Organische Einschlüsse in gebranntem Ton?

Hallo zusammen,

dieses seltsame Stück habe ich gestern im Gebiet einer Neolith-Siedlung aufgelesen, was aber für das Stück sicher irrelevant ist. ich dachte erst, halt wieder ein Stück eines Brennofens - schickt mich irgendwo hin und ich finde garantiert einen :roll_eyes: -, es ist auch fest gebrannt, aber eindeutig Ton/Lehm, hat auch etwas Gewicht, und hat überall diese organischen Einschlüsse. Sie sind mit eingebrannt, also nicht einfach nur äußerlich festgebacken. Die größeren Stroh- oder Grasstückchen, die man außen sehr gut sieht, sind auch weich, wo sie rausstehen. Wie kann es so etwas geben?

Vielen Dank für Eure Ideen!
LG
Inez


Servus,

ich hatte Mal eine Führung in den Pfahlbauten in Uhldingen. Dort wurde gesagt, das zum Bauen der Wände eine Mischung aus Stroh und Lehm genutzt wurde. Vielleicht ist es das?

Gruß Shard

Hallo Shard,

ja, kenne ich, wattle and daub heißt das im Englischen (Time Team lässt mal wieder grüßen :)) - Dung ist da auch immer noch dabei, soweit ich weiß. Aber selbst, wenn es so etwas wäre, und das Haus, das damit verputzt gewesen ist, wäre abgebrannt (sonst wäre der Lehm ja nicht versintert), dann müsste ja vor allem das organische Zeug zuerst verbrannt sein (und mittlerweile auch zersetzt). Dann hätte das Stück ja eine Porung, hat es aber nicht. Erschient mir also zu spektakulär, so viel Glück hab ich nicht. Immer finde ich so seltsame Sachen. Eine schön verzierte vorgeschichtliche Randscherbe wäre mir echt lieber.

Liebe Grüße
Inez

Hallo,
ich schätze das eher für Neuzeitlich ein, die eingeschlossenen organischen Materialien wirken zu frisch. So etwas kann auch durch ein Feuer auf dem Feld entstehen oder der Landwirt hat es mit dem Mist aufs Feld gefahren.
Bucentaur

Hallo Bucentaur,

ja, alt ist das sicherlich nicht, aber auch dann: sollte das eingeschlossene Material nicht so oder so mitverbrannt sein? Ich wundere mich einfach wie etwas so fest zusammengebrannt sein kann und diese Stücke das unversehrt überlebt haben.

Liebe Grüße
inez

Hallo EmmaPeach,
dem Foto nach würde ich es auch für Verstrich von einer Flechtwand halten. Besonders weil noch ein Abdruck eines runden Stabes erhalten ist. Die organische Magerung aus klein geschnittenem Stroh würde dazu passen.
Die äußere Oberfläche der Wand wäre abgebrochen, das Stück entsprechend bei einem Feuer leicht gebacken. So etwas kommt in Siedlungsfunden immer wieder vor, heißt hier im Norden meist Rotlehm.
Von welcher Konstruktion das Stück kommt und aus welcher Zeit lässt sich nicht sagen, es wird heute noch so bei Fachwerkwänden eingesetzt.
Viel Spaß
Uwe

Ist es denn überhaupt gebrannt? Ton bzw. Lehm kann an der Sonne mitunter ziemlich hart werden.

Gruß Shard

ja, beinhart, nicht etwas, was die Sonne vollbringen könnte. Genau wie meine Ofenteile vom Rennofen, die ich woanders (und auch an dieser Stelle) gefunden habe.

Hallo Uwe,

wär natürlich interessant, kann ich mir aber einfach nicht vorstellen. Hier werden seit dem Mittelalter keine Wände mehr mit Lehm & Co. verstrichen (Fachwerk in dem Sinn gibt es hier auch seit dem MA nicht mehr). Aber die Art, wie so etwas hat entstehen können, kann ich nachvollziehen, vielen Dank!

Liebe Grüße
Inez

Hallo EmmaPeach
Es gibt viele Konstruktionen mit einer Flechtwerkstruktur, nicht selten liegen unter modernem Putz ältere Wandstrukturen. Hier oben gibt es bis ins späte 19. Jh Gebäude aus oder mit ungebrannten Lehmziegeln, Reparaturen an Öfen, Ställen und Scheunen werden auch immer noch ausgeführt.
Was heißt Fachwerk in dem Sinne?
Viel Spaß
Uwe

du hast schon recht. ich schau mal, was das Amt dazu meint. Interessanterweise hatte ich vorhin zum ersten Mal mein USB-Mikroskop ausprobiert und ein kleines Stück des Brockens unter das Ding gelegt. Da es so silberne Bilder gemacht hat, habe ich mal KI gefragt, ob und wie ich das besser hinkriege, und es hat gleich mal - ungefragt - das Bild interpretiert (ich wollte ja eigentlich nur technischen Rat), ohne zu wissen, woher ich das Stück habe, ich hatte nicht mal gesagt, dass es ein Lesefund ist:
Interpretation (vorsichtig):

Die abstehende Struktur sieht wie ein pflanzlicher Einschluss aus – evtl. ein feines Holzstück, ein Halmfragment oder Rindenstück. Die Mikrostruktur des Lehms drumherum zeigt viele kleine schwarze Einschlüsse (vermutlich organisches oder verbranntes Material?) und kaum Glimmer oder gröbere Körner → möglicherweise ein absichtlich abgemagerter oder humoser Lehm.

Wenn das aus einer archäologischen Grabungszone stammt, wäre es spannend zu klären:

  • natürlicher Lehm mit organischen Einschlüssen?
  • oder Teil eines Lehmverputzes / Hüttenzwickels / Wandbaus?
  • oder ein sekundär gebrannter Klumpen aus einem Erdofen?

Es hat mir geraten, ein ganz kleines Stück mal 1-2 Tage in Wasser zu legen, um zu sehen, ob es aufquillt. Das mache ich jetzt einfach mal. Das Stückchen hat sofort Bläschen aufsteigen lassen. ich habe gefragt, was es bedeuten würde, wenn es aufquillt:

In deinem Fall:

Wenn dein Lehmstück nach längerer Zeit doch noch aufquillt (z. B. nach 1–2 Tagen Einweichzeit), dann ist das ein sehr starker Hinweis auf:

  • ungebrannten, pflanzenverstärkten Baulehm
  • niedrige Brenntemperatur oder gar keine
  • ursprüngliche Verwendung als Verputz, Wandmaterial oder Stampflehm
  • passt hervorragend zu neolithischer Bautechnik, aber auch zu bestimmten mittelalterlichen Fachwerkfüllungen

Naja, ich schau mal, auch, was meine zuständige Betreuerin vom Amt dazu sagt. Auf jeden Fall und so oder so für mich interessant, weil ich so etwas noch nie gesehen habe. Ich tippe aber auch auf höchstens MA.

Hallo zusammen,
darf ich euch bitten, meine Schlussfolgerungen/Argumentation zu prüfen, ob schlüssig oder völliger Blödsinn?
Hier nochmal zusammengefasst, was vorliegt:

  • ein hartes, mit etwas Kraft von Hand zerbrechbares Lehmstück mit deutlich sichtbaren, groben Pflanzenfasern (Stroh, Halme o. Ä.), die teilweise weich geblieben sind, wo sie aus dem Stück herausragen. Das Stück ist vollständig durchgetrocknet und zeigt eine einseitige Schwärzung (vermutlich durch Hitzeeinwirkung) sowie eine hellere, unversehrte Gegenseite.
  • Das Feld, auf dem ich es gefunden habe, hat recht lehmige Erde, evtl. hat es sich auch dadurch gut erhalten.

Auffällige Eigenschaften:

  • Das Stück ist nicht magnetisch.
  • Es zeigt beim Wassertest keine Aufquellung (auch nach 2 Tagen nicht).
  • Es ist sehr lehmig, enthält viele sichtbare organische Einschlüsse.
  • Die organischen Bestandteile sind überraschend gut erhalten und nicht verkohlt.

Vermutete Interpretation:
Vermutlich handelt es sich nicht um ein Fragment eines Hochtemperatur-Ofens, da die organischen Magerungsbestandteile nicht karbonisiert oder verbrannt sind. Wahrscheinlicher ist ein Zusammenhang mit einem Lehmverputz oder einer wandnahen Baustruktur, möglicherweise mittelalterlich oder frühneuzeitlich. Der Fundort liegt im Bereich einer neolithischen Siedlungsstelle.

Ich frage mich jetzt aber, wie so etwas erst kürzlich auf den Acker gekommen sein kann, wenn doch schon ewig kein Mist mehr auf die Felder verbracht wird, sondern nur noch Gülle. Woher kommt das Teil? Eine Altneolithikerin aus meiner Archäo-Gruppe sagte mir, sie hätte schon öfter Abdrücke solch organischen Materials gesehen, aber dass es doch nicht so lange erhalten bleiben könne, nicht mal 2 oder 3 Jahrhunderte. Aber nochmal: Wenn es erst rezent dort gelandet ist, dann wie und woher? Selbst von einem Gebäudeabbruch kann ich mir das nicht vorstellen, das landet doch nicht im Acker (dort ist weit und weit kein Bauernhof, es muss also also von weiter weg dorthin transportiert werden, kann also auch nicht mal schnell vom Hof dort rübergewandert sein, schon gar nicht oben auf dem Hügel. Oder hat jemand, der in seinem Garten einen Lehmbackofen gebaut hat, das Ding zerstört, ein Stück davon in die Tasche gesteckt und dann dort ins Feld geworfen? Also, dann erscheint mir ja noch neolithisch plausibler, wenn dort eine Siedlung war und das Teil einfach tief in der Erde gesteckt hat, bis es der Pflug hochgeholt hat (auch wenn die erhaltenen organischen Stückchen dann natürlich sensationell wären).
Mir geht es hier darum, Möglichkeiten zu erkenne und vielleicht erklären zu können, was da passiert ist, egal ob es alt oder neu ist, auch wenn alt natürlich spannender wäre, aber das ist hier nicht der Punkt.
Bitte sagt mir, wo ich etwas übersehe oder falsch schlussfolgere, das ist mir wichtig. Vielen Dank!

Liebe Grüße
Inez

Hallo,
bringen wir es doch einfach in wenigen Worten auf den Punkt.
Mit Neolithikum hat der Klumpen nichts zu tun.
Die sichtbaren organischen Materialien die aus dem Klumpen ragen sind relativ frisch, also nicht älter als max. 5 Jahre.
Wie kann sowas entstehen? Durch ein Feuer auf dem Feld! Häufig werden im Herbst Erntereste oder Abfälle auf den Äckern verbrannt.
Mehr wird aus diesem Brocken jetzt nicht mehr herauszuholen sein.
Eine letztendlich aufklärende, kostspielige Laboruntersuchung ist das Stück nicht wert.
Bucentaur

Hallo Bucentaur,

verbrannt wird hier gar nichts, das scheidet definitiv aus - womit ich also immer noch nicht weiß, wie er hatte entstehen können. Dass der Klumpen nicht neolithisch ist, ist mir auch klar, darum geht es aber ja auch nicht, wie ich schon sagte.

Liebe Grüße
Inez

Hallo Inez,

du hast den Klumpen eingeweicht. Hast du auch mal daran gerieben? Meine Vermutung ist immer noch, dass das von der Sonne hart gebackener Ton/Lehm ist. Durch einweichen passiert da erst Mal gar nichts. Erst wenn du dran reibst, solltest du merken wie sich da etwas löst.

Gruß Shard

Hallo Shard,

nö, da geht nicht mal was mit Kratzen ab. Das sieht auch nicht wie festgebackener Lehm aus, kann ja nicht mal mit dem Fingernagel ritzen. Weiß der Geier.

LG
Inez

Okay, andere Theorie:

Das ist Beton. Knochenhart und Einschlüsse verkohlten nicht. Vom Bauer auf dem Acker entsorgt. Kannst du ein kleines Stück abschlagen?

Gruß Shard

:joy: nein, kein Beton, definitiv. Es ist schon Lehm, fest gebrannt, nicht zu hart, aber auch nicht weich. Ich konnte in vorstehendes Eck abbrechen, aber nur mit Kraftaufwand. Ich denke, es lohnt nicht, das weiter zu verfolgen. Sollte ich noch weitere dieser Stücke finden, vielleicht. Aber aktuell ist das sicherlich müßig. ich bedanke mich trotzdem für eure Zeit!

Liebe Grüße
Inez

Kannst du bitte die Bruchstelle fotografieren?

Gruß Shard

ich hab jetzt mal ganz professionell mit dem Hammer draufgehauen … es lösen sich schon Stücke, und ich denke nun auch, dass es einfach extrem festgebackener Lehm ist, trotzdem komisch, wie fest das ganze ist. Oder auch nicht komisch. Innen sieht es wie außen aus.

Ich denke, ihr müsst damit keine Zeit mehr vertun.

Danke dennoch und liebe Grüße
Inez

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