Rätselhafte figürliche Tülle

Hallo Zusammen,

dieses ca. 14cm große Objekt habe ich in einem Auktionshaus erstanden. Es wurde scheinbar der Nachlass eines Sammlers von Bronzeobjekten (vornhemlich griechisch/römisch, aber teilweise durchaus Stücke fragwürdiger Originalität) versteigert. Es gibt leider keinerlei Hintergrundinformationen. Laut Versteigerer vermutlich vorchristlich; auf mich wirkt der Stil eher spätmittelalterlich.

Das Material wirkt sehr kupferfarben / rötlich. Ich vermute aber, dass es sich um säure gereinigte Bronze handelt, aus der das Zinn (durch die Säure) herausgefressen wurde. Dafür spricht mAn auch die partiell erhaltene, körnige, dicke Patina. Die kupferne Oberfläche weist stellenweise Narben auf.

Das Objekt ist hohl gearbeitet. Am Schaft fällt ein Bereich auf, an dem ein etwas anders farbenes Material “aufgegossen” bzw "aufgelötet ist (s. Bild 2).

Hat jemand von Euch eine Ahnung, um was es sich hier handeln könnte oder zumindest anhand der Machart eine Idee, wie alt es sein könnte?

Freue mich über jeden Hinweis.

Viele Grüße
Andreas






Schönes Stück ! Von der noblen Machart her könnte ich mir vorstellen, dass es sich bei Deinem bronzenen Objekt um ein Zubehör zum Geschirr eines antiken zweispännigen Pferdewagens handeln könnte, etwa einen Holm, welcher auf dem Kammdeckel angebracht wurde, damit das Zaumzeug der Pferde stets gut geführt ist; obwohl man dort heutzutage wohl meist zwei Ösen setzt.

Alles ohne jede Gewähr

But :nerd_face:

Danke But!! Ich glaube das geht in die richtige Richtung. Habe mal etwas recherchiert. Diese Jochaufsätze gibt es wohl mit Öse, Frühere aber auch einfach als “längliches Objekt”. Dann wären wir wohl nicht im mittelalter, sondern irgendwo im römischen Bereich. Stilistisch könnte dann, nach einer oberflächlichen Recherche, vielleicht sogar Etrusker passen?! Ich habe nachher wegen eines anderen Objektes einen Termin beim Mueumsrestaurator. Ich nehme das Stück mal mit - vielleicht hat er eine Idee.

VG
Andreas

Der Museumsrestaurator konnte leider nichts konkretes zu dem Stück sagen. Für eine Antike hält er es für etwas schwer und massiv (Gewicht sind 316g, höhe ist 13cm (nicht 14)). Er meinte von der Formensprache her eher mittelalterlich.

Hi Tschip,

bei deinem Stück dürfte eine Gusstechnik in verlorener Form vorliegen. Ob das Motiv mittelalterlich ist, kann ich nicht beurteilen. Mir selbst fielen wegen der Art die Haare zu tragen und der relativ flachen, kurzen Nase dazu spontan Gallienus (253-268) und Numerianus (283-284) ein, doch das Motiv des Kopfes könnte ebenso gut auch ein Abbild des Bruders des Bronze Gießers sein :wink:

Münzporträts des Gallienus : GALLIENUS Antoninien brm_728258 Römische Münzen GALLIENUS Antoninien brm_891434 Römische Münzen

Gruß But :nerd_face:

Abermals lieben Dank für die Rückmeldung But! Du hast Recht, das Profil auf den Münzen hat in der Tat eine Ähnlichkeit mit der Figur.

Ich füge noch Bilder vom Inneren der Tülle an. Was ich dort vermisse, sind Spuren der dicken Korrosionsverkrustung, wie sie auf der Aussenseite auftreten. Kann sich das allein durch andere klimatische Bedingungen im Inneren der Figur erklären lassen? Die hohl gearbeiteten Bronzeobjekte, dich ich kenne, haben im Inneren eine ähnliche Patina wie außen. Ihr habt da aber sicherlich mehr gesehen als ich und könnt es besser beurteilen.

Viele Grüße
Andreas




Hi Tschip,

wenn ich mir den orange-farbenen Niederschlag im Inneren der Tülle so als Laie anschaue, dann könnte es sich dabei um eine Ausfällung von Antimon(III)-sulfid handeln. Genaueres bitte ich dich andernorts zu erfragen. Weiß jemand genaueres über den orangenen Niederschlag im Inneren der Tülle zu sagen ? Bismut (Tetraiodobismutat III) und Kaliumdichromat führen bei Ausfällung zu ähnlich farbigen Niederschlägen, haben im Bronzegussverfahren aber keine Bedeutung. Die Zugabe von Antimon (Stibium) dahingegen ist als Mittel zur Herstellung von Hartbronze bekannt, so etwa im Speculum naturale des Vincent von Beauvais. Leider verfüge ich aber auch dazu nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um dies definitiv bestimmen zu können :koala: Der Legierung wurde vermutlich Antimon hinzugefügt, was in der Regel wohl Quantitäten zwischen 0,3 - 1,3 % entsprach, aber auch durchaus höher ausfallen konnte.

Gruß But :nerd_face:

Abermals Danke für die Rückmeldung But, die sich so laienhaft garnicht anhört :wink: Bin gespannt, ob man sich dem Figürchen über die Art der Ausfällungen noch etwas nähern kann. Ich schau mal, ob ich hier in der Ecke auch noch eine Anlaufstation finde, wo man sich materialtechnisch auskennt.

vG
Andreas