Manufakturen - eine Erfindung der Antike?

Wir, also meine Gattin u ich, sind begeisterte Archäologielaien u verfolgen gebannt den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt. Nun haben wir in einer der unzähligen Archäologiedokus über die technischen Errungenschaften der Römer gesehen, dass diese bereits Herstellungsverfahren einsetzten, die man heute als Manufaktur bezeichnet. Sie hatten für die Erzeugung vieler Güter spezielle Gebäude, in denen spezialisierte Gruppen von Arbeitern arbeitsteilig in der Produktion zusammenarbeiteten, wobei jede Station jeweils einen Arbeitsschritt der Herstellung übernahm. Nun meine Fragen dazu: Wie sieht die heutige Lehrmeinung zur Entwicklung der Manufaktur aus? Wo und wann wurde sie vermutlich erfunden und wo befinden sich die derzeit bekannten ältesten Spuren einer Manufaktur?

Hallo Backart, zu Anfang wünsche ich Ihnen und Ihrer Gattin im Reich der Hobbyarchäologen willkommen. Die Manufaktur ist keine Endwicklung der Neuzeit und auch keine, das mit der Töpferscheibe begann. Waffen wurden bereits in Serienproduktionen hergestellt, zu sehen an der Ebstorfer Weltkarte, das weit älter ist, wie es zur Zeit angenommen wird. Es muss in der Vergangenheit viele Manufakturen zur Herstellung von Waren gegeben haben. Münzen, Schmuck, Keramiken, Dachziegel, Steine zum Bau von Häuser, Boote, Amphoren.… Ein Manufaktur kann man als Darstellung an der Ebstorfer Weltkarte am rechten Rand sehen, wie ein Person Glas bläst, wehrend zwei Andere mit geöffneten Hände auf ihre Aufgabe warten. Heute noch ist das Glasblasen eine Teamarbeit. Das diese Schritte zu höheren Qualität führt, muss man bereits sehr früh erkannt haben. MfG ARFINDA1

Ich bin mir absolut sicher, dass es wesentlich tiefergehende Analysen zu dem Thema gibt, als das was ARFINDA1 geschrieben hat. Dass er seine Antworten aus der Ebstorfer Weltkarte ableitet hat nichts mit wissenschaftlicher Archäologie zu tun, sondern ist bestenfalls eine von mehreren sehr spekulativen Theorien. Konkrete Beispiele die ich aus der Römerzeit kenne sind die Sigillata-Manufakturen. Z.B. Pfaffenhofen-Westerndorf bei Rosenheim am Inn. Außerdem haben Grabungen im keltischen Oppidum in Manching systematische Handwerkerviertel (Gerbereien, Eisenverarbeitung) zu Tage gefördert. Ich würde mich also lieber nach etwas Literatur zu Ausgrabungen umschauen. Z.B.: http://klass-archaeologie.univie.ac.at/index.php?id=18034 Zu Entstehung und Entwicklung der Manufakturen geht weiß ich auch nichts. Man müßte die Handwerksgeschichte der alten Völker zwischen Steinzeit (Göbekli Tepe) über die Ägypter bis zu den Römern heraussuchen. Oder gar noch früher anfangen. – hns

Ich denke schon, dass die römische Terra Sigilata und Terra Nigra-Produktion als Manufaktur angesehen werden kann. An sich heißt ja Manufaktur erst einmal nur, dass dort etwas per Hand hergestellt wird. Dies kann ja durchaus auch eine Massenproduktion sein. Lothar Ledderose hat dies für den chinesischen Raum erforscht: Ten Thousand Things : Module and Mass Production in Chinese Art. Dort findet sich eine Massenproduktion mindestens seit der Tang-Zeit, also dem 8. Jh. Bedenkt man aber z.B. römische Schwerter oder andere Waffen, so sind die zwar in Hand hergestellt, aber doch durchaus eine Massenproduktion. Wann und wo die erste Manufaktur stand, kann man heute sicher nur noch unschwer klären. Es ist eine Frage der Definition. Wenn einige moderne Autoren schon Kapitalismus in der Antike vorfinden, könnte ich auch paläolithische Klingenherstellung als Manufaktur gelten lassen.

Hallo, wenn Sie sich den Teller aus dem Treat “Ein rätselhafter Teller” genauer ansehen, würden Sie die Arbeit aus einer geübten Hand erkennen. Diesem Teller zeigt eine Massenproduktion, denn eine Korrektur würde man sehen. Diesen Teller schätze ich auf mehrere Tausend Jahre, somit älter als die Chinesische Keramiken. Sollte jemand sich in die Stadt Kütahya verirren, wird sehen, dass Massenproduktion auch in Handarbeit hergestellt wird. Unweit der Familienbetriebe gibt es in dieser Stadt auch Fabriken. Die bunten Karaffen oder Wandteller in Souvenirläden sind Handmade, das zum Spottpreis verkauft werden. Ich denke Backsteine oder Dachziegel sind durch Manufaktur schneller herzustellen als Teller oder Urnen. Nicht zu vergessen; die “Sterntaler” der Kelten waren exakt gleich schwer und wurden in Serien hergestellt. MfG ARFINDA1

Das mag schon sein. Aber mein Beitrag zu China ist auch keineswegs als zeitlich ältester Beleg zu sehen, sondern lediglich darin, dass ich dafür ein Literaturzitat geben konnte. Zu der Terra Sigilata wird es sicher auch Literatur geben. Wie sieht es denn mit deinem Befund aus?

Ich denke, das läßt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Die Definition der Manufaktur basiert ja eigentlich auf der Arbeitsteilung (Aufgliederung) oder -zusammenlegung zur Vereinfachung des Gesamtprozesses und Erhöhung der Produktivität. Letztendlich kann man auch die Werkstätten, die zur Errichtung und dem Ausbau der ägyptischen Großgrabstätten angelegt wurden als Manufakturen bezeichnen, da hier sämtliche notwendigen Gewerke zusammengefaßt und ineinandergreifend arbeiteten. Auf spätneolithischen und frühbronzezeitlichen Siedlungsplätzen hat man separate Bereiche gefunden, an denen die Steinbearbeitung in großem Stile stattfand. Dies wurde anhand der Verteilung der Kleinstsilexfragmente festgemacht. (es kann natürlich auch sein, daß diese Bereiche bewußt separiert wurden, um die Verletzungsgefahr an den Füßen sowohl der Siedlungsbewohner als auch des Viehs zu verringern…wer schon mal Silex bearbeitet hat, weiß sicherlich wie schnell dann auch mal Blut fließt =:-O) Bekannt ist auch der Fakt, daß Silex oder Hornstein schon am “Steinbruch” / Bergwerk zu Halbfabrikaten verarbeitet wurde um das zu transportierende Volumen zu verringern, aber sicher auch um einen höheren Tauschwert zu erzielen. Dies bedurfte auch wieder einer Zusammenfassung verschiedener “Berufsgruppen” unter einem Quasidach. Ich denke, der zeitlichen Ansätze gibt es zu viele, als daß man einen genauen Punkt definieren kann. Gruß Irminfried

Manufaktur muss eine Methode der Notwendigkeit sein, denn bis man z.B. Keramik brennen kann muss sie trocknen. Um diese Zeit zu Überbrücken kann man sicher Hunderte Teller oder Karaffen formen, um auch die Zeit des Brennen und Abkühlen nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Troja wurde von 1200 Schiffen belagert. Wenn eine Armada in See sticht, können die Schiffe nicht alle Individuell sein. Sie müssen alle die gleiche Eigenschaften haben. Allein solch eine Anzahl von Schiffen in einer bestimmten Zeit zu bauen, muss eine Serienproduktion angewendet werden. Mit Schablonen die Einzelteile zu Recht zu Sägen oder zu Hobeln. Die Nägel aus Metall sind sicher in Serien hergestellt worden. Die Waffen, Rüstung oder Paddel für alle Soldaten. Das die Chinesen die Keramik revolutioniert haben sollen halte ich für einen Mythos. Ich vergleiche sie mit dem Japaner und ihre Liebe zum Kopieren von Techniken und diese zu Verbessern. Die Chinesen haben die Keramiken über die Seidenstraße erhalten und diese dann kopiert. Wenn das Lehm in China bessere Eigenschaft hatte, wie der des Original-Importware war es Frage der Zeit, bis sie das Dreh zur Herstellung erfahren hatten. Das größte Gewinn ist die Zeitersparnis und nicht die Qualität, denn, wenn der erste Mist war, wird auch das letzte dies sein. MfG ARFINDA1