Keramikfragmente mit pechartigen Innenanhaftungen – Bestimmungshilfe erbeten
Moin,
beim Spaziergang vorbei an einem Feld bei Oldenburg (Nordwestdeutschland) habe ich zwei Handvoll Keramikscherben aufgelesen, die augenscheinlich zu einem einzigen Gefäß gehören. Die meisten Fragmente liegen dort noch dicht beieinander, verteilt über eine Fläche von etwa 10 × 10 m.
Der Fundort befindet sich in Nähe ehemaliger Moorgebiete, in dem bis ins 20. Jahrhundert hinein Menschen in Plaggenhäusern lebten. Es ist bekannt, dass Birkenpech weit über dieSteinzeit hinaus in einfach gehaltener Gebrauchskeramik hergestellt wurde. Andere Scherben oder Ziegelbruch konnte ich dort nicht sehen.
Die Keramik ist grob gemagert, dunkelgrau an den Außenseiten, hellgrau dazwischen, durchsetzt mit kleinen Steinchen.
Mehrere Randstücke zeigen eine umlaufende Einbuchtung/Einkerbung in der Mitte des oberen Randes.
Ein mutmaßliches Bodenstück ist ebenfalls vorhanden.
Teilweise sind eingeritzte Linien zu erkennen, die als mögliche Verzierung oder Gebrauchsspur gedeutet werden könnten.
Auffällig ist, dass nahezu alle Scherben auf der Innenseite pechartige, schwarze Anhaftungen tragen. Diese sind im Kaltzustand hart und geruchsneutral, werden bei direkter Sonneneinstrahlung jedoch weich und entwickeln bei Hitzeeinwirkung einen leicht harzigen Geruch.
Ich überlege, ob sich eine erneute Fahrt zum Fundort überhaupt lohnt. Daher bitte ich um eine vorherige Einschätzung.
Shard - das mit den Einschlüssen ist mir beim Aufsammeln gar nicht bewusst aufgefallen. Erst hab ich genauer hingesehen – und ja, du könntest tatsächlich richtig liegen: fasrig und poriges Material innerhalb der Scherben.
Ich hab gerade ein bisschen recherchiert (auch extern) und es gibt Hinweise darauf, dass in solchen Fällen wirklich organisches Material wie Knochenmehl oder Pflanzenfasern als Zuschlag verwendet wurde – gerade in einfach hergestellter ländlicher Keramik. Die porigen weißen Stücke sprechen für etwas Knochenartiges, und das Faserige passt gut zu Stroh oder ähnlichem. Als Ersatz für Sand, Muschelkak oder was sonstwo hinzugefügt wurde.
Also wirklich: sehr guter Blick, das war ein wertvoller Hinweis. Danke dir !
Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber die Bilder sind zu stark vergrößert, dadurch werden sie grisselig. Von hier aus sieht es aber nicht wie organisches Material aus, oder “knochiges” (ich hätte das für ein kleines Steinchen gehalten), aber wie gesagt, ich kann anhand der Bilder nicht viel erkennen.
Na gut – vermutlich also eher solider Bauschutt mit Hang zur Dramatik.
Ich werde die restlichen Scherben bei Gelegenheit einsammeln, ein bisschen puzzeln und schauen, ob sich das Ganze zu einem Gefäß oder wenigstens zu einer guten Geschichte zusammenfügt.
Wenn’s klappt, dann melde ich mich mit einem Bild zurück – falls nicht: auch.
Danke für die Hinweise – und den freundlichen Realismus!
Hallo
die Kombination aus einheitlich fein gemagerter Masse und weniger grober Magerung würde ich frühestens in einer grösseren Manufaktur suchen, vielleicht ab dem Ende des 16. Jh.
Ein Test mit Säure würde modernen Beton ausschließen. Aus welchem Material die Anhaftungen bestehen kann vielleicht ein Mikroskop klären.
Einzelne Scherben kommen wie ein Schleier ausgebreitet regelmäßig vor. Viele gleichartige Scherben zusammen könnte auf Material hindeuten, dass aus dem Untergrund hochgepflügt wurde. Arbeitshypothese z.B. Teerofen.
Oder doch Bauschutt?
Viel Spaß
Uwe
Hallo EmmaPeach,
es geht mit Schwefelsäure, aber eigentlich sollte der Kalk im Beton auch mit anderen Säuren reagieren, also aufschäumen. Geht auch gut mit Mörtel oder Eierschalen.
Viel Spaß
Uwe
Könnte es sich bei der Glasur um eine giftige handeln?
Ich frage, weil es bei uns hier in sehr ländlichen Gegenden gar nicht unüblich war, zu vergraben, was nicht verbrannt werden sollte - und andersrum.
Bevor die Müllabfuhr regelmäßig kam.
Meine Quelle zum Mergel Von Helmut Schlichtherle: “Archäologie des Wassers – Moorfunde aus Europa” auch zu ländlicher Keramikherstellung in Moorgebieten, besonders aus Norddeutschland.
Und
Wulff Plöger (2004):
„Volkskeramik in Norddeutschland“ Oldenburger Jahrbuch 104
giftige Glasuren gibt es natürlich (Bleiglasur ist zum Beispiel giftig), aber ich denke da ist die Gefahr einer Vergiftung gering. Weitaus gefährlicher sind Trümmer von Schornsteinen von Fabriken. Da ist von hochgiftig bis krebserregend alles dabei. Wurde in der Vergangenheit auch gerne mal irgendwo verschwinden lassen…
Die abgerundeten Randstücke sehen so aus, als ob sie keine oder nur eine sehr kleine Rundung hätten.
Um es besser zu erklären habe ich ein paar Markierungen eingefügt.
Rot ist die Ausrichtung die sie haben. Grün ist die Ausrichtung, welche ich bei einem Topf oder Rohr erwarten würde.
Kannst du bestätigen, dass da kein Bogen ist, sondern der Verlauf gerade ist?
Nein, Jürgen, ich Versuche immer noch mir ein Bild zu machen. Ich denke ein Rohr oder eine Dachpfanne ist immer noch möglich. Zumindest wenn es eine sehr geringe Wölbung ist. Bei kleinen Bruchstücken und großen Durchmesser ist das immer schwer zu sagen.
Ich komme morgen auf die beiden Scherben zurück und nenne die nicht gekrümmte Randscherbe 1a) Sie misst eine Wandstärke zw. 0,9 cm bis 1,4 cm und weißt parallel verlaufende Rillen auf.
Ich überlege, ob es hier tongebrannte Futtertröge mit geradem greifbarem Rand zum Transportieren oder Herausheben gab? Ich kenne nur Steinkröge…
Oder eine Badewanne mit Greifrand? Eine Waschwanne?
Oder kleine Abflussrinnen unter den Dachpfannen?
Randscherbe 1b) hat eine leichte Krümmung.
Frage:
Wenn ich bei 1b) den Bogen sauber gezeichnet und Sehne + Pfeilhöhe gemessen habe, können wir damit dann schon den ursprünglichen Gefäßdurchmesser präzise abschätzen?
Und…ähm…welche Krümmung denn? Am äußersten Rand, oder weiter innen – also am Übergang von Gefäßwand zu Randansatz?
Ich mach dann auch bessere Bilder der beiden Scherben.
ob außen oder innen ist eigentlich wurscht. Beides kannst du schnell berechnen wenn du eines von beiden erst Mal hast.
Aber in der Regel ist der Außendurchmesser gefragt.
Wenn du den Bogen auf Karopapier zeichnest, kann ich ihn vielleicht ausmessen.
ich habe inzwischen den Säuretest – wie vorgeschlagen durchgeführt:
Ich habe die Scherben in Zitronensäure gelegt – keine hat gesprudelt.
Das spricht eher für gebrannten Ton als für Beton?
Zur Randscherbe Nr. 1b) mit vermeintlicher Krümmung:
Die Scherbe zeigt außen diese feinen parallel verlaufenden, geraden Linien als Verzierung.
Sie sieht schon gebogen aus – aber esbfehlt auch die Glasur oder Farbe.
Wahrscheinlich also keine echte Krümmung, sondern ein durch Bruch entstandener Eindruck? Da die Verzierungslinien in gleichmäßigen Abstand zueinander verlaufen, kann es gar keine Rundung gegeben haben, oder?
Heute habe ich eine weitere Randscherbe herausgekramt – die mit den gut erkennbaren Einkerbungen/Furchen oben am Rand = Nr. 1C)
Damit probiere ich die Kreisberechnung nochmal. (Das mit dem Mittelpunkt finde ich spannend )
Ja Shard, ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du über das Ergebnis einmal rüber schauen könntest. Danke schonmal.
Ich habe dazu gelbe Straßenkreide in Flüssigkeit aufgelöst, den oberen Rand der Scherbe 1c) dort eingetunkt und einen Absruck auf Karopapier gemacht. Die Furche oder Einkerbung schwarz nachgezeichnet.