Ring(-gruppe) mit 5 Buchstaben, kennt jemand solche Objekte?

Guten Abend in die Runde,

ich möchte mich kurz vorstellen: ich habe beruflich mit Feldarchäologie zu tun und schon mit Interesse in diesem Forum gestöbert. In dem Zuge geht ein großes Dankeschön an Herrn Brunn und alle, die diesen Apparatus am Laufen halten!

Zu mir: ich bin kein Sondengänger, wie das “Ring”-Thema vermuten lassen könnte. Ich kenne aber einige ehrenamtliche Sondengänger, die ihr Handwerk gut verstehen und mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite.

Nun zum eigentlichen Thema: Das Ziel dieses postings ist, Zeichen auf einer kleinen Fundgruppe von wohl historischen Fingerringen zu entziffern bzw. kulturell einordnen zu können.

Hintergrund: In mehreren Bundesländern wurden in den vergangenen Jahren weitverstreut ca. 5-6 Fingerringe gefunden, die augenscheinlich allesamt aus Buntmetallegierungen (Bronze, Messing, Kupfer, …) bestehen, augenscheinlich historisch, aber gut erhalten sind und eine auffällige Inschrift aus 5 Zeichen besitzen (s. Abbildung eines Rings aus Großgrabe).

Meine Frage ist, ob es hier Expertise für Schriftzeichen bzw. Semiologie gibt und die Schriftzeichen zugeordnet oder vielleicht sogar übersetzt werden können? Kurze Beschreibung der Zeichenfolge: 1. Sehr rundliches “J”, 2. kleines “c”, 3. langes “l”, 4. nach oben verbreitertes, kerbartiges “i” ohne i-Punkt, 5. etwas tiefer gesetztes “l” ähnlich (3.), jedoch oben nicht verbreitert (s. Foto).

Vermutungen über Worte mit fünf Buchstaben wie “JAHWE” oder ähnliches haben wir schon angestellt, führten aber nicht weiter.

Hoffentlich gibt es hier Schriftexperten, oder jemanden der ähnliche Objekte kennt? Ich bin gespannt auf den Austausch!

Grüße, Technicus

@Technicus

Willkommen im Forum!

Solche „Mehrfachfunde“ mit rätselhaften Schriftzeichen sind spannend. Ich selber bin schon auf solche Funde gestoßen – und trotz umfangreicher Recherchen und Anfragen bei speziellen „Schriftkundigen“ bisher ohne Ergebnis. Was aber für eure Funde nichts heißen will.

Was zu deiner Anfrage fehlt, wären hier Fotos von allen Funden, um Übereinstimmungen und Abweichungen in der Darstellung der Zeichen sehen und beurteilen zu können.

Kannst du das nachholen?

LG Barbara

Hallo @Technicus,

ich schließe mich Barbaras Bitte an, die anderen Inschriften ebenfalls zu zeigen.

Ganz spontan würde ich das als lateinisches Jesii (Mehrzahl von Jesus) lesen, aber der Punkt im vermeintlichen Jot könnte bei den wenigen Zeichen auch an Arabische Schrift denken lassen. :wink:

Weitere Beispiele wären daher sehr hilfreich.

Gruß, Timo

Hast du getrunken? Anders kommt man doch nicht auf mehrere Jesii?

gruß.
Hugin

Das ist nur das was ich lese, wenn wir lateinische Schrift mit langem s annehmen. Das Wort mag zwar blasphemisch erscheinen, aber es existiert immerhin:

https://en.wiktionary.org/wiki/Jesii

Da mich das aber auch nicht befriedigt hat, habe ich einmal rumgefragt und wurde dabei auf die sogenannten Abgetrennten Buchstaben aufmerksam gemacht:

[Wer auf die englische Version wechselt, findet einen ausführlicheren Artikel.]

Und tatsächlich ähneln die Buchstaben Alif, Mīm und Nūn den Zeichen auf dem Ring. Und wären es Abgetrennte Buchstaben, dann wäre es auch nicht schlimm wenn sie kein sinnvolles Wort ergeben — wenn ich das dazu Gelesene richtig verstanden habe.

Leider verstehe ich zu wenig vom Arabischen im allgemeinen und vom Koran im speziellen um mir hier ein Urteil zu bilden, aber das könnte immerhin eine Spur sein.

Gruß Timo

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Noch eine Ergänzung: da jedem arabischen Buchstaben auch ein Zahlwert zugeordnet wird (z.B. Alif = 1, Mīm = 40, Nūn = 50), sollte man auch in diese Richtung blicken. Leider ist mir völlig unklar, wie diese Buchstaben zu kombinieren wären, aber eine immerhin denkbare Lesung in dem Fall wäre ‘93’ — was immer das zu bedeuten hätte. :wink:

Gruß, Timo

Dem Wunsch von Geognost und RandomHH, alle Bilder zu zeigen komme ich gerne nach. Zumindest zeige ich alle, die ich habe, nämlich noch ein Ring aus Dresden und einer mit mir nicht eindeutig bekanntem Fundort, aber ich glaube das ist für die Entzifferung nicht so wichtig - mehr Infos habe ich nicht.
Ihr seht also drei von mehreren (ca. 5-7) bekannten Ringen, die von unterschiedlichen Menschen an unterschiedlichen Orten gefunden wurden, aber alle eine sehr ähnliche 5 - stellige Zeichenfolge aufweisen. Auch eine sogenannte “Pseudoschrift” wäre denkbar, erklärt aber nicht wie es zu einer Gruppe mit ähnlicher Zeichenfolge an verschiedenen Orten kommen kann. Natürlich ist brainstorming auch in der Wissenschaft erlaubt, mit Zahlenmystik kommt man meiner Meinung aber selten weiter.

Vielleicht kennt sich jemand konkret mit Schriftzeichen aus und kann zu einer wissenschaftlichen Lösung dieses Ringrätsels beitragen.

Ring_3_s

Hallo @Technicus ,

danke für die Bilder weiterer Exemplare.

Eigentlich hatte ich ja auf verschiedene Zeichenfolgen gehofft, aber hier haben wir es offenbar drei Mal mit den gleichen Zeichen zu tun, allerdings jeweils in unterschiedlicher Handschrift — und das ist wirklich interessant!

Zustimmung. Gleichwohl habe ich es der Vollständigkeit halber erwähnt. Wenn es gar keinen anderen Anhaltspunkt gibt wie in diesem Fall, kann jede noch noch so kleine Spur nützlich sein.

Da ich mich mit den in Europa seit der frühen Antike bekannten Schriftzeichen zwar leidlich auskenne aber nicht alles weiß, hatte ich in dieser Angelegenheit sowohl ein Forum mit Experten für lateinische Inschriften befragt — die kollektiv abgewinkt haben (“kein Latein!”), als auch Leute, die sich mit antiken Münzen sehr gut auskennen. Letztere verwiesen unisono auf die oben schon erwähnten Abgetrennten Buchstaben.

Sind Arabisten in dieser Sache schon angefragt worden?

Gruß, Timo

@Technicus

Danke für die Fotos!

Ich war jetzt einige Zeit in meiner Werkstatt im Garten – ohne Internet - hatte aber Zeit, mir zu über Deutschland verteilte Ringfunde Gedanken zu machen.

Allgemeine Gedanken

Die „gehäuften“ Funde lassen auf eine Gemeinschaft von Menschen in irgendeiner Form schließen. In Frage kommen da Geheimgesellschaften oder Religionsgemeinschaften. Ich tippe auf Letztere.

Die Schrift

Die Schrift mutet arabisch an. Das zweite Zeichen von links ergibt da aber keinen Treffer. Ähnliche Schriften stammen aus dem Hebräischen und historischen Vorläufern. Jüdisch – das könnte auch für den europäischen und bundesrepublikanischen Raum passen.

Hebräische Sprachen und Schriftsysteme/Alphabete gab/gibt es in vielen Varianten: Samaritanisch, Quadratschrift, Kurrentschrift, Spanisch-levantinisch, Ladino, Raschi, Deutsch-hebräisch, deutsche Schreibschrift und polnische Schreibschrift.

Die Leserichtung wäre dann rechts nach links. Und für das zweite Zeichen von links (was mein Suchkriterium war) gäbe es durchaus vertretbare Übereinstimmungen.

Mir fehlt leider im Moment die Zeit, mich mit dem Versuch einer Entzifferung und deren Verifikation zu beschäftigen (weil ich wieder zu Garten/Werkstatt wechseln werde). Aber ich denke, mit diesem Link kann man für weitere Recherchen arbeiten (links im Menü die anderen hebräischen Schriften/Alphabete):

Was übrigens noch fehlt – und eine Recherche vielleicht vereinfachen würde – sind Angaben zu einer zeitlichen Einordnung der Funde!

LG Barbara

P.S.: Übrigens bin ich zufälligerweise gerade eben in einem popularwissenschaftlichen Fernsehbeitrag über “(komparative) Paläographie” gestolpert. Das ist wohl auch ein Studienfach. Vielleicht wären an entsprechenden Universitäten Fachleute für dieses Enigma zu finden!?

@Technicus

Das Mysterium der Ringe hat mir ja keine Ruhe gelassen…

Und siehe da, mit den Suchfeldern „Juden in Europa“ und den verschiedenen Sprachen/Schriftzeichen ergab sich mit „Jiddisch“ eine Lesart und sinnvolle Übersetzung.

Allerdings erst, als ich auf die Idee gekommen bin, die Fotos auf den Kopf zu stellen!

Von links nach rechts könnte man nun (wenn man den Umstand einer Gravur berücksichtigt und individuelle Ausprägungen von Schreibweisen annimmt) „truii“ lesen:

תּ ר ו יי

Und Google kann sogar Jiddisch übersetzen:

Damit wäre allerdings noch nicht der eigentliche Sinn und Zweck dieser Ringe geklärt. Aber nun fehlt mir doch die Zeit für weitere Recherchen. :wink:

LG Barbara

@Technicus @a.brunn @Geognost @SvenHorn

NACHTRAG

Man sollte immer versuchen, ein vermeintliches Erkenntnis abzusichern. Und Google Übersetzer ist vielleicht nicht die zuverlassigste Quelle. Insofern habe ich mich von meiner heutigen To-Do-Liste noch einmal ablenken lassen – und ein spezielles Übersetzungstool gefunden.

Also: Applaus zu früh! Aber die richtige Spur. Und wenn man die Buchstaben (ohne Zwischenräume; ich musste von links nach rechts denken, um die richtige Richtung für die Löschung zu finden) dann erhält man eine noch sinnvollere Übersetzung – auch von Google:

תּרויי
auf Wiedersehen

Ich habe mir dann noch einmal die Mühe gemacht, eine jiddische Gruppe in Dresden (Fundort eines Ringes) für eine weitere Verifizierung und ggf. eine Erklärung für den speziellen Einsatz solcher Ringe anzuschreiben. Wenn ich Antwort bekomme, melde ich mich hier nochmals.

LG Barbara

Hallo Barbara,

das ist ja wirklich sensationell, wie du dich mit diesem Thema beschäftigst. Es macht wirklich Spaß, es zu verfolgen.
Dafür ein großes Dankeschön von mir!

Viele Grüße

Hallo Barbara,
ich glaube Du hast da eine ziemlich konkrete Spur für dieses “Ringrätsel”, danke daß Du da so beharrlich dran bleibst. Auch Deine Anfrage bei einer juddischen Gruppe scheint mir sehr vielversprechend. Meine Anfrage bei einer jüdischen Institution war bisher leider nicht von Erfolg gekrönt.
Aus dem Forum kam noch die Frage nach der Zeitstellung der Objekte. Die lässt sich leider nur sehr vage beantworten, da die Objekte meines Wissens Lesefunde sind, also aus dem Oberboden und nicht aus archäologischen Befunden stammen. Nach Augenschein der Korrosion sind die Ringe “alt”, die Spanne kann meiner Meinung nach von Mittelalter bis frühe Neuzeit reichen. Eine industrielle Fertigung scheint ausgeschlossen.

So viel erst einmal, ich bin gespannt auf Deine neuen Erkenntnisse und sage bis dahin “Auf Wiedersehen”!
Technicus

Ich liebe Rätsel – und ich denke, dass ich gut in Recherche bin. :wink: (@SvenHorn)

Diese vorgestellten Ringe erinnern mich nach meiner bisherigen Recherche an eine eher englische Tradition: Posy Rings (alternativ: Poesy, Posey, Posie).

Es wäre für mich interessant zu erfahren (da ich selber hobbymäßig Schmuck mit historischen Bezügen anfertige), ob es bis zur frühen Neuzeit in anderen kulturellen Zusammenhängen ähnliche Ringe oder andere Schmuckstücke gegeben hat. Auch deshalb mein Engagement in diesem Thread. Zumal ich selber schon im Rahmen meiner privaten Sammlung und dazu gehörigen Recherchen auf ähnliche Rätsel gestoßen bin.

Nachfrage zum Thema „Zeitstellung“ (@Technikus): Wäre es irgendwie möglich, die anderen Finder für weitere Infos zu Ort, Fundumständen und Beifunden ausfindig zu machen und zu kontaktieren? Das wäre dann eine Recherche-Aufgabe für dich. :wink:

Und vielleicht ergibt sich aus allen zusammengetragenen Informationen ja auch ein wissenschaftlicher Beitrag auf einer passenden und öffentlich zugängigen Plattform?! Ich wäre bei der Erstellung dabei!

“auf Wiedersehen”
LG Barbara

@ Barbara: Danke für Dein Angebot, wenn möglich kannst Du mir gerne Deine Kontaktdaten als PN schicken, falls es ein publizierbares Ergebnis gibt wirst Du natürlich namentlich bedankt.
So weit ist es aber leider noch nicht; aber auch wenn ich momentan zu den Fundumständen nicht weiter recherchieren kann, wir bleiben dran…
Wenn es sich wirklich um jiddische Zeichen handelt, scheinen sie am ehesten in “Raschi-Schrift” verfasst zu sein. Es gibt viele Ähnlichkeiten, aber noch keine eindeutige Übereinstimmung mit dem 1. Buchstaben (das gedrehte “G” ganz rechts also). Mit dem Übersatzungsprogramm webtran komme ich je nach verwendetem Zeichen auf mehrere Übersetzungen: “Auf Wiedersehen” wie Du, Barbara herausgefunden hast. Aber auch auf die Übersetzungen “Drei” und “Frau”. Darüber hinaus scheint es zwei verschiedene Anfangsbuchstaben zu geben; das “G”, aber auch ein “T” bzw. “L” förmiges Zeichen.
Hast Du schon Antwort der jiddischen Gemeinschaft in Dresden, die Du angefragt hattest? Ich könnte mir vorstellen daß alle hebräischen Menschen momentan ganz andere Sorgen haben, aber hoffe, daß sich aus dieser Richtung noch etwas ergibt.
frohes Forschen! wünscht Technicus

Nein, ich habe leider noch keine Antwort bekommen. Traue mich aber nicht, aus den von dir genannten Gründen, nachzufragen.

Aber ich hatte parallel auch die Heinrich Heine Universität in Düsseldorf (Abteilung Jüdische Studien) angeschrieben. Ebenfalls ohne Reaktion. Jetzt habe ich gestern noch einmal dem entsprechenden Fachschaftsrat gemailt. In der Hoffnung, dass Studenten vielleicht mehr “Biss” haben, um sich mit einer solchen Frage zu beschäftigen. Da werde ich auf jeden Fall nachfassen!

LG Barbara