Mesolithische Pfeilspitze oder Naturprodukt?

Moin Timo,

nicht mehr und nicht weniger wurde gesagt - mit Kenntnis der Vorgeschichte.
Apropos “unfair”, lies Dir bitte einmal meine Beiträge durch.

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen,

Keine Frage, ein Einzelfund ist wenig aussagekräftig (und könnte sonstwie dort hin gekommen sein). Auszuschließen ist doch aber, dass er vor dem Gletscher dort hin gelangt sein könnte.

Mein oben spekulierter terminus post quem von 15.000 BP ist jedenfalls wohl noch zu optimistisch gewesen, wie ich soeben las:

Die Feldberger Seenlandschaft … liegt nun inmitten der sog. Pommerschen Hauptendmoräne, also den Ablagerungen, die während des jüngsten Haupteisvorstoßes abgesetzt worden sind. Die zeitliche Einordnung mit Hilfe von Tabelle 6 (S. 42) macht deutlich, dass das Inlandeis vor etwa 14.000 Jahren hier einen Stillstand erreicht hatte. Nordöstlich der Hauptendmoräne verlaufen weitere Endmoränenzüge. So z. B. verläuft mitten durch die Ortschaft Feldberg, südlich um den Haussee herum, eine solche Endmoräne, und parallel dazu verläuft knapp 2 km weiter nordöstlich ein weiterer Endmoränenzug, der sog. Watzkendorfer Staffel. … Die Seen, der Haussee und der Breite Luzin, sind in die zugehörigen Zungenbecken eingebettet, sind also Zungenbeckenseen.

Wolfgang Fraedrich, Spuren der Eiszeit: Landschaftsformen in Europa, Springer-Verlag, 2013, p. 90

Gruß, Timo

Wie auch immer Timo,

das ist der wesentliche Aspekt:

Die Bestimmung von Steinartefakten ist sehr viel schwieriger als sich Viele vorstellen können.

Als ich das oben erwähnte Federmesser fand und später nach der Reinigung sah, was ich da hatte, habe ich nicht einmal den Gedanken gewagt zu Ende zudenken.

Gruß

Jürgen

Schon klar. Aber dann ist es doch nett, wenn in diesem Fall die Geologie einen klaren Strich nach unten ziehen kann. :wink:

Das Gefühl kann ich gut nachempfinden. So ähnlich ging es mir auch, als ich, noch zweifelnd ahnend was das sein könnte, an völlig unvermutetem Ort an einer alpinen Kuhwiese Eisenschlacke in Händen hielt, die sich dann tatsächlich als römerzeitlich herausstellte und letztlich zum Fund eines ausgedehnten antiken Industriegebiets in den norischen Alpen führte. (Allerdings mussten wir etwa zehn Jahre abwarten, bevor die zwar wild erscheinende aber durch geologische Kartierung gut begründete Vermutung eines mehrere Hektar großen römischen Verhüttungskomplexes schließlich mittels archäologischer Ausgrabungen bestätigt wurde.)

Lustig waren damals die Versuche einer natürlichen Erklärung durch die die Kartierung begleitenden Geo-Profs am Abend nach unserem Fund — “eine miozäne Bodenbildung” und “Waldbrand bei Föhnsturm an einer Eisenerzlagerstätte” wurden da vorgeschlagen. :laughing:

Gruß, Timo

Moin in die Runde,

Nichts für ungut, sorry für das Durcheinander.
Lasst uns beim Thema bleiben!

Gruss,
Schoersch

Moin Timo,

Glückwunsch zu Fund.

So einen klaren Strich würde ich nicht einfach annehmen.
In der AID 01/2022 ist ein Bericht, demnach muss die nördliche Grenze des Neandertalers bzw. dessen Anwesenheit bis in die Gegend des 55. Breitengrades nach Norden geschoben werden.

Aktueller Stand der Wissenschaft - das weißt Du - ist immer nur “heute”.

Gruß

Jürgen

'Nabend Jürgen,

Der ist aber schon vor vielen Jahrzehntausenden vor der Kälte gen Süden geflüchtet, lange bevor die Gletscherzungen über der Feldberger Gegend seine allfälligen Spuren begraben und zermahlen hätten.

Da der gut erhaltene Kratzer am heutigen Ufer des Breiten Luzin gefunden wurde, sollte er wesentlich jünger sein sein. Eine wichtige Frage dabei wäre, wie alt das Ufer dieses Sees ist — dazu habe ich bislang noch nichts gefunden, bleibe aber dran.

Gruß, Timo

Moin,

nein, die (über)lebten da oben.

Zur Klinge - da würde ich keine Recherche mehr anstellen.
Stichwort “Fundverschleppung”, durch wen und wann ist völlig offen.

Nicht zuletzt wird im Zusammengang mit der Bestimmung von Artefakten nach Beifunden gefragt.

Gruß

Jürgen

Guten Morgen,

hier die weiteren Fotos…





VK Mark

Moin Mark,

für Laien ist es immer sehr schwierig, das zu zeigen, was wirklich wichtig ist, um ein Artefakt zweifelsfrei zu bestimmen.

Es reicht aber, um den Klingenkratzer zu bestätigen.

Allein das Aussehen erlaubt keine zeitliche Einordnung. Je nach Lagerungsmilieu können Artefakte wie frisch geschlagen aussehen, obwohl sie sehr alt sind und umgekehrt.

Wenn Du Interesse am Thema hast, gehe über die Felder. Fotografiere mit GPS am Fundort, um die Koordinaten zu erhalten, weil sie später bei der Meldung im Landesamt wichtig sind - aber nur dort ist der genaue Fundort wichtig. Hier im Forum darf nur eine ungefähre Lage genannt werden (Bundesland oder Großstadt in der Nähe, ggf. Kiesgrube, Strand etc.).

Viel Erfolg

Jürgen

Ja, mir ist bewusst, dass es Funde von Hinterlassenschaften der Neandertaler etwa im westlichen Holstein und in Niedersachsen gibt, in Gebieten also die nachher nicht von Vereisung betroffen waren. Im östlichen Holstein sowie in Mecklenburg-Vorpommern und dem Großteil Brandenburgs hingegen ist es nicht möglich, solche Artefakte zu finden, da hier das Eis alles weggehobelt und zerkleinert hat.

Der Höhepunkt der Weichsel-Kaltzeit mit der Brandenburg-Phase (Vereisung bis zum Fläming) fand vor etwa 25.000 Jahren statt, als es seit 15.000 Jahren keine Neandertaler mehr gegeben hat. Folglich können wir im Feldberger Seengebiet keine Hinterlassenschaften von ihnen mehr finden, selbst wenn sie dort vor der letzten Eiszeit gelebt hätten (wovon auszugehen ist).

Gruß, Timo

Moin Timo,

das war, Stand gestern, und heute?

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen,

an dem Stand wird sich nichts mehr ändern — was weg ist, ist weg.

(Wobei man vielleicht unter den glazialen Ablagerungen noch fündig werden könnte, aber sicher nicht an der Oberfläche.)

Menschen können den Breiten Luzin nach Fraedrich erst wieder allerfrühestens vor 14.000 Jahren erreicht haben, als genau hier der Rand der Vereisung verlief. Ergo kann der Klingenkratzer nicht älter sein.

Gruß, Timo

Moin Timo,
Ich wollte nur zu anmerken, dass die maximale Ausdehnung der Eisrandlage kein Dauerzustand darstellt, sondern ständigen Verschiebungen unterlag. Im Geschiebe kann man viele gut erhaltene Fossilien finden, die nicht zerquetscht und zerkleinert sind. Sollten also fühere Jäger den Rentierherden bis an die Eiskante in die Tundra gefolgt sein, wären Ihre Steinwerkzeuge nur verschoben worden, aber nicht unbedingt zerstört.
Gruss
Schoersch

Hallo Schoersch,

es ging jetzt speziell darum, ob in M-V Werkzeuge des schon lange vor der Brandenburg-Phase ausgestorbenen Neandertalers gefunden werden könnten. Und das ist so unwahrscheinlich, dass es gegen Null geht.

Dass moderne (H. sapiens) Rentierjäger bis an die jeweilige Eiskante vorstießen bezweifelt niemand. Und von denen könnte der Fund aus Feldberg frühestens stammen.

Und da die Gletscherzunge aus der dann der Breite Luzin entstand sich erst ab etwa 14.000 Jahre vor heute zurückzog, kommen somit allerfrühestens die Menschen der Hamburger Kultur in Frage — von denen man immerhin schon weiß, dass sie bis nach M-V vordrangen.

Gruß, Timo

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Moin Timo,

meine Anmerkung bezog sich nicht explizit auf Deinen genannten Bereich.

Auch an anderen Stellen wurde Unmöglichkeit prognostiziert. Nur ein Beispiel.

Zitat:

Es blieb Fuhlrotts Schicksal, dass bis zu seinem Lebensende kein angesehener deutscher Wissenschaftler den Mut hatte, das tatsächliche Alter von etwa 50.000 Jahren und damit die die große Bedeutung des Fundes anzuerkennen. Dazu mag beigetragen haben, dass eine so hoch angesehene Autorität wie Rudolf Virchow (1821 - 1902) noch bis kurz vor seinem Tod darauf bestand, es handele sich um die Knochen eines an Rachitis erkrankten neuzeitlichen Menschen.
Quelle > Zur Geschichte des Neandertalerfundes

Ja gut, das war gestern, aber derartige Geschichten wiederholen sich.

Jeder Stand der Wissenschaft kann sich ändern.

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen,

Wer wollte da widersprechen. Aber im speziellen Fall dürften sich angesichts der gut erforschten Endmoräne von Feldberg keine überraschenden Änderungen mehr ergeben.

Gruß, Timo

Moin,

Unverhofft kommt oft.

Erwarte das Unerwartete.

Dem einen versetzt der Glauben Berge, den anderen legt er Steine in den Weg.

Mitunter findest Du das, wonach Du gesucht hast, wenn Du gar nicht suchst.
*Eigene Lebenserfahrung*
. . . . . . . .

Aphorismen, die so oder ähnlich von (mir) Unbekannten stammen.

:wink:

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen,

ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du der Erste sein wirst, der Neandertaler-Relikte in Mecklenburg-Vorpommern findet.

Aber die einzige reelle Chance die ich dafür sehe, wären vielleicht bislang unbekannte Höhlen im Kreidefelsen von Rügen.

Man soll nie nie sagen. :wink:

Gruß, Timo

Da bin ich dem Jürgen aber zuvorgekommen. Vor Jahren, am Anfang meiner Sucher-Leidenschaft, habe ich schon diesen “Faustkeil” aus Granit an der Müritz gefunden.

Viele Grüße