z. B. nicht möglich Steinzeug auf Spitzen zu brennen, da es im Brand erweicht. Sowohl Steinzeugton als auch Porzellan verfügen über ein sogenanntes Gedächtnis des Tones. Verformungen, die in lederhartem Zustand passiert sind und behoben wurden, kommen im Glasurbrand wieder zum Vorschein.

Moin Kurti,

dass sich Keramik sowohl beim Rohbrand wie beim Glasurbrand verziehen kann, ist mir bewusst (eigene Erfahrung). Jedoch haben der Töpfer, als auch davon unabhängig ich, Fehlbrand ausgeschlossen.

Ob sich tatsächlich jede Art gebrannter Ton sekundär noch einmal durch die Wärme eines Großbrandes verformen kann, davon bin ich noch nicht überzeugt.

@ Interrogata, hat der Töpfer die Keramik in Augenschein nehmen können oder nur Fotos gesehen?

@ Kurti, was hast Du für Röntgenaugen, dass Du Verformung bestimmen kannst und ich nicht …^^ das macht mich stutzig.

Gruß

Jürgen

@ StoneMan

Interrogata schrieb:
Nach Auskunft eines Töpfers können diese Scherben nicht beim Produktionsprozess zusammen geschmolzen sein weil sie schon bemalt und glasiert waren.
Hallo Jürgen,

warum sollte die Töpferware bei schlechter Aufstellung im Ofen nicht einknicken und umfallen. Wie aus den Links hervorgeht wird insbesondere Steinzeugton bei dem Glasurbrand weich. Wenn die Glasur noch nicht ausgehärtet ist, dann können doch die Knickbrüche dafür sorgen, dass die Stücke ineinander fallen und mit der Glasur zusammenschmelzen. Wenn der Brand fertig ist, dann ist Tonmasse und Glasur ausgehärtet und ich erhalte ein Resultat wie auf den Bildern sichtbar. Das hinterher das Material weiter zerbrochen wurde kann noch hinzukommen.
Beim vorletzten Bild scheint mir ein Fuß “engebogen” zu sein und im übrigen auch die abgeknickte Bruchstelle des Gefäßes eingebogen zu sein.
Wie dem auch sei, der Aussage des Töpfers kann ich nicht folgen, denn das Malheur kann vor der Aushärtung der Glasur passiert sein.

Jürgen schrieb
Jedoch haben der Töpfer, als auch davon unabhängig ich, Fehlbrand ausgeschlossen.

Wie gesagt, ich bin kein Kannebäcker, aber die Links von mir wurden zumindest zum Teil nicht von Hobbytöpfern geschrieben. Insbesondere die letzten zwei.
Ich habe mir für den weiteren Disput vorsichtshalber einen Helm aufgesetzt ! Man weiß ja nie, ob einem eine solche Scherbe auf den Kopf fällt. :grin:

Gruß
Kurti

Moin Kurti,

kurti schrieb:

_ @ _StoneMan


warum sollte die Töpferware bei schlechter Aufstellung im Ofen nicht einknicken und umfallen.

diese Tatsache, dass das passieren könnte , hat doch niemand dementiert.

Nur geben die Fotos das für mich nicht her und der Töpfer war derselben Meinung.

Ich habe mir noch einmal alle Fotos angesehen und kann nicht eindeutig bestimmen was da passiert ist.
Was sein kann, dass ein Teil von einem sogenannten “Grapen” ist. An diesem könnten die Füße Schaden genommen haben. Somit würde ich nun einen Fehlbrand doch nicht mehr ausschließen wollen, die Bilder geben das aber nicht her.

Damit die Frage nicht untergeht.

@ Interrogata, hat der Töpfer die Keramik in Augenschein nehmen können oder nur Fotos gesehen?

Gruß

Jürgen

@ StoneMan

Hallo Jürgen,

keine Angst, ich wiederhole die Frage an Interrogata im Anschluß ! :angel:

Hier wird ein ähnlicher Fall beschrieben, bei dem die Ware auseinanderbricht und Teile zusammenkleben. Es ist also genau das passiert, was ich beschrieben habe. Die Glasur war noch klebrig, die Teile klebten aneinander und erst dann wurde die Glasur hart.

Je nach schwere des Brennfehlers muss es ja nicht so arg sein wie anschließend beschrieben. Es genügt ja schon wenn Scherben in ein anderes Gefäß fliegen und dieses beschädigen und dann kleben bleiben.

https://www.kalkspatz.de/forum3/viewtopic.php?t=5066

Fragesteller:

Folgendes ist passiert. Ich habe die Ware nach dem Schrühbrand glasiert und wie immer bei 1050, wie die Glasur angegeben , gebrannt laut Angaben des Ofens.

Auch gewartet, bis die Entnahme möglich war, und alles bis auf einem Topf, war zerdeppert.

Welche Ursachen können dafür möglich sein.

Ich habe auf 2 Etage gebrannt, unten flache Teile ,darüber auf der Platte die hohen Teile.

Die Absprengungen lagen sogar auf der unteren Platte.

Die Ware ist nicht festgebacken auf der Scheibe, sondern sehr ordentlich verteilt. "_ Einige Stücke sind zusammengeklebt." _

Eine der Antworten:

Die Beschreibung ist eigentlich eindeutig. So einen Schaden bekommt man nur durch eine Dampfexplosion. Wenn nur einige Stücke zerlegen, werden die anderen durch fliegende Brocken häufig ebenfalls zerstört.

@ Interrogata

Frage: “Hat der Töpfer die Keramik in Augenschein nehmen können oder nur Fotos gesehen”?

Gruß
Kurti

Ein Hallo an alle die mir hier helfen wollen und schon einmal ein Dankeschön für die Tipps.

Die Bilder sind wahrscheinlich nicht so toll geworden aber ich versuche es die Tage noch einmal bei besserer Beleuchtung und neutralem Hintergrund.

@StoneMan: Der Töpfer hatte andere Fotos. Sie waren von einem Brocken (ca.25cm) bei dem mehrere Schüsseln, Töpfe und eine Kanne ineinander zusammengeschmolzen zu einen Klumpen zu sehen waren. 
Er sagte mir dann am Telefon so ungefähr, das er nicht an einen Fehlbrand glaube weil die Stücken bereits bemalt und glasiert waren und man an den Bruckkanten sehen kann das unterschiedliche Temperaturen auf ein und das selbe Stück eingewirkt haben. ( Die Kanten sind von Braun zu Antrazit bis fast schwarz gewesen. Das sieht man übrigens tw. auch an den Stücken die hier auf den Bildern sind.) Er meinte das entweder jemand versucht hat alles in einem Brand zu erledigen - was er dann wieder selbst als Unsinn verwarf - oder später etwas mit den fertigen Gefäßen passiert sein muss. Ob man die fertigen Gefäße später durch hohe Hitze einschmelzen könnte wusste er nicht. Er brachte nur noch das Beispiel der Glasherstellung. 
Mehr habe ich nicht mehr in der Erinnerung und erreichen kann ich ihn leider auch nicht mehr.

Stimmt es denn das man auf keinen Fall das Brennen in einen Arbeitsgang tätigen kann und das die Keramik sich nach dem ersten Brennen nicht mehr dermaßen verformt?

 

Moin,

Interrogata schrieb:

@StoneMan: Der Töpfer hatte andere Fotos. ::open_mouth:

[…]

Ob man die fertigen Gefäße später durch hohe Hitze einschmelzen könnte wusste er nicht. Er brachte nur noch das Beispiel der Glasherstellung.

sorry, das sind mit anderen Fotos doch dann irrelevante, zumindest irritierende, Informationen.

Glasherstellung hat so gar nichts mit Keramik zu tun.

Glas kann man immer wieder einschmelzen (recyclingfähig), das kann man mit Keramik nicht.

Keramik recycelt man allenfalls als Schotterzugabe für einfache Wirtschaftswege in Wald und Flur.

Gruß

Jürgen

Hallo StoneMan,

“Glas kann man immer wieder einschmelzen (recyclingfähig), das kann man mit Keramik nicht.”

Damit ist die Frage doch beantwortet. Wenn Keramik nach der Fertigstellung nicht mehr durch Hitze oder sonstige Einwirkungen verformt/zusammengeschmolzen werden kann, handelt es sich offensichtlich doch um einen Fehlbrand. Nur seltsam eben das dieTöpfer versucht haben die Gefäße incl. Bemalung und Glasur in einem Arbeitsgang zu brennen. Und das von der Menge her gesehen wohl mehrmals. 
Muss dann wohl ein Ausschusshaufen einer Töpferei gewesen oder hier abgeladen worden sein.

Die Bilder des Fundstückes vom letzten Jahr sind mit meinem Handy untergegangen. Ich kann auch nicht sagen ob der Klumpen wieder in der Grube gelandet ist oder ein Helfer ihn mitgenommen hat. 
Darum habe ich im Aushub nachgeschaut und die kleinen, auf den Bildern zu sehenden Stücke gefunden.
Die Frage hatte ich nur gestellt, weil ich jetzt eine Betonplatte auf diese Stelle gieße und für den Fall das die Stücke etwas mit der Geschichte des Ortes zu tun haben, einige sichern würde. Vielleicht will ja in ein paar Jahren mal jemand ein Museum gründen oder interessiert sich für die Zeit des Brandes. ;+)
Dann wären die Scherben beeindruckende Zeitzeugen. 
Ich werde die Stücke welche auf den Fotos sind trotzdem aufheben und den Fundort vermerken. Falls sich mal was neues ergibt.

Vielen Dank für die Zusammenarbeit und falls ich wieder mal etwas rätselhaftes finde teile ich es euch gerne mit. 

 @ Interrogata

Interrogata schrieb:
Nur seltsam eben das dieTöpfer versucht haben die Gefäße incl. Bemalung und Glasur in einem Arbeitsgang zu brennen. 

Hallo Interrogata,

das ist nicht gesagt, denn das kann man so nicht feststellen. Auch bei einem extra Glasurbrand kann der Ton nochmals anweichen.

Interrogata schrieb:
 …handelt es sich offensichtlich doch um einen Fehlbrand. 

Eigentlich kannst du das alles aus den Links ( auf den Seiten steht ja noch mehr als meine Zitate ) entnehmen.

Dort ist zu lesen, dass nach dem  Rohbrand sich der Ton (insbesondere Steinzeugton) beim Glasurbrand nochmals erweichen kann, dann könnte man folgendes aus den Stücken schließen.

Die Ware ist im Ofen auseinandergerissen worden ( siehe vermutete Dampfexplosion) Die Glasur war noch nicht hart und die Stücke sind aneinandergeklebt worden. Aufgerissene Stücke haben sich, da der Ton angeweicht war dann verformt. Da der Ofen weiter brennt ist die zerstörte Ware erhärtet. Einige Brüche könnten auch noch bei der Entsorgung absichtlich entstanden sein. Je nach dem, wo die Scherben entsorgt wurden, könnten die Verfärbungen der Bruchkanten beim Hausbrand durch chemische Prozesse entstanden sein.

Zu bedenken ist auch, dass der damalige Töpfer keinen modernen Brennofen hatte.

Sicher haben sich die dünnen Teller, bei oben geschildertem Malheur, anders verhalten wie dickwandige Gefäße. Insbesondere bei angeweichtem Ton und dem Verbiegen abgerissener Stücke.

Ich habe oben in zwei Beiträgen Links angegeben und was ich eben erläutert habe ist eine logische Schlussfolgerung aus den dortigen Schilderungen.

Interrogata_ schrieb:_Stimmt es denn das man auf keinen Fall das Brennen in einen Arbeitsgang tätigen kann und das die Keramik sich nach dem ersten Brennen nicht mehr dermaßen verformt?

Diese Frage mit Erfahrungsbeispielen wird hier im Forum behandelt.

Das mit dem Glas wirdhier behandelt.

Gruss

Kurti

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Hallo,
Keramik kann sich auch nach dem Brennen bei hohen Temperaturen verformen, als Beispiel fällt mir die Kirche von Garz/Oder ein, da kann man halb zerflossenen Backstein bewundern.
Ich koennte mir aber auch Fehler beim Stapeln der Keramik im Ofen vorstellen, die beim Brand einen Sog verursachen, was zu lokal höheren Temperaturen führt. Aber: in beiden Fällen sollte dabei die Glasur Schäden zeigen oder über einen Bruch geflossen sein. Aber auch da gibt es Ausnahmen.
Am besten mit anderer lokaler Keramik vergleichen oder mit jmd. reden wegen der Besonderheiten. 
Hoffe es hilft weite
Uwe

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Hallo Uwe,
damit hast du meine eingangs gestellte Frage sogar mit einem Beispiel (Kirche Garz/Oder) beantwortet. Vielen Dank dafür. Kannst du mir sagen ob es Bilder der “zerflossenen Backsteine” im Net gibt? 

Nun sind die Scherben, bis auf wenige Ausnahmen, wieder für die nächsten Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte begraben.  
Aber ich habe mir die Zeit genommen und noch einmal vorsichtig gebuddelt. Und siehe da, es kam noch ein Puzzle zu Tage.
Diese Ofenkachel ( die Glasur ist Spiegelartig angelaufen ) ist von außen mit einer Scherbe verklebt und würde m.E. für die Theorie der  Dampfexplosion von “Kurti” sprechen. Nur glaube ich nicht das man feines Kochgeschirr wie Stielgrapen mit Ofenkacheln zusammen brennt, ODER? 
Auch sieht man an den Bruchkannten der Ofenkachel das die Glasur teilweise in den Bruch geflossen ist. Das würde sicherlich nach der Dampfexplosion mit sofortiger Abkühlung nicht mehr passieren. 

Also doch ein Brand mit dem nachfolgenden Zusammensturz des Ganzen???

Kann man anhand der Ofenkachel vielleicht ein ungefähres Zeitfenster bestimmen?
( Das wäre wahrscheinlich ein neues Thema.)

Interrogata

Interrogata schrieb:
Auch sieht man an den Bruchkannten der Ofenkachel das die Glasur teilweise in den Bruch geflossen ist. Das würde sicherlich nach der Dampfexplosion mit sofortiger Abkühlung nicht mehr passieren. 

Wer sagt denn, dass nach der Dampfexplosion der Ofen sofort wieder abkühlt ? Die Hitze kann ohnehin zu hoch gewesen sein und dann schmilzt es erst mal weiter.
Es muß aber erst gar keine Explosion stattfinden. Schmelzen kann das Stück einerseits durch falsche Schlickung und anderseits zerbrechen und zusammenschmelzen durch zu hohe Brenntemperaturen. Wie die Stücke reagieren hängt immer auch vom Ton und der Glasur ab.

Zu hoch gebrannt bei Kegel 9

https://lh3.googleusercontent.com/proxy/OXPKuHM2dh4PRdDlhcqejz886paluSgQNF7THiO7RNQtNDhVA9E8If7l52AFyFlhEeyXwWwtmHHTLfDKyltX2-QwPUTXxn_A70WZH_Y

Nur einzelne Stücke geschmolzen. Schuld war wohl die Schlickauftragung !

ZITAT:

Ich habe heute Morgen nach meinem Glasurbrand gestern meinen Ofen geöffnet und festgestellt, dass einige Stücke geschmolzen sind … sie sind nicht explodiert, sie haben sich nicht verzogen oder geblasen, sie sind tatsächlich geschmolzen. … 

… aber ich fügte etwas normalen Schlicker hinzu, 

ENDE

Ebenfalls zu hoch gebrannt . Zerbrochen und zusammengeschmolzen !

Letzteres ähnelt deinen Stücken schon sehr.

Interrogata schrieb:
Also doch ein Brand mit dem nachfolgenden Zusammensturz des Ganzen???

Meinst Du jetzt mit “Brand” den Hausbrand ?
Wenn ja, dann treten dort in der Regel keine höheren Temperaturen wie bei einem normalen Glasurbrand auf.

Bei den obigen Beispielen muß man bedenken, dass es sich um einen fortlaufenden Brennvorgang mit weit überhöhter Temperatur handelte.
Glasieren kann ich aber ein “fertiges” Stück  ( um die 1260° C und höher ) mehrmals und da passiert nichts.

https://www.kalkspatz.de/forum3/viewtopic.php?t=3412

Sicher verhält sich eine fertige Ware nach Abkühlung anders und fängt nicht wieder an zu schmelzen. Bei üblichen Hausbränden ( 1000 bis höchstens 1400 ° C ) also sicherlich auch nicht. Nach dem Brand des Dachstuhls und herausgesprengten Fenstern handelt es sich um ein “offenes” Feuer im Gegenteil zu einem Brennofen.

Ich hatte nach dem Krieg das Vergnügen in ausgebombten und ausgebrannten Häusern zu spielen. Dabei habe ich verbogene Glasvasen gesehen, aber weder deformiertes Porzellan noch Küchengeschirr. Spannungssprünge durch Hitze stehen dabei auf einem anderen Blatt.
Letzteres haben wir oft aus verkohlten Schrankresten gesammelt, denn das fehlte häufig in den Haushalten und wir bekamen dafür Möhren und Obst aus dem Schrebergarten.

Frag doch mal  einen Brandmeister von der Feuerwehr ! 

Gruß
Kurti

Hallo Interrogata,
bei den Kacheln könnte es sich um barocke Stücke handeln, dunkle, fast schwarze Glasur und ovale ‘Medaillons’ auf dem Rahmen.
Die Kirche von Gartz/Uckermark (sorry Schreibfehler beim ersten Mal) findet sich zwar mit Bildern im Netz, die gemeinten Schadstellen aber nicht. Ein weiteres Beispiel von sehr hohen Temperaturen bei einem Gebäudebrand hatte ich bei einer Grabung auf dem Alten Markt in Dresden. Bei einer spätgotischen Kelleranlage waren die Oberflächen der Sandsteine teilweise verglast bzw. zähflüssig geworden. Aber auch dazu habe ich keine Bilder im Netz gefunden.
Auf der Ausstellung 25 Jahre Archäologie in Deutschland Anfang der 2000er Jahre in Berlin, wurde kistenweise Keramik gezeigt, die beim Brand des Museums (2.WK) sekundär gebrannt, verfärbt und/oder durch die Glasur verbacken worden war. Aber auch dazu konnte ich keine Fotos finden. Ansonsten würde ich Kurti zustimmen, dass ich solche Stücke aus dem Schutt zerbombter Häuser aus der Innenstadt Berlins nicht kenne und entsprechend auf einen oder mehrere Fehlbrände tippen würde.

Meine These ist aber, dass durch besondere Umstände bei 2-Schalen Mauerwerk eine Kaminwirkung entstehen kann, die zu sehr hohen Temperaturen führt. So hoch, dass auf den vermauerten Steinen eine Art Asche-Anflugglasur entstand. Entsprechende Funde habe ich häufiger in mittelalterlichem Kontext gemacht, ähnliche Steine sollen aber auch in römischen Villen gefunden worden sein. Und ja, ich kenne Steine aus Glasöfen, die sehen aber völlig anders aus, weil das Glas mehrlagig auf die Steine im Mundloch getropft ist. Wenn es interessiert, kann ich ein Foto eines solchen Steines schicken.

Die Frage nach dem Recycling von Keramik hätte wohl eine eigene Diskussion verdient. Spielsteine aus Keramikscherben sollten bekannt sein, die Beimengung von gemahlener Keramik zur Masse von Gusstiegeln oder Schamottsteinen habe ich immer als gegeben vorausgesetzt. Es gibt Beispiele für die Benutzung von großen Wandungsscherben als Pfanne oder sogar als Mordwaffe.
Und Ritzspuren oder Rillenbündel an Backsteinen in stehenden Kirchen sind als Überreste der Gewinnung von Arznei für die Volksheilkunde gedeutet worden (wäre das schon Recycling?). 
viel Spaß 
Uwe

PS. Nach langen Jahren der Abstinenz bzw. des Nur-Mitlesens habe ich jetzt wieder mehr Zeit. Bin Archäologe, 30 Jahre Grabungspraxis, mit u.A. viel Interesse an Keramik.

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@ Schotte

Hallo Schotte,

erstmal herzlich willkommen in der Runde.

Schotte schrieb:
Anfang der 2000er Jahre in Berlin, wurde kistenweise Keramik gezeigt, die beim Brand des Museums (2.WK) sekundär gebrannt, verfärbt und/oder durch die Glasur verbacken worden war.

Verfärbung usw. ist durch chemische und strukturelle Prozesse bei Hitzeeinwirkung, insbesondere bei alten Einfärbungen, durchaus gegeben. Sicher könnte es auch alte Glasuren geben, die resultierend aus ihren Zutaten bei großer Hitze nochmals anteigen !?
Wie du ja selbst sagst, ist bei den hier gezeigten Stücken das ganze Gefäßteil deformiert, ergo auch der Ton geweicht worden. Wie das auch auf meinem letzten Bild-link zu sehen ist.

Wie du, so würde ich auch “Fehlbrände” annehmen. Zumal die Stücke wohl nicht in einem modernen Ofen gebrannt worden sind.

Schotte schrieb:
Bei einer spätgotischen Kelleranlage waren die Oberflächen der Sandsteine teilweise verglast bzw. zähflüssig geworden.

_ _

Auch hier muß man erst mal anmerken, dass Sandstein nicht gleich Sandstein ist. Reines Quarz hat zwar einen Schmelzpunkt von über 1700 °C, ( bei der Glasherstellung werden deshalb Flussmittel zugefügt ) aber beim Erhitzen von Quarzgestein gibt es Zwischenstufen die eine “Verglasung” und "Verfluß "ergeben.

Dazu darf man nicht vergessen, das Sandstein durchaus andere Bestandteile aufweisen kann als nur Quarz und bei der Verarbeitung ist noch an Mörtel ( im Keller auch an Wassereinsickerungen mit Salzen) zu denken, woraus z.Bsp. ein Flussmittel entstehen könnte.

Pyrometamorphose

ZITAT:

Eine Pyrometamorphose tritt auf bei sehr hohen Temperaturen (800 - > 1000 o C) sowie niedrigen Drücken (< 2kb) und resultiert typisch in der Bildung von verbrannten (engl.: burnt) und geschmolzenen / verglasten Gesteinen, welche als Buchit…

Beispiel: Buchit, ein verglaster Sandstein. Buchite… sind pyrometamorph gebildete Gesteinsgläser die beim Kontakt einer basaltischen Schmelze hoher Temperatur mit Sandstein entstehen.ENDE

**Kristalle an Oberfläche **

https://oekologischerlandbau.julius-kuehn.de/quarzsand.html
ZITAT

Oberhalb von 870 ºC geht Quarz in Tridymit (2,32 g/cm3), bei 1470 ºC in Cristobalit (2,2 g/cm3) über; Schmelzpunkt bei 1710 ºC. Quarz ist nach den Feldspäten das am weitesten verbreitete gesteinsbildende Mineral…ENDE

Cristobalite

Zähflüssige Magma wie auch Lava werden bezüglich ihrer Temperatur auch oft überschätzt, denn die ist auch nur um 750° - 1200 °C heiß. Das reicht aus, um Sandstein zu verglasen.

Genauso werden aber auch die Temperaturen bei einem Brand meistens überschätz.

Buchit Steinbruch Bremelchen

Buchit aus Kassel

Übrigens hat ein Rotenburger Kreisarchäologees wissen wollen und einen Versuch gestartet !

Leider hat er aber in der Eile vergessen die glasierte Keramik aufzustellen ! :grin:

Schotte schrieb:
Und ja, ich kenne Steine aus Glasöfen, die sehen aber völlig anders aus, weil das Glas mehrlagig auf die Steine im Mundloch getropft ist. Wenn es interessiert, kann ich ein Foto eines solchen Steines schicken.

Ich wohne im Glashüttenviertel des Bayerischen-Waldes und kenne das auch ! :wink:

Beste Grüße
Kurti