Waldfund in Ostwestfalen - Münze, Bleiplombe, Gefäßverschluss?

Leider habe ich mir die Fotos erst in voller Größe angesehen, nachdem mir das Fehlen einer Patina und/oder Verschmutzung aufgefallen ist. Blame on me!

Und inzwischen habe ich Zweifel, ob es sich überhaupt um ein in Serie produziertes Teil (wie Amphorenverschlüsse) handelt – und ob es überhaupt antik ist.

Warum?
Das als Kastanienblatt gedeutete Motiv ist mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch einen Stempeleindruck entstanden.

Es gibt Stellen, die darauf hindeuten, dass z.B. die Blatt-Elemente aus einer mit Punktreliefs versehenen Extra-Platte ausgeschnitten und aufgesetzt wurden. Ich sehe zumindest einen angeschnittenen Punkt (rot eingekringelt). Diese Punkte scheinen aber tatsächlich mit einem Stempel produziert.

Es gibt deutliche Unterschneidungen (weiß eingekringelt). Und es gibt Überschneidungen (schwarz eingekringelt), bei denen sich das darunter liegende Blatt durchdrückt. Den letzteren Effekt hätte man wohl bei einer Stempelherstellung eher nicht umgesetzt.

Was denke ich jetzt?
Irgendwie kommen mir Hobby-Basteleien mit Ton oder Salzteig in den Sinn. Im Material zeigen sich tatsächlich helle Teilchen, die nach nicht aufgelöstem Mehl aussehen. Und ich schrieb ja schon, dass mir Mürbeteig in den Sinn kam…

Und die Randschrift?
Vielleicht ein „mystischer“ Einfall als Scherz?

Übrigens: Ich habe vorhin ein paar volumenmäßig passende bronzezeitliche Scherben (erhalten von Siria) ausgewogen. Ton als Material käme durchaus hin.

LG Barbara :anguished:

Hallo zusammen,

mir war der Fehler bei der Dichte auch schon aufgefallen, kam aber gestern nicht dazu es zu posten.
Struppiger Tim hat als Dichte offenbar das Volumen (cm3) also ~7 bzw ~8 und nicht die Dichte (g\cm3)
angegeben, und das sind dann so ca. 2,3 g\cm3. Da sind wir dann irgendwo zwischen Keramik und Porzellan, was auch besser zum Erscheinungsbild passt.
Wäre es Blei wöge das gute Stück um die 80g, bei Zinn immerhin noch 60g.

“Recht schwer” ist und bleibt eben eine recht subjektive Angabe…

Gruss
Schilli-San

Ja, hast recht — besonders bei dem zwei andere Blätter überlappenden siebten Blatt wird das deutlich. Der unbekannte Kunsthandwerker wusste anscheinend nicht, die man einen Kreis in sieben Teile teilt und behalf sich mit der viel einfacheren Sechsteilung, als er oder sie die Blätter ausschnitt. Da die Winkel jetzt zu groß sind, wurde bei den Spaltmaßen etwas manipuliert und dann das letzte Blatt dennoch zwangsläufig überlappend aufgelegt. Offenbar war es wichtig, sieben Blätter darzustellen.

Für eine Hobbybastelei scheint mir das alles zu aufwändig, zumal in der Größe.

Ein Gedanke wäre, falls es sich um einen Amphorenverschluss handeln sollte, dass hier ein Markenartikel besonders gut gegen Fälschung geschützt werden sollte.

Noch ein ganz anderer Gedanke: angesichts der Abnutzungsspuren vor allem auf der Unterseite sowie der Dimensionen kam mir spontan ein Spielstein in den Sinn.

Aber nun genug des Brainstormings von meiner Seite, jetzt heißt es Tee trinken:

@StruppigerTim hat gestern Abend im Reddit-Forum für antike Münzen mitgeteilt, er habe einen Termin bei den Denkmalpflegern schon am kommenden Montag (das ging ja mal schnell!). Auf private Nachfrage versicherte er mir, er wolle uns auf den Laufenden halten.

Dann sind wir mal alle gespannt!

Was mir noch zu den 7 Blättern aufgefallen ist. Die Roßkastanie hat lt. Rosskastanie (Aesculus hippocastanum L.) - Waldwissen - Baumspenden - Stiftung Unternehmen Wald
folgende Eigenschaften:

  • ursprüngliches Verbreitungsgebiet sind die Berg- und Schluchtwälder des Balkans
  • Ende des 16. Jahrhunderts gelangte sie durch die Verbreitung des Menschen nach Westeuropa
  • die einzelnen Fiederblätter sind länglich verkehrt-eiförmig, zwischen 5-7 in der Anzahl

D.h. die Anzahl der 7 dargestellten Blätter würde also passen. Aber warum wurde das 7te dazwischen gequetscht?

Noch einmal ins Blaue gedacht: vielleicht war gerade der “Fehler” das Besondere — ich denke da etwa an das seltsame Schriftlogo der ‘echten’ Ulfberht-Schwerter (+VLFBERH+T).

Seltsam bleiben auch die ‘Gallen’ auf den vermeintlichen Rosskastanienblättern, die für Gallenbefall explizit nicht bekannt sind. Und sollte wirklich dieser Baum gemeint sein, warum wurde dann auf die Darstellung der typischen Stacheln der Fruchthülle verzichtet?

Hallo Geognost,

mal weiter ins Blaue gedacht, denn mehr kann man im Moment ja nicht ! :sweat_smile:
Die Stacheln darzustellen war vielleicht etwas zu schwierig !? Ansonsten könnten die “Gallen” ja durchaus Gewürze sein zur Beigabe bei der Honigherstellung oder auch bei einer Arznei. Aus der Rosskastanie werden ja heute noch Tinkturen und Salben gegen Krampfadern, schwere Beine usw. hergestellt. Es gäbe da auch noch einen Pilzbefall oder Eiablage einer Motte. Letzteres würde ich aber ausschließen oder es war vielleicht eine frühe Art von “E 605” zur Insektenbekämpfung ! :innocent:
Ich denke hier aber eher in Richtung eines Verschlusses oder auch aufgesetztem Emblems für ein Honig-oder Arzneitöpfchen wie es Barbara und hns sehen.
Ich glaube auch nicht, dass es z.Bsp. aus der Römerzeit stammt ( Legionäre hätten aus ihrer Heimat durchaus sowas mitbringen können ) und beim “Landvermessen” verloren ging ! :stuck_out_tongue_winking_eye:
Es dürfte wohl eher von einer neuzeitlichen, esoterischen Kräuterhexe stammen. Dazu würde auch das seltsame Zeichen auf der Rückseite passen !? Möglicherweise war es auch nur ein Talisman und man trug ihn in der Hosentasche !
Ansonsten schließe ich mich dir an und trinke Tee aus den Blüten der Rosskastanie bis StruppigerTim uns mitteilt, dass man nichts genaues, aber das ganz genau weiß ! :laughing:

Gruß
Kurti

Hallo Kurti,

Es scheint von vornherein der Wille dazu gefehlt zu haben — nachdem man sich so viel Mühe mit den Ausschneiden der ‘galligen’ Blätter gemacht hatte.

Da muss ich die römischen Vermesser aber in Schutz nehmen. Nach übermäßigem Alkoholgenuss sehen deren Ergebnisse nicht aus.

Eher könnte man hier doch den Deckel von Quintilius Varus’ letzter Amphore vom guten Stoff vermuten, die kurz vor dem Abmarsch aus dem ostwestfälischen Sommerlager noch plattgemacht wurde. :wink:

Gruß, Timo (reichlich Spekulatius zum Tee genießend)

@StruppigerTim

Gibt es denn inzwischen etwas zu berichten?