Hilfe bei der Beurteilung gesucht

Hallo Archäologie-Freunde, ich bin eifriger Denkmalschützer und restauriere derzeit in M-V ein wenigstens 250 Jahre altes, heruntergekommenes Stampflehmhaus. Einer der Räume war reich an Lehm, den ich zur Sanierung der Wände nutzen wollte, also hab ich angefangen ihn abzugraben. Dabei bin ich in einer Tiefe von cirka 30 cm unter Fundament auf zahlreiche Felssteine gestoßen und nun etwas unschlüssig, ob diese Anordnung einzeitlich, zufällig oder doch von Menschenhand gemacht ist. Es handelt sich um verschiedenartige Steinarten. Der Fundort liegt im Kreis Mecklenburgische Seenplatte, wo es mit geschichtlichen Hinweisen nicht weit her ist. Selbst zum darübergebauten Bauernhaus gibt es wenig. Anbei ein paar Fotos. Ich würde mich über konstruktive Hinweise freuen.attachment_7a18a142405d68d4dce27e90cce5fed0.JPG attachment_3905f579fcf32ed0965bbc4c57830cc9.jpg

Lieber Stephen969, ich würde dies als von Menschenhand aufgeschichtete Steine sehen, vielleicht das Fundament eines noch älteren Hauses. Ich habe bei vielen Grabungen ähnliche Strukturen gesehen.   Da Du im Denkmalschutz tätig bist hast Du sicher auch gute Kontakte zu den örtlichen Archäologen, diese solltest Du mal zu Rate ziehen. Das Ergebnis würde sicher alle hier interessieren. Gruß Karlheinz

Ich war öfter in Nepal und habe dort gesehen wie Häuser gebaut werden. Dort wird, an den Stellen wo später die Wände stehen, kleine Gräben gezogen. Etwa 0,5 bis 1m tief. Danach werden diese mit runden Bach- oder Flußsteinen aufgefüllt.

Vielen Dank für die Infos. Ich habe jetzt erstmal das Denkmalamt informiert und etwas recherchiert. In 4,8 km befindet sich die ehemalige Festung Demmin und Wikipedia erwähnt mehrere Burgen, die um 1300 cirka 5 km vorgelagert gewesen sein könnten/sollen. Zwei vermutete Positionen der letzten werden speziell erwähnt und eine davon käme lagetechnisch in Frage. Strategisch würde es auch Sinn machen, da wo das Haus und diese Steine liegen. Mal schauen, was das Amt nun unternimmt. Anfangs war ich skeptisch, weil ich keine Art von Mörtel zwischen den Steinen fand, vom Lehm mal abgesehen. Da wäre die nepalesiche Bauart dann eine Erklärung. Ich werde natürlich berichten. Das Denkmalamt sollte sich ja eigentlich innerhalb von drei Tagen melden. MfG, Stephen969

Moin Moin, bei einer so dichten Packung könntest Du eigentlich von der Fundamentierung eines älteren Baues ausgehen. Die Verarbeitung von Feldsteinen ohne Mörtel war im MA üblich. Bei der Beurteilung, ob es sich um “Menschengemachtes” handelt, solltest Du im Lehm zwischen den Steinen nach Resten menschlichen Handelns wie Holzkohleflitter, Resten von Brandlehm, Keramik- oder Knochenresten schauen. Gruß Irminfried

Ahh…na dann wird es sich vielleicht tatsächlich um einen der Vorpostenburgen der Festung Demmin handeln. Beim Abgraben des Lehms gab es immer wieder kleine Stücke von holzkohleartigem Material, nicht größer als 5 Cent Stücke bis hinunter zum Fuß meiner Grabung. Scherben gab es auch, allerdings waren die schwarz und ziemlich leicht, deshalb hab ich da noch nicht tiefergehend recherchiert. Wie erwähnt, ist der darauf befindliche Bau auch etwa 250 Jahre alt, deshalb dachte ich daran an Teile aus dieser Zeit, die dort evtl. hineingeraten sind. Aber vielleicht gibt es ja noch einen Fachmann dazu, also werd ich mal ein Foto machen.

Dazu könntest du uns mal die Scherben zeigen, vielleicht können wir dir dazu etwas sagen. Bitte gewaschen, mit Maßstab und von allen Seiten :slight_smile: Am Besten suchst du dir die größeren Stücke heraus, von denen du auch ein paar mehr hast. Eine einzelne Scherbe sagt für sich erstmal überhaupt nichts aus.

Wenn es Scherben gibt, würde ich die auch gerne sehen.

So, ich versuchs mal mit Fotos. Das Gewicht der drei Scherben liegt bei 35 Gramm. Eine Seite ist sehr dunkelgrau bis schwarz, die Bruchstellen und die andere Seite grau. Es gibt insgesamt elf Scherben ähnlicher Größe, die alle eine unregelmäßige Dicke von 4 bis 6 mm haben. Eine der Scherben ist auffällig wegen seiner Oberflächenstruktur in einer Art “Wellenmuster?” (die rechte). Das Material ist ähnlich Ton aber eben durchgehend grau, wobei eben die vermeintliche Außenfläche ins schwarze abgleitet.attachment_124c20fb1657ff18050cee319e3c96a6.jpg attachment_5119ba50e6f88f871c901b7354ef2002.jpg

Danke für die Scherben. Eigentlich sieht mn nichts. Aber Deine Beschreibung und das Wellenband passen ins MA. Wenn Du Zeit hast, wäre es prima die Keramik von beiden Seiten und auch im Bruch abzulichten. Dann kann man etwas genauer werden. So bleibt es erst mal beim Raten.

Man sieht in der Tat nichts. Geht das bitte heller, mit besserem Licht? Das Gewicht der Scherben hat keine Aussage. Was aber eine (beschränkte) Aussage hätte, wäre die Härte. Probier mal das anzuritzen. Mit dem Nagel, einer Kupfermünze, einem Messer… Das ist reduzierend gebrannte Irdenware (Grauware), auch so wie du das beschreibst. Das “Wellenband” sieht für mich auf dem Bild eher nach (Dreh-)Riefen aus, aber man erkennt es echt schwer. Ins späte Mittelalter würden wir damit also schon kommen… Zeig uns doch nochmal den Bruch (gerne auch einen frischen).

So, hier jetzt  ein Versuch mit besseren Fotos.Vielleicht sollte ich mal einen zweiten Beitrag nur für die Scherben eröffnen?! Eventuell fänden sich dann noch mehr Interessenten mit Infos dazu, die bei den Feldsteinen noch nicht eingestiegen sind?!

sieht für mich wie ein Kugeltopf aus irdener Grauware aus… Ist die Keramik klingend hart? Würde ich so ins ausgehende 12. Jhdt. legen. nochmal angeschaut :detective: , sorry, eher ins 13. Jhdt. hinein… Gruß Irminfried

Ritzen??? Ihr seid ja gut. Ich hab schon ein schlechtes Gewissen, eventuell bei meiner unfachmässischen Graberei was übersehen zu haben, aber den Aushub gibt es ja zum Glück noch. :wink: Klirrend hart? Ich find es schon fast etwas härter, aber mindestens genauso hart wie Tonware, die man heute bekommt. Zum Ritzen: Ja, mit ein wenig Kraftaufwand bekommt man es mit einer Metallklinge eingeritzt.

Mit dem Ritzen kannst du grob die Härte der Scherben bestimmen. Wenn Du mit dem Fingernagl ritzen kannst, deutet das auf vorgeschichtliche Keramik hin. Wie das mit der Meldepflicht in Deinem Bundesland ist weiss ich nicht. Schau mal im Denkmalschutzgesetz nach. Da steht auch üblicherweise der Zeitraum, in dem Du warten mussst. Aus der Ferne halt ich es für nicht so “spannend”, dass man einen Baustopp verhängt. Noch dazu in einem privaten Haushalt. Da gibt es auch einen Ermessensspielraum. Vielen Dank, dass Du den Sachverhalt gemeldet hast und Verständnis für die Situation aufbringst.

die Fundamentierung muß nicht zwingend mit einer Burganlage zu tun haben… Die trocken Feldsteinfundamentierung war die Regel im mittelalterlichen Hausbau. Auch die Keller wurde so gebaut, nur die Gewölbe darüber wurden mit Kalkmörtel hergestellt. Ein schönes Beispiel ist die Stadt Freyenstein in der nördlichen Prignitz, wo  die m.a. Stadtwüstung im Laufe der Jahre feinstens dokumentiert und ausgegraben wurde… Also erstmal don´t panic! :b:

So, wie versprochen, einen Statusbericht: Das Denkmalamt hat den Fund weitergemeldet. Nach telefonischer Rückfrage hat man mich etwas ratlos gebeten, noch eine Woche mehr als vorgeschrieben den Fund unberührt zu lassen. Mittlerweile sind fast drei Wochen vorbei, niemand hat nachgefragt oder wollte etwas sehen und das potentielle Bodendenkmal ist nun wieder zu meinem Keller degradiert worden. Somit kann ich aber erstmal auf eigene Faust weitere Untersuchungen anstellen und die Stelle etwas erweitern. Falls sich dann meine Vermutungen bestätigen und die Dimensionen doch weitreichender sind, stell ich mal ein aktuelles Foto ein, was dann vielleicht nähere Auskünfte gibt. Sollten die Dimensionen unüberschaubar werden, biete ich eventuell einem Archäologiekurs das Grundstück für ein kostenloses Grabungslager an, wo dann die Nachwuchsarchäologen ein paar Erfahrungen sammeln können, aber das ist nur so ein Hirngespinst derzeit. Grabungslager sind scheinbar ja sehr gefragt. :wink: Das wird dann bestimmt fundierter, als wenn irgendwann Bauarbeiter mit dem Bagger buddeln. Sollte es zwischenzeitlich noch Extrafunde geben, gibts wieder Meldung, falls da Interesse besteht?

Das Denkmalamt hat den Fund weiter gemeldet? Wohin denn? :smiley:

Die zuständige Dame hat es wohl an das Landesamt gemeldet, wenn ich das richtig verstanden habe. Sie sollte doch wissen, wem sie das mitteilen kann?! Die Auskunft hab ich mir telefonisch abgeholt, weil ich auf Grund von gar keiner Reaktion wissen wollte, ob meine Meldung überhaupt angekommen ist. Eine ausgebildete Archäologin sitzt wohl mit auf dem Flur, aber inwiefern die sich damit befasst hat…keine Ahnung. Ich hoffe nicht, dass sie das an die Leute gemeldet hat, die die Geschichte mit den Einbäumen verzapft haben. =:-O Aber noch ist ja nix verloren. Ich werde frühestens nächste Woche nochmal die Stelle etwas und vorsichtiger erweitern, um ein wenig Klarheit zu bekommen. Die Denkmalschützerin hatte die Vermutung, das es evtl. nur ein Hausbrunnen sei?!

So,wie schon berichtet, hat die Denkmalbehörde kein Interesse daran. Ich habe mir erlaubt ein wenig selbst weiter zu graben, diemal mit etwas mehr Akribie. Anbei die letzten Fotos. Mir scheint, dass die untersten Steine nicht ursprünglich dort lagen, sondern hineingefallen sind, oder wurden. Besondere Extrafunde gab es kaum, wobei ich das nur schwer beurteilen kann. Die üblichen,vereinzelten Scherben, wie schon vorgestellt in grau. Was die Vermutung der Denkmalbehörde mit dem Hausbrunnen angeht…keine Ahnung. Allerdings erscheint mir die anfängliche Ringform nun eine deutliche Ecke auszubilden (Bild an der linken Seite) und für einen Brunnen sehr breit?! An der Stelle neben dem “Winkel” treten die darunterliegenden Steine auch nach hinten weg, was aber nichts heißen muß, bei der kleinen Grube derzeit. Die Tiefe beträgt jetzt 1,60 m unter Normalniveau (sagt man so?). Wenn ich eine Vorstellung vom Konzept hätte, könnte man unter Umständen gezielter vorgehen.