Waldfund in Ostwestfalen - Münze, Bleiplombe, Gefäßverschluss?

Liebe Menschen,
Ich versuche dieses Objekt für eine Freundin zu identifizieren. Sie sagt sie habe es vor Jahren an einem Waldrand gefunden, 10 bis 20cm tief in der Erde vergraben. Das Objekt ist hart (kein Abrieb unter Fingernagel) und recht schwer. Gewicht, Volumen und Dichte werde ich noch ermitteln. Klopfen klingt dumpf und ergibt keine Vibration.
Es gibt einen großen thread unter r/whatisthisthing dort findet ihr auch eine Zusammenfassung meiner bisherigen Suche
Bisher gehen die Meinungen auseinander.
Ich bin für jeden Hinweis dankbar. Frohe Weihnachten allerseits :slight_smile:

Update 1
Gewicht: 18g
Durchmesser: 37 bis 37,6mm
Dickte: 8mm außen, 7mm Mitte
Daher Dichte zwischen 7,68 und 8,78g/cm3
Also nicht Blei.
Oberfläche nimmt leicht Feuchtigkeit auf, wird dabei dunkler und bindet eine Weile Partikel (nach Trockentupfen). Die Zeichen wurden vermutlich mit einer scharfen, beidseitig geschliffenen Klinge hergestellt.
Die Darstellung scheint eine Rosskastanie abzubilden, die Zeichen sind nach wie vor rätselhaft. Vergleichbares wären die Pigpen-Chiffre, ost-arabische Zahlen, verschiedene Runenschriften.




Was ist das? Für mich genauso rätselhaft wie der Fund…

Für Blei hat es m.E. die falsche Farbe. Für eine Münze ist es zu groß und dick.

Gefäßverschluss wäre m.E. denkbar. Quasi ein Deckel der auf einen Flaschenhals aufgelegt wird und dann irgendwie umwickelt, dass er fest draufsitzt? Die Blätter sehen ein bischen nach einer Rebe aus…

Schauen wir bei Wikipedia Korken – Wikipedia da gibt es Hinweise:

Bis ins späte 17. Jahrhundert wurden jedoch mehrheitlich in Öl getauchte und mit Hanf umwickelte Holzstopfen sowie Tonstopfen genutzt.

Vielleicht also in diese Richtung? antike Amphoren - der Verschluss

https://www.reddit.com/r/whatisthisthing/

Ein sehr zu empfehlender Platz im Netz, wenn man einen rätselhaften Gegenstand hat. Dank der enormen weltweiten Reichweite dieser Gruppe werden hier zumindest neuzeitliche Artefakte meist sehr gut erklärt.

Hier der Link zu @StruppigerTims dortiger Anfrage:

https://www.reddit.com/r/whatisthisthing/comments/rfokzz/coin_lead_seal_mysterious_forest_find_in_western/

Ein Amphorenverschluss wurde dort auch schon vorgeschlagen, und das florale Motiv wurde recht überzeugend als Rosskastanie identifiziert.

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Oder etwas in diese Richtung: akg-images -
Gab es aber in verschiedensten Zeitaltern und Regionen. Und oft eher aus Holz geschnitzt und meist mit Griff: Brotstempel – Wikipedia
Vielleicht ist bei StruppigerTim’s Exemplar der Griff abgegangen.

Aber die andere Seite ist auch verziehrt. Es gab auch die Idee, es sei ein Grenzzeuge, aber dafür gilt das gleiche.

Hier kommt noch ein weiterer Recherche-Ansatz, ausgehend von den Symbolen am Rand, bei denen ich sofort an das Freimauerer-Alphabet gedacht habe.

Diese Geheimschrift basiert laut Wikipedia auf der Kabbala.

Das Ornament auf dem Revers sieht aus wie die Illustration, die für den Titel zum Sohar (dem Hauptwerk der Kabbala) gewählt wurde.

Die Kastanie scheint (im Sohar) in Verbindung mit der „allgemeinen Mittleren Linie“ zu stehen (was auch immer darunter zu verstehen ist):

LG Barbara

screenshot

Ich tendiere bei dem Fundstück inzwischen (dem Vorschlag von @hns folgend) zum Amphoren-Verschluss.

Die Randschrift wäre dann Oscan (beim Fundstück senkrecht zu lesen!): O C/G ·· C/G U

randschrift

Amphore und Süditalien (der Sprachraum) passt gut.

Und was war drin in der Amphore? Vielleicht Hydromel (mit Kastanienhonig!) oder Kastanienmus? Für letzteres gibt es ein antikes Rezept:

Zutaten:
Kastanien
Garum
Weißweinessig
Olivenöl
Honig
Salpeter
Gewürze (Asafoetida, schwarzer Pfeffer, Kreuzkümmel und Koriandersamen)
aromatische Kräuter (Weinraute, Minze)

Das Ornament auf der Rückseite wäre dann eine Art Hersteller-Marke.

LG Barbara

Interssant!
An die Randschrift zu analysieren hatte ich auch schon gedacht, aber keinen Ansatzpunkt…
Da ergänzt sich natürlich die Frage wie das als Einzelteil (ohne Amphore?) am Waldrand in 10-20cm Tiefe gelangt ist… Und was sich da aussenherum befunden hat oder noch befindet.

Ah, ich sehe gerade zufällig dass StruppigerTim in das erste Posting ein Update 1 reingeschrieben hat. Das ist schlecht weil man das i.d.R. in einem Diskussionsverlauf nicht nochmal liest. Er schliesst jetzt Blei auch aus. Und das Material kann etwas Wasser aufnehmen was m.E. für Ton oder (schweres) Holz spricht.

Das Ornament auf der Rückseite könnte entweder einfach eine Verzierung sein oder die Oberfläche vergrößern wenn man das Teil irgendwo ankleben möchte.

Eine ganz andere Deutungsmöglichkeit wäre Bautechnisch: File:Middle keystone in the Chapel of St. Anne in Malbork showing Jesus Christ.jpg - Wikimedia Commons
D.h. ein Ornament an einem Gebäude oder Mauer oder irgendwas ähnliches. Chinesische Dachziegel? https://www.alamy.de/stockfoto-glasierte-dachziegel-auf-chinesische-tempel-georgetown-penang-55821121.html

Oder falls es aus Holz, auf ein Möbelstück aufgeklebt. Dafür wäre es aber ein bischen dick und braucht keine in den Rand eingeritzten Zeichen.

Dagegen spricht allerdings von die von @StruppigerTim genannte hohe Dichte, die eher für eine Zinnlegierung sprechen würde — wonach es aber gar nicht aussieht. Sehr mysteriös.

Weil ich mit den kleinen Kugeln auf den möglichen Kastanienblättern nicht glücklich war, habe ich mal bei den Botanikern nachgefragt. Eine interessante Antwort, die ich bislang erhielt, schlägt Gallen als Erklärung der Kügelchen vor.

Aus diesen wurden früher Färbemittel (schwarz) und Tinten hergestellt. Da die Gallen(?) auf dem Objekt so prominent und zahlreich dargestellt werden, könnte das vielleicht eine Spur sein.

Ja, das hat er nachträglich oben eingefügt, wo man es nur zufällig sieht…
Das spricht gegen Holz (bis ca. 1g/cm^3) und auch gegen Ton oder selbst Beton (1-2 g/cm^3).

Was gegen jegliches Metall spricht sind aber Farbe und “Oberfläche nimmt leicht Feuchtigkeit auf, wird dabei dunkler und bindet eine Weile Partikel”.

Demnach besteht das eher aus einem Metallkern und einem dünnen Überzug… Dagegen spricht aber die am Rand eingekerbte Schrift und dass es geschnitzt sein soll.

Ich glaube ich habe die Diskrepanz: mir scheint die Berechnung der Dichte falsch zu sein.
3,7cm Durchmesser gibt mit π*r^2 => 13,9cm^2
und mit Dicke 0,75cm ein Volumen von 10,4 cm^3
Bei 18g ist das eine Dichte von ~1,73g/cm^3.

Da käme man mit verschiedenen Tonen doch sehr gut hin, was zu Farbe und Wasserverhalten passen würde.

Aber die Gallen für Gallustinte gibt es wohl nur an Eichen. Und deren Blätter sehen definitiv anders aus. :wink:

Da mag etwas nachgeschnitzt worden sein, aber etwa die ‘Kügelchen’ sind so sauber, dass man eher eine Form oder einen Stempel vermuten könnte.

Das würde natürlich ein Rätsel lösen, aber warum hatte StruppigerTim dann zunächst den Eindruck, es könne sich um Blei handeln? Hm.

Auch wieder wahr. Und Gallen auf Rosskastanienblättern habe weder ich je gesehen, noch findet man im Netz irgendeinen kleinsten Hinweis dazu.

:sunglasses: Vielleicht ist die Rosskastaniengallwespe ja ausgestorben.

Ich glaube diese Frage kann man nicht archäologisch oder mit Materialwissenschaften beantworten :slight_smile: Sondern indem wir warten was er selbst dazu sagt…

Schutzbehauptung? Denn man darf eigentlich nur bis ca. 15 cm Tiefe buddeln. Und vielleicht war der “Beifund” leichter zu identifizieren?
:grimacing:

Hallo,

warum kann es eigentlich kein Blei sein? Blei oxidiert zu einer leichten, weißen Kruste. Dadurch ist die Dichte des Objekts geringer, Messfehler können wir wohl auch nicht ausschließen. Wenn man sich den Gelb-Stich der Fotos wegdenkt, könnte das Artefakt schon weißlich sein.
Viele Grüße

Der Gedanke lässt mich frösteln.

Aber da Tim, der ja offenbar nicht der derzeitige Besitzer dieses Artefakts ist, es uns so offenherzig präsentiert, will ich hier nicht vom Schlimmsten ausgehen.

Dennoch würde ich es sehr begrüßen, wenn die zuständigen Leute (LWL Bielefeld?) informiert würden.

[Edit] Zwischenzeitlich habe ich noch bei den Freunden antiker Münzen nachgefragt (die auch verwandten Themen zugeneigt sind), und die Top-Antwort derzeit lautet:

Not a coin, does look like an amphora stopper, nice condition too. [Link]

Blei-Patina sieht anders aus. Das vorgestellte Stück erinnert (so krümelig, wie es aussieht) an einen noch nicht gebackenen Mürbeteig-Keks, wird aber wohl Ton sein. Zum Vergleich ein Stück aus dem Met-Museum und Beispiele für Blei-Patina.

Übrigens zu „Patina“: Bei genauerer Betrachtung vermisse die bei diesem UFO… es sieht so porentief sauber aus…

Moin,

weil es eben doch für die Größe “schwer” erscheint, wie z.B. Zinn?

Gruß

Jürgen