Alte Kiste von Funden vom Bau einer Senkgrube

Liebes Forum,
ein alter Mann hat mir heute einen Karton voll Scherben und anderer Funde gezeigt, die er vor über 50 Jahren beim Errichten einer Senkgrube im Tullnerfeld/Niederösterreich gefunden hatte. Die Fundstelle soll damals wie eine Feuerstelle auf ihn gewirkt haben (manche der Funde haben auch eindeutig eine schwarze Patina)
Seine Frage an mich war, wie alt die Sachen sind und ob römische Sachen dabei sind. – Meine Vermutung wäre Mittelalter, aber ich hoffe hier genauere Deutungen zu erhalten:
Anbei die interessantesten Stücke:
1: Vermute der oberer Rand eines großen Keramikvase mit ca. D=1m. Auffällig ist das Kreuz mit einem dicken Punkt an den jeweiligen Enden. Ebenfalls auffällig ist ein Zierrand mit einem Punkt ca. alle 5 cm vorhanden.

2: Ein Griff einer großen Keramikvase. Auffällig sind hier 3 Kreuze am Griff.


3: Teil einer Öllampe? Erinnert mich an das hintere Stück mit dem Griff einer antike Öllampen, wie ich sie aus der römischen Zeit kenne – nur deutlich simpler.

4: Webgewicht? Kleines rundes Objekt mit einer durchgehenden Bohrung und drei kreisförmigen Rillen am Umfang.

5: Beispiele von dünnwandiger Keramik

6: Beispiele von dickwandiger Keramik mit Teilen vom Rand.

7: Beispiele von Schlackenresten?

Vielen Dank für Hinweise! / Datierungsideen

Hallo und herzlich Willkommen im Forum,

da hast da ja eine ganze Menge an Fundstücken. Ich werde dir wohl nicht weiterhelfen können, aber ich kann dir sagen, dass diejenigen die sich besser auskennen mehr Informationen benötigen. D.h. du müsstest Fotos der verschiedenen Ansichten machen. Gerade bei Keramik ist die Rückseite und Bruchstelle sehr wichtig.

Ist Fund 4 mit einer geraden oder konischen Bohrung? Und aus welchem Material besteht es? Auch Keramik?

Gruß Shard

Moin,

genau so, wie es Shard schreibt, ist es. :+1:

Beispiel erstes Foto.
Auf Anhieb habe ich einen starken Verdacht, der sich aber nur durch das Profil (Seitenansicht) der Bruchstelle erhärten lässt.
Bei diesem ersten Stück (1) muss man dann auch die Draufsicht (Rundung Ø) sehen können. Gut ist, dass Du einen Maßstab dazugelegt hast, damit könnte ich ggf. den Durchmesser virtuell ermitteln, das wird genauer als geschätzt.

Das gilt für jedes Einzelstück. Mehrere Ansichten mit einem Hinweis, damit man die diversen Ansichten an dem Objekt “verorten” kann.
Ansonsten stehen wir wie der Ochs vom Berg, Du hast schließlich die Teile in der Hand vor Augen und kannst sie drehen und wenden - wir sehen nur 2D und wissen nicht wie Du gewendet oder gedreht hast.

Gruß

Jürgen - der kein Keramiker ist!

Hallo, bei den Scherben (6) könnte es sich möglicherweise um Randstücke mittelalterlicher Kugeltöpfe handeln. Aber wie Shard und Stoneman schon schrieben, benötigte man noch viel mehr Informationen.
Die Kreuzverzierung des Henkels sowie auch das Kreuz an dem Randstück (?) eines großen Gefäßes lassen mich an einen sakralen Verwendungszweck denken: eine Taufschüssel und einen Wasserkrug vielleicht. Allerdings konnte ich dafür keine Belege recherchieren.
Teil 3 erscheint mir wie ein Kerzenhalter, dem der Topf für die Kerze weggebrochen ist. Ein Öllämpchen erscheint mir auch möglich, falls es im heilen Zustand eine “Nase” gehabt hätte, in der der Docht lag. Ohne weitere Funde wird sich das Rätsel wohl nicht lösen lassen.
Bei 4 tippe ich auf einen Spinnwirtel. Hat es eine konische Bohrung? Für ein Webgewicht ist das Teil viel zu klein.

Zeitstellung - sehr vorsichtig - spätes Mittelalter oder frühe Neuzeit. Aber wie gesagt: es fehlen noch mehr Informationen. Auch über die Tiefe, aus der die Funde stammen, und über die Umgebung. Städtisch? Ländlich? Gibt es Hinweise auf römische oder germanische Siedlungen?

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Vielen Dank für die zahlreichen Antworten!

Wollte beim ersten Post schon zahlreiche Photos anhängen, war aber leider auf 4 limitiert.
Zur Fundumgebung: Ländlich, ca. 10 Meter neben einem alten Bauernhaus, ca. 250m entfernt vom Dorfmittelpunkt bei einer alten Kirche. Für die Fundtiefe müsste ich den alten Herrn noch einmal fragen. Die nächsten römischen Funde sind meines Wissen nach eine Villa Rustica ca. 2km entfernt.

zu 1

zu 2, 3,4



Danke für den Tipp für 3 als Kerzenhalter. Hört sich gut an. Habe leider einen etwas “römischen” Blick. (Hatte mir aufgrund der ersten Beschreibungen des Mannes Terra Sigillata erwartet :smile: , und war dann gestern etwas überrascht)

Zu 4)
Die Bohrung ist zylindrisch:



Zu 5) 6) 7)


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Moin,

es wird besser mit den Bildern.

Bild 1 den Bogen sieht man, aber er ist verzerrt, weil ich vergaß zu schreiben, dass solche Ansichten grundsätzlich 90°-Ansichten sein sollten, keine Perspektiven, die für Verzerrungen sorgen.
Perspektiven können / sollen nur zusätzliche Informationen liefern.

Um den Durchmesser besser zu ermitteln, wenn es erwünscht ist, bitte Maße angeben.

Das Profil (seitliche Bruchstelle) dazu hast Du vergessen?

Bild 4 würde ich auch als Spinnwirtel ansprechen. Wie genau und womit hast Du den Durchmesser des Loches ermittelt?

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen,

danke für Deine Rückmeldungen. Anbei nun bessere Fotos und Abmessungen:
1)


A: 35cm
B, C, D: ca. 10 cm
Äußerer Umfang des Stückes: 38cm, rekonstruierter Radius gemessen mittels Tagentenmethode und zwei Zimmermannswinkel: ca. 38 cm


Bruchfläche


Detail des Kreuzes:

  1. Griff:



  1. Ikonographie am Griff im Streiflicht:
  1. Kerzenhalter?



3)Bruchfläche:

4)Spinnwirtel (Maße in mm)




  1. Beispiel dünnwandige Keramik?



6)Beispiel 6.1 dickwandige Keramik




6)Beispiel 6.2 dickwandige Keramik




Jedenfalls nochmals vielen Dank für die Antworten und Hilfen. Dem alten Mann wird es eine riesen Freude machen nach über 50 Jahren Antworten zu seinen Funden zu hören.

Viele Grüße,
Thomas

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Wenn das Loch nicht konisch ist, dann ist es wohl kein Spinnwirtel, auch wenn es ganz wie einer aussieht.

Hallo Shard,

danke für Deine Rückmeldung! Muss eine Spinnwirtel immer einen konische Bohrung besitzen? Was könnte dann in Betracht kommen? Schmuck?

Viele Grüße