Ja, mir ist bewusst, dass es Funde von Hinterlassenschaften der Neandertaler etwa im westlichen Holstein und in Niedersachsen gibt, in Gebieten also die nachher nicht von Vereisung betroffen waren. Im östlichen Holstein sowie in Mecklenburg-Vorpommern und dem Großteil Brandenburgs hingegen ist es nicht möglich, solche Artefakte zu finden, da hier das Eis alles weggehobelt und zerkleinert hat.
Der Höhepunkt der Weichsel-Kaltzeit mit der Brandenburg-Phase (Vereisung bis zum Fläming) fand vor etwa 25.000 Jahren statt, als es seit 15.000 Jahren keine Neandertaler mehr gegeben hat. Folglich können wir im Feldberger Seengebiet keine Hinterlassenschaften von ihnen mehr finden, selbst wenn sie dort vor der letzten Eiszeit gelebt hätten (wovon auszugehen ist).
an dem Stand wird sich nichts mehr ändern — was weg ist, ist weg.
(Wobei man vielleicht unter den glazialen Ablagerungen noch fündig werden könnte, aber sicher nicht an der Oberfläche.)
Menschen können den Breiten Luzin nach Fraedrich erst wieder allerfrühestens vor 14.000 Jahren erreicht haben, als genau hier der Rand der Vereisung verlief. Ergo kann der Klingenkratzer nicht älter sein.
Moin Timo,
Ich wollte nur zu anmerken, dass die maximale Ausdehnung der Eisrandlage kein Dauerzustand darstellt, sondern ständigen Verschiebungen unterlag. Im Geschiebe kann man viele gut erhaltene Fossilien finden, die nicht zerquetscht und zerkleinert sind. Sollten also fühere Jäger den Rentierherden bis an die Eiskante in die Tundra gefolgt sein, wären Ihre Steinwerkzeuge nur verschoben worden, aber nicht unbedingt zerstört.
Gruss
Schoersch
es ging jetzt speziell darum, ob in M-V Werkzeuge des schon lange vor der Brandenburg-Phase ausgestorbenen Neandertalers gefunden werden könnten. Und das ist so unwahrscheinlich, dass es gegen Null geht.
Dass moderne (H. sapiens) Rentierjäger bis an die jeweilige Eiskante vorstießen bezweifelt niemand. Und von denen könnte der Fund aus Feldberg frühestens stammen.
Und da die Gletscherzunge aus der dann der Breite Luzin entstand sich erst ab etwa 14.000 Jahre vor heute zurückzog, kommen somit allerfrühestens die Menschen der Hamburger Kultur in Frage — von denen man immerhin schon weiß, dass sie bis nach M-V vordrangen.
meine Anmerkung bezog sich nicht explizit auf Deinen genannten Bereich.
Auch an anderen Stellen wurde Unmöglichkeit prognostiziert. Nur ein Beispiel.
Zitat:
Es blieb Fuhlrotts Schicksal, dass bis zu seinem Lebensende kein angesehener deutscher Wissenschaftler den Mut hatte, das tatsächliche Alter von etwa 50.000 Jahren und damit die die große Bedeutung des Fundes anzuerkennen. Dazu mag beigetragen haben, dass eine so hoch angesehene Autorität wie Rudolf Virchow (1821 - 1902) noch bis kurz vor seinem Tod darauf bestand, es handele sich um die Knochen eines an Rachitis erkrankten neuzeitlichen Menschen. Quelle > Zur Geschichte des Neandertalerfundes
Ja gut, das war gestern, aber derartige Geschichten wiederholen sich.
Wer wollte da widersprechen. Aber im speziellen Fall dürften sich angesichts der gut erforschten Endmoräne von Feldberg keine überraschenden Änderungen mehr ergeben.
Da bin ich dem Jürgen aber zuvorgekommen. Vor Jahren, am Anfang meiner Sucher-Leidenschaft, habe ich schon diesen “Faustkeil” aus Granit an der Müritz gefunden.
Das ist allerdings verblüffend — Gratulation zu dem Fund!
Aber wie sollte es möglich sein, einen mehr als 40.000 Jahre alten Faustkeil zu finden, wenn die ganze Landschaft seitdem für viele tausend Jahre unter einem dicken Eispanzer gelegen hat und allfällige Neandertalerschichten nicht nur erst abgehobelt, sondern letztlich auch noch mit hundert Metern Gletscherdreck überlagert wurden. Wo man nur Sand und Findlinge findet, ist man doch stratigrafisch weit oberhalb von Neandertaler oder gar Heidelberger.
Im sogenannten Frankfurter Stadium , etwa um das Jahr 18.000 v. Chr., lag die heutige Mecklenburgische Seenplatte im südwestlichsten Teil des Zungenbeckens, das die Ostseegletscher bildeten. Ihre Südwestgrenze ist die heute noch im Relief erkennbare Endmoräne jenes Stadiums. Etwa um 15.000 v. Chr., im Pommern-Stadium, hatte sich das Gletschereis um rund 30 km nach Nordosten zurückgezogen,[2] sodass sich im Gebiet der heutigen Seenplatte Sander und Urstromtäler ausbildeten. Das Eis schüttete nicht nur die Endmoränen auf und stauchte sie, sondern es formte beim Tieftauen auch Hohlformen, auf denen sich Seen bildeten. Das abfließende Schmelzwasser formte, teils schon unter dem Eis, Rinnen, auf denen heute viele der Seenketten liegen.[1]
Naja, und nach dem was ich in Fachliteratur in den letzten Tagen las, geht es in Mecklenburg erst mit dem Spätpaläolithikum (Hamburger) und dem Mesolithikum los. Wie passt dieser tatsächlich älter erscheinende Fund da hinein?
Hallo [quote=“Geognost, post:42, topic:16432”]
Timo
[/quote]
ich fand das ja auch verblüffend. Wie sollte diese Form entstanden sein? Aber es ist kein Faustkeil. Wurde mir gesagt… ,
Nein, kann wirklich keiner sein.
Nebenan haben wir gesehen, wie die Natur fast perfekt anmutende Treppenstufen hervorbringen kann, warum also nicht dann und wann einen einzelnen Stein, der einem Faustkeil ähnelt?
Dank an die Diskutierenden, für mich ist die Diskussion sehr lehrreich, auch wenn ich mich, glaube ich, für die Feinheiten der Feuersteintypologien nie begeistern konnte.
Ich habe zwei Anmerkungen:
Absence of evidence is never evidence of absence, also des Fehlen von Belegen sollte nicht als Beleg für das Fehlen von Nutzung benutzt werden.
Nicht alles Ältere wird von Gletschern zermahlen, ein Beispiel ist der Rixdorfer Horizont. Bisher gab es in dem Zusammenhang weder menschliche Knochen noch bearbeiteten Feuerstein, aber jeder Neufund könnte das ändern. Museumsportal Berlin
danke für den Hinweis auf den Rixdorfer Horizont. Dort auf der Höhe von Berlin war der kurz darauf folgende Vorstoß des Inlandeises (Brandenburg-Phase) nur relativ kurz und die Mächtigkeit des auf dem Rixdorfer Horizont liegenden Sandes entsprechend gering (20 bis 30 Meter) und so hielt sich hier die mechanische Belastung und Abrasion des Untergrundes in Grenzen.
M-V hingegen war (vereinfachend gesagt) wegen der nördlicheren Lage viel stärker von der Brandenburg-Phase, und später unter anderem zusätzlich noch vom Vorstoß der Pommern-Phase betroffen, die wesentlich mächtigere Ablagerungen hinterließ. Man müsste hier also viel tiefer graben oder realistischerweise eher bohren, um an vor- oder früh-weichselzeitliche (Neandertaler-)Schichten zu gelangen.
Alle meine obigen Aussagen bezogen sich aber auf Oberflächenfunde wie jenem vom Breiten Luzin.