Ofenkachel Inschrift

Hallo Miteinander,
ich hätte nach längerer Zeit auch einmal wieder eine Fachfrage. Evtl. kennt sich ja jemand mit Inschriften aus.
Bei meinem letzten Besuch auf der Burgruine Liebenstein in der Oberpfalz zeigte mir ein Mitglied des örtlichen Burgvereins ein schönes Fundstück. Offensichtlich ein Stück einer glasierten Ofenkachel. Die Ausgrabungsarbeiten an der Burg wurden in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt hervorragend durchgeführt. Es gibt aber anscheinend immer noch sehr viel ungesichtetes Material. Dazu gehört eben auch die Ofenkachel. Sie zeigt den Unterteil einer Figur in wallendem Gewand. Rechts unten neben dem nackten Fuß befinden sich einige Zeichen. Ist das griechisch? Kann das jemand deuten?

Schwierig! Unter den üblichen Verdächtigen finde ich so schnell nichts Vergleichbares.

Es gab im Internet mal eine eine wirklich gute Seite, auf der sämtliche Schriftsysteme (inklusive ihrer historischen Entwicklung) präsentiert wurden. Ich kann sie leider nicht mehr finden. :frowning:

Aber was mir aber gerade einfällt, sind alchemistische Symbole. (von links nach rechts):
 
Retorte / Geist / Tiegel

Das ist angesichts der Geschichte der Burg vielleicht gar nicht so abwegig. Siehe hier unter „Archäologische Funde“:

_ Nachtrag: _ Ein Kreuz in T-Form wird dem christlich ägyptischen Mönch Antonius der Große zugeordnet. Was dann aber die beiden ersten Zeichen darstellen könnten…?

Zur Kachel vielleicht kurz die Infos, die ich von einem Ofenkachel-Experten bekommen habe:
Es handelt sich um eine Kranzkachel mit Judith.

Wie es sich mit dem Symbolen/Buchstaben/Zeichen verhält, schließt er zumindest griechisch aus.

Wenn noch was Neues kommt, mach ich hier ein Update

Hi Reeholz…

Die Judith trifft es auf den Punkt!

Die Schnörkel vor dem T sind das “d” und “I” …

Hier ein fast identisches Stück…

https://st.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=2156

@B.W.  schönes Stück aus dem späten 16. Jhdt. !

Gruß

Irminfried

Hallo @Irminfried,

das wollte mir der Spezialist meines Vertrauens wohl in seiner ersten Mail auch sagen, bin aber nicht darauf gekommen. Sind aber auch extrem verschnörkelt das d und das i. ?

…ist schon interessant, wie die Öfen und wiederkehrenden Motive kreuz und quer durch die Lande verteilt sind.

Das Kachelfragment von B.W. sieht etwas besser modelliert aus, als die Kachel in dem Link.

Der Schwertknauf links ist besser ausgearbeitet…

Aber die Grundform ist identisch… die Faltungen des Gewandes etc…

Bin aber kein Experte, um sagen zu können, ob das gleiche Model zur Herstellung genutz wurde und die Abweichungen von der Abnutzung herrühren… oder aber ein sehr genauer “Nachahmer” am Werke war…

Obwohl recht modern, finde ich dies schon spannend!!!

Kenne eine gußeiserne Ofenplatte, welche in den 90ern in Kyritz (Brandenburg) ausgegraben wurde.
Ein identisches Stück fand ich dann zufällig in Goslar im Museum hängend…

Die Dingers waren eben nicht nur praktisch, sondern auch immens repräsentativ…

Gruß

Irminfried

Das ist ja toll. Ich bedanke mich ganz herzlich für die umfangreichen Auskünfte. Das gebe ich alles so an die Leute in Liebenstein weiter. Ich bin sicher, dass die begeistert sein werden. Mit schönem Gruß aus der Oberpfalz, Bernhard. 

Moin,

ein Versuch für einen besseren Vergleich - urteolt selber.

Die weißen Rahmen sind in der Größe identisch (Kopie) um die Objekte auf die ~ gleiche Größe zu skalieren.

Gruß

Jürgen

Die Ähnlichkeit ist schon verblüffend. Ich vermute mal einen recht bekannten Holzschnitt oder dergleichen als gemeinsames Vorbild.

Es zeigt sich mal wieder, wieviel man schon gesehen haben muss, um eine Deutung/Zuordnung von Fragmenten vornehmen zu können.

Über das Motiv und die zeitliche Einordnung bin ich dann auch dem Rätsel der verwendeten Schriftzeichen (so halbwegs) auf die Spur gekommen.

Es handelt sich – im Prinzip – wohl um Rundgotisch (Halbgotisch). Eine Schriftart, bei der die Buchstaben kalligrafisch ausgeschmückt sind.

Wobei hier schon (und ohne „I“ und „J“ zu unterscheiden) sehr frei mit der Ausschmückung umgegangen worden ist. Zudem sind Majuskeln und Minuskeln bunt durcheinander verwendet worden. Vom „U“ mal ganz abgesehen.

Ich habe keine Entsprechungen für diese Schreibweise finden können.

Es ist schon sehr merkwürdig, wie im Zeitalter des Buchdrucks mit Schrift umgegangen wurde. Besonders vor dem Hintergrund, dass dies wohl ein Motiv und eine Arbeit für eine religiöse Gemeinschaft war.