Neues zu den augusteischen Römerstützpunkten in Mitteleuropa

Hugin schrieb:

Na ja, leider konnte der alte Römer nicht feststellen, ob er sich auf der Linie eines Dreieckes befand!

Einer vorgegebenen Richtung über eine lange Strecke strikt zu folgen haben die Römer beherrscht, wie ja unter anderem der Limesabschnitt zwischen Walldürn und Welzheim beweist.

Und das konnten sie bekanntlich schon zwei und drei Jahrhunderte zuvor, wie die Via Aemilia und die Via Appia zeigen.

@ Geognost

Solche Vereinigungen zweier Armeen im Innersten Germaniens werden von römischen Quellen durchaus erwähnt.

Dann nenn doch mal ein Beispiel aus dem das abzuleiten wäre ! So wie man z.Bsp vom Rhein in östlicher Richtung zu einem Lager kam, dann in südlicher Richtung zum nächsten und wieder in westlicher Richtung zum Rhein zurück, so konnte man ein Skizze machen mit Angabe von Tagesmärschen. Orientiert hat man sich an Flüssen und vorhandenen Wegen. Ems, Hunte, Weser,Lippe usw. Dort gab es auch überall Verbindungswege zwischen den Flüssen. Einer fällt mir gerade ein und zwar der Landweg vom Rhein bei Xanten nach Kalkriese und weiter am heutigen Kanal ( früher Altwasser der Weser und Sumpfgebiet ) entlang bis zur Weser.

Glaub doch den römischen Geschichtsschreibern oder besser Geschichten- Schreiber nicht alles. Sicher mußte man sich hier und da mal eine Schneise durch den Wald brechen, aber doch nicht kreuz und quer durch Germanien. Das waren zwar Barbaren, aber die fuhren mit ihren Ochsenkarren auch von Siedlung zu Siedlung und mit ihren Booten auf den Flüssen.

Meinst Du nicht, es wäre schlauer erst zu peilen und dann die Schneise zu schlagen?

Hugin und ich haben erklärt, warum das nicht geht ! Lies nach wie die Römer eine solche Peilung durchführten. Im Urwald soll es Bäume geben und Unterholz.

_Hm? Genau das haben römische Truppen auf dem Marsch jeden Tag aufs neue getan: Flächen freischlagen fürs Nachtlager _

Es gab an den Flüssen und auf Anhöhen auch freie Flächen und gerodetes Siedlungsland. Erinnere dich an die Flucht von Varus. Da heißt es oft, dass sie sich für das Lager und die Verteidigung auf eine freie Fläche durchkämpften.

Ansonsten ist es ein Unterschied, ob ich ein Lager abstecke, Bäume fälle und den Graben ziehe oder kilometerlang durch den Urwald eine schnurgerade Schneise schlage deren Länge ich über Höhen und Täler auch noch mühselig vermessen muß.

Du scheinst die Gegenargumente gar nicht zu lesen. :grin:

In den Mittelgebirgen Germaniens wären Straßen die der Luftlinie folgen natürlich nicht sehr praktikabel gewesen. Dennoch hat man sich bei der Neuanlage von Straßen an der Luftlinie orientiert. Hier ein Beispiel:

https://i.imgur.com/WwsqNzt.png <

Wie schon gesagt, du scheinst die Gegenargumente gar nicht aufzunehmen. Was macht es für einen Sinn sich geradlinig durch Wald und über Höhen mühselig einen Weg zu schlagen, nur um die Streckenlänge in Luftlinie abzumessen. Schau dir doch die Tabula Peutingeriana an. Im Anfang reichte die Angabe von Tagesmärschen und dann kamen die Meilensteine auf oft benutzten Strassen.

_Die Alpen haben den Vorteil, dass man sehr weit sehen kann. _ :wink:

Ich weiß ja nicht, ob das e Späßle sein soll oder dein Ernst ist. :angel:

Du mißt Luftlinie in einem bestimmten Winkel über Dreitausender. Spannst du da ein Seil ? Nein, da müßtest du schon einen Tunnel graben und zwar genau horizontal und in gewollter Richtung.

Stell dir doch mal die Vermessung bezüglich Aosta quer durch die Alpen vor. Von den Wäldern und Mittelgebirgen und den langen Strecken bis Metz usw. will ich erst gar nicht reden.

Sorry, aber das ist doch alles mehr als unrealistisch !

Gruß

Kurti

Nachtrag:

_…der Limesabschnitt zwischen Walldürn und Welzheim beweist. _

Und das konnten sie bekanntlich schon zwei und drei Jahrhunderte zuvor, wie die Via Aemilia und die Via Appia zeigen.

Das mit dem Limes habe ich schon mal erklärt, aber wie gesagt, das geht bei dir an einem Ohr rein und am anderen wieder raus. :confused:

Was die römischen Strassen in Italien angeht, so kann man das von der Situation und der Landschaft nicht vergleichen. Außerdem ( bitte, bitte merken ) mußte nur die Richtung gehalten werden und nicht mühselig in “Luftlinie” vermessen werde. Schau es dir im verlinkten PDF an wie zeitraubend das ist. :zipper_mouth_face:

Schau dir mal an “wo” die Strassen gerade verlaufen. Das ist zudem noch stark schematisiert. Außerdem gehen sie von Ort zu Ort in eine etwas andere Richtung. Die Siedlungen haben alle bereits bestanden als die Strasse gebaut wurde und waren wahrscheinlich auch schon durch Wege verbunden. Da mußte man also mehr begradigen als neu anlegen. Die Abstände sind durchschnittlich um 30 km und dann konnte man wieder neu lospeilen. Wenn man nicht genau am Ort ankam, so konnte man in Sichtweite die Richtung im wahrsten Sinne des Wortes hinbiegen. Summa summarum verlief sie dann schnurgerade durch Land. :wink:

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Wenn Du dich durch unwegsames Gelände orientierst, legst Du die Richtung fest und peilst dann eine Landmarke in dieser Richtung an. Z.B. ein Baum oder Felsen. Dann schlägst Du dich zu der Landmarke durch und suchst dir dann eine neue Landmarke in deiner Richtung. Und so weiter. So kommst Du relativ “gerade” vorwärts. Der jeweilige Weg zwischen den Landmarken gehst Du angepasst an das Gelände, also an Gewässerläufen entlang zur nächsten Furt oder um Berge herum! Im Zweifel also “Kreuz und Quer”. 
Gruß, Hugin

@ Hugin

Hallo Hugin,

wenn man z.Bsp. die Kriegszüge des Drusus verfolgt, dann wird einem schnell klar, dass er die Altwege und Hellwege benutzte und zwar bis zur Elbe bei Magdeburg.
Ansonsten bauten die Legionäre beim Vormarsch jeden Tag ein Lager, aber dazu gab es immer freie Plätze, denn die Germanen waren Bauern und rodeten Felder. Dazu gab es Wanderhirten die von Weideplatz zu Weideplatz zogen. Auch Felder wurden zur Bodenerholung bis zu drei Jahren als Brachland nicht genutzt. Entlang der Flüsse, Bächen und der Wege gab es also immer auch freie Flächen für ein Marschlager.
Wenn die Römer mal eine Schneise durch den Wald freischlugen, dann sicher nur um einen Umweg zu einem parallel verlaufenden Altweg abzukürzen oder vom Rhein quer zu einem Altweg zu gelangen.
Bei Drusus heißt es auch immer, dass er von den unterworfenen Stämmen Hilfstruppen mitnahm und die kannten sich im Gelände auch bei den Nachbarn aus. Sei es durch Handel oder gegenseitige Überfälle.

Wirtschaft der Germanen

Die Germanen waren hauptsächlich sesshafte Bauern oder transhumante Viehzüchter, gingen aber, im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Vorstellung, nur selten zur Jagd.

Die Äcker ließen die Germanen regelmäßig brach liegen, und sie wussten um den Nutzen der Düngung.

Marschlager Wilkenburg

Großräumig gesehen befand sich das Lager am Rande der fruchtbaren Calenberger Lößbörde in einer Gegend, die in der Zeit um Christi Geburt eine dicht besiedelte germanische Siedlungskammer war.

Der Lagerbereich wird vom Niederungsstreifen Dicke Riede mit einem gleichnamigen Bach fast mittig durchschnitten…

…Erkenntnissen aus dem Jahr 2017 zufolge war der Wasserlauf schiffbar und hatte eine Anbindung an die Leine, so dass das Lager von römischen Transportbooten versorgt werden konnte. ENDE

Bei den meisten Lagern befanden sich in der Nähe germanische Siedlungen, so dass man von “erschlossenen” Gebieten reden kann.

Anders sieht das natürlich aus, wenn ich mich quer über bewaldete Bergrücken und ohne Rücksicht auf Wege durch den Urwald bewege. Macht aber keiner, nur um ein Dreieck in die Landschaft zu setzen.

Allerdings scheinen Geognost nur die Dreiecke zu interessieren. :wink:

Gruß

Kurti

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Aber er hat Bilder von Punkten mit Linien dazwischen, das muss einfach was bedeuten!

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Schuld an allem ist der “Ippinger Riese” ! :angel:

ZITAT:

“Römerstraßen wurden wo immer es möglich war entlang dieser Kraftfelder realisiert.” ENDE

Der Ippinger Riese war eine Zehntscheuer, ein Lagerhaus zur Annahme und Aufbewahrung der Naturalsteuer als Zehnt bezeichnet.

Gruß
Kurti

kurti schrieb:

Glaub doch den römischen Geschichtsschreibern oder besser Geschichten- Schreiber nicht alles. Sicher mußte man sich hier und da mal eine Schneise durch den Wald brechen, aber doch nicht kreuz und quer durch Germanien.

Mit den limites müssen ja nicht physische Schneisen gemeint sein. Schließlich nannten die Römer ihre Feldmessung limitatio. :wink:

Lange vor den rechten Winkeln stieß ich übrigens auf diese seltsame Auffälligkeit:
https://i.imgur.com/OCudOZU.png

— Du lächelst über Kartierung in den Bergen, zu Unrecht. Auch Gauss hat seinerzeit zuerst drei Gipfel bestiegen, um das Fundament für seine Landesaufnahme zu legen.

Die klimatischen Bedingungen um die Zeitenwende hätten auch Sandalenträgern im Sommer den Aufstieg auf hervorragende Aussichtsberge selbst in den Hochalpen gestattet. Noch höhere, unzugänglichere Berge konnten als Peilmarken genutzt werden.

Hugin schrieb:

Wenn Du dich durch unwegsames Gelände orientierst, legst Du die Richtung fest und peilst dann eine Landmarke in dieser Richtung an. Z.B. ein Baum oder Felsen. Dann schlägst Du dich zu der Landmarke durch und suchst dir dann eine neue Landmarke in deiner Richtung. Und so weiter. So kommst Du relativ “gerade” vorwärts.

Das wäre die Solotechnik. Wenn man etwa zu dritt ist, geht und ging es natürlich noch viel exakter.

In meiner Militärzeit, lange vor GPS, gab es eine Übung, bei der man erst einmal hinten im LKW nachts eine Weile umher gefahren und dann irgendwo im Wald ausgesetzt wurde, in Dreier- oder Vierergruppen. Dann bekamen wir einen Zettel überreicht, auf dem eine Richtung und eine Distanz vermerkt waren.

Mittels Kompass und Taschenlampe (jeweilige Farbfilter für “mehr links/rechts”) konnte man sich recht genau in wenigen Stunden an ein 10 km entferntes Ziel heranarbeiten, dabei immer die Schritte zählend.

(Ab drei Personen geht das auch ohne Magnetkompass, den die Römer ja noch nicht gekannt haben. Dann wird halt über die metae der beiden vorderen Kollegen gepeilt.)

@ Geognost

Die klimatischen Bedingungen um die Zeitenwende hätten auch Sandalenträgern im Sommer den Aufstieg auf hervorragende Aussichtsberge selbst in den Hochalpen gestattet. Noch höhere, unzugänglichere Berge konnten als Peilmarken genutzt werden.

Hervorragende Aussicht, aber das wäre auch für die Römer alles gewesen. Du scheinst gar nicht zu registrieren, dass sie quer über die Alpen eine Luftlinie in bestimmter Richtung messen mußten ! :zipper_mouth_face:

Mach es mal vor! Das wäre bei den Felshängen, Abgründen und Schluchten nicht mal mit der “Treppenmethode” gegangen !

Mittels Kompass und Taschenlampe (jeweilige Farbfilter für “mehr links/rechts”) konnte man sich recht genau in wenigen Stunden an ein 10 km entferntes Ziel heranarbeiten, dabei immer die Schritte zählend.

Zur Erinnerung, wir sprachen von den Römern ! So ganz mit ohne Kompass ! :stuck_out_tongue:

Gruß

Kurti

kurti schrieb:

Du scheinst gar nicht zu registrieren, dass sie quer über die Alpen eine Luftlinie in bestimmter Richtung messen mußten ! :zipper_mouth_face:

Mach es mal vor!

Wo siehst Du das Problem, von einem Gipfel zum anderen zu peilen? Das macht man vorzugsweise nachts. Ein Team misst aus dem Dunkeln heraus, die anderen machen Feuer, und in der nächsten Stunde andersherum. So wurde auch in der Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert gearbeitet.

kurti schrieb:

Zur Erinnerung, wir sprachen von den Römern ! So ganz mit ohne Kompass !

Hm? Die kompasslose antike Methode mit den metae hatte ich doch explizit erwähnt!

Geognost 

Wo siehst Du das Problem, von einem Gipfel zum anderen zu peilen? 

Ich sehe das Problem mit den Mitteln der Römer die Richtung nach Metz bzw. nach Aosta punktgenau einzuhalten. Die konnten zwar von Gipfel zu Gipfel schauen, aber das wars dann auch. Dazwischen lag nicht immer ein schöner, langgestreckter Bergrücken sondern zerklüftetes Gelände , Schluchten oder ein Tal. Dein eigener Standpukt muß auf der Schenkellinie liegen und drüben muß einer den Peilstab einrammen. Das geht aber nur mit exakter Einnordung, denn ansonsten braucht du drüben drei hintereinanderliegende Peilstäbe, um von dort aus weiter zu peilen.  Das für die Römer unmögliche war aber die Entfernung in Luftlinie zu messen. 

Hm? Die kompasslose antike Methode mit den metae_ hatte ich doch explizit erwähnt!_

Mit dem Kompass, das sollte ein Spässli  sein. 

Die Methode mit zwei markanten Punkten ( oder mit zwei vorausgehenden Vermessern) funktioniert auch im Urwald nicht und ansonsten ist sie nicht präzise genug, um damit einen Winkel einzuhalten. Das ist nur was für die grobe Richtung. 

Im Urwald kannst du dich nur, orientierend an den gesetzten Peilstäben hinter dir, weiter vorarbeiten und dann in die Schneise neue setzen. Wie gesagt bei Steigungen mußt du das Maß ( Luftlinie) in Treppenstufen messen und wenn jetzt noch zerklüftetes Gelände oder Sumpfgebiete dazwischen kamen wurde richtig amüsant. Ständig Felserhebungen ummessen, im Sumpf einen Bohlenweg anlegen usw.usf. Wofür das alles ? Nicht um es als zukünftigen Weg zu nutzen, nein, nur um in 150 km Entfernung einen Punkt zu fixieren. Der Weg dort hin verläuft auf einer ganz anderen Strecke.

Nach dem Weg gefragt heißt es dann:

"Luftlinie sind es 150 km und bei der Wegstrecke weiß ich nicht wo die entlanggeht und wie lang sie ist. Mußt du halt mal abgehen und die Schritte zählen ! Verlauf dich aber nicht " !  :stuck_out_tongue:

Gruß 

Kurti

Nachtrag:

Durch Zufall bin ich auf folgende Arbeit gestoßen:

Die vermutete landesweite topographische Bestandsaufnahme der Römer in Germanien -

möglicherweise durch Caesar begonnen und im Zuge der versuchten Eroberung

Germaniens während der römischen Kaiserzeit durch Drusus und Tiberius fortgesetzt.

von Jürgen Schulz

https://www.roemerfreunde-weser.info/landvermessung.pdf

Offensichtlich denkt er an die Triangulations-Vermessung von Gallien und Germanien durch die Römer nach dem Muster unserer Triangulations-Netze ab dem 17. Jhdt.

Die Landesvermessung mittels Trigonometrischer Punkte

http://kartenkunde-leichtgemacht.de/handbuch.php?page=Interessantes

Allerdings braucht es dazu einiger Voraussetzungen, die uns von den Römern nicht bekannt sind, wie hier schon oft erwähnt. Auf einem Kriegszug war sie auch so nicht durchführbar.

Gruß
Kurti

kurti schrieb:

Ich sehe das Problem mit den Mitteln der Römer die Richtung nach Metz bzw. nach Aosta punktgenau einzuhalten. Die konnten zwar von Gipfel zu Gipfel schauen, aber das wars dann auch.

Oder sie konnten in der Ebene eine Strecke zwischen zwei Punkten etwa mittels Hodometer oder geübter Bematisten genau vermessen und dann von den Punkten aus einen entfernten Berg anpeilen. Dabei würde man idealerweise an einem der Punkte einen rechten Winkel angelegt haben und den zweiten Punkt mit dem Knotenschnurprinzip ermitteln, um ein leicht zu berechnendes Pythagoräisches Dreieck zu erhalten — wie es etwa hier in der Schweiz geschehen sein könnte:

https://i.imgur.com/5euP2vn.png

Wie man sieht, ergibt sich hier nahezu perfekt mit 3:4:5 das Primitivste aller Pythagoräischen Tripel: 3² + 4² = 5². — So konnte man sich viel mühsame Kletterei und Rechnerei sparen (Sinus und Cosinus waren zwar prinzipiell schon bekannt, aber der Gebrauch wohl noch nicht sehr verbreitet).

kurti schrieb:

Im Urwald kannst du dich nur, orientierend an den gesetzten Peilstäben hinter dir, weiter vorarbeiten und dann in die Schneise neue setzen. Wie gesagt bei Steigungen mußt du das Maß ( Luftlinie) in Treppenstufen messen

Das zu beherrschen, ist eine Grundvoraussetzung etwa zum Bau von Aquädukten — oder Kanälen, wie dem Drususkanal. Qualifiziertes Personal scheint also vorhanden gewesen zu sein.

kurti schrieb:

Nachtrag:

Durch Zufall bin ich auf folgende Arbeit gestoßen:

Die vermutete landesweite topographische Bestandsaufnahme der Römer in Germanien -

möglicherweise durch Caesar begonnen und im Zuge der versuchten Eroberung

Germaniens während der römischen Kaiserzeit durch Drusus und Tiberius fortgesetzt.

von Jürgen Schulz

Danke, war mir noch nicht bekannt. Auch ich kann es mir mittlerweile nur so erklären, dass es eine Landesaufnahme vergleichbar jener der Neuzeit gegeben haben muss. Die Häufung von überregionalen rechten Winkeln mit Punkten die zudem allesamt strategisch günstig, meist an Flüssen, liegen, kann weder mit halbblindem Herumstochern noch mit Zufall erklärt werden. Hier muss es gründliche Vorarbeit gegeben haben.

Auch das interdisziplinäre Team der TU Berlin, das vor ein paar Jahren den Versuch einer Entzerrung der durch Ptolemäus überlieferten Daten vorlegte, geht davon aus, dass spätestens unter Drusus eine exakte Vermessung der Germania stattgefunden haben muss.

@ Geognost

Bei allen Beispielen vergisst du immer, dass du erst eine gerade Strecke haben und zur Entfernungsmessung die Strecke in Luftlinie vermessen mußt.
Bei einem Kanal, einer Straße oder einem Viadukt genügt erst mal die Richtung.

Bei deinem Beispiel ginge die Gerade über erhebliche Hügel von ca. 50, 80 und 100 m bis zum Schiineflue der von der Durchschnittshöhe um mehr als 300 m abweicht. Mit einem Hodometer wird die Strecke viel zu lang. Hügel anpeilen, dann hast du zwar den Winkel, aber keine Abmessung der Entfernung.
Das wäre alles nur möglich mit Treppenvermessung oder der Triangulation. Wie du nachlesen kannst sind hier aber auch nur 20-30 km möglich, denn auch hier brauchst du eine vermessene gerade Basislinie. Langstrecken ergeben sich immer nur aus der Verkettung von Dreiecken und neuen Punkten.
Dazu mußt du dann Zeichnungen anlegen, einnorden und dann die Schnittpunkte zusammenfügen und letztlich wie Ptolemäus in ein Koordinatensystem einfügen.

…dass spätestens unter Drusus eine exakte Vermessung der Germania stattgefunden haben muss.

Man vermutet es ! :wink:

Komisch ist allerdings, dass dann Drusus weit über die Elbe hinaus war. Seltsam ist auch, dass Main, Neckar, Lahn, Lippe, Ruhr, Fulda und Werra komplett fehlen. Es ist auch kein Vermessungspunkt, die du sebst in Magna Germania festgestellt hast, dort als Ort verzeichnet, geschweige denn ein römischer Stützpunkt. Waldgirmes, dass bereits zu Drusus Zeiten existierte ist nicht eingezeichnet.

Ortsnamen und ihre Lage könnten auch aus dem im 1.Jahrhundertdurch den wiederaufgenommen Handel mit den baltischen Ländern überkommen sein und darüber hinaus über den Bernsteinhandel sowohl aus dem Ostseeraum wie auch der westlichen Nordsee.

Wie dem auch sei, es gibt keinerlei Beschreibungen der Geschichtsschreiber über solch großangelegte Vermessungen von Drusus oder anderen. Es ist auch keine einzige Karte aufgetaucht oder beschrieben worden. Ansonsten ist die Triangulation vor Ptolemäos mehr theoretisch durchdacht als praktisch betrieben oder letztlich als Aufzeichnungen jemals gefunden worden.

Gruß

Kurti

kurti schrieb:

Bei allen Beispielen vergisst du immer, dass du erst eine gerade Strecke haben und zur Entfernungsmessung die Strecke in Luftlinie vermessen mußt.

Da muss ich widersprechen; das habe ich immer im Hinterkopf. Mit dem Feldmessen alter Schule, vor Laser und GPS, bin ich einigermaßen vertraut.

kurti schrieb:

Bei einem Kanal, einer Straße oder einem Viadukt genügt erst mal die Richtung.

Vor allem musste in diesen Fällen über teils sehr weite Strecken sehr genau nivelliert werden. Erhaltene Aquäduktabschnitte zeigen eindrucksvoll, wie perfekt das gelang.

kurti schrieb:

Bei deinem Beispiel ginge die Gerade über erhebliche Hügel von ca. 50, 80 und 100 m bis zum Schiineflue der von der Durchschnittshöhe um mehr als 300 m abweicht. Mit einem Hodometer wird die Strecke viel zu lang. Hügel anpeilen, dann hast du zwar den Winkel, aber keine Abmessung der Entfernung.

Das ist doch kein Problem, zumal wenn es in Sichtweite die Flussebene der Aare gibt, durch die die Mittellland-Transversale der Römer in Helvetien verlief. Hier dürfte alles gut vermessen gewesen sein. Zudem befand sich mindestens seit Mitte des 1. Jahrhunderts genau auf jener Linie über alle vier römischen Aareübergänge ihrer dortigen Hauptstraße (Studen, Solothurn, Olten, Windisch) ein römischer Signalposten auf der letzten Höhe vor dem Lager in Windisch. — Hier ein Höhenprofil dieser ‘Aare-Linie’ mit den signifikanten Punkten:

[Bild bitte in eigenem Tab öffnen oder hier hier klicken.]

— Der Name der ‘Schiineflue’ (“leuchtende Felswand”) könnte nebenbei auch ein Hinweis sein.

kurti schrieb:

Wie du nachlesen kannst sind hier aber auch nur 20-30 km möglich, denn auch hier brauchst du eine vermessene gerade Basislinie.

In der viel weniger lichtverschmutzten Antike sollten in klaren Nächten Peilungen über 80 km und mehr möglich gewesen sein. Für die Kommunikation zwischen den Vermessungsteams hätten mangels Telefonie die bewährten römischen Postreiter gesorgt.

kurti schrieb:

Langstrecken ergeben sich immer nur aus der Verkettung von Dreiecken und neuen Punkten.

Meine Rede. Nur hätten diese Dreiecke wohl etwas anders ausgesehen als etwa die Gaußschen vom 10-DM-Schein, die für die Römer ohne Null und Komma nur sehr umständlich zu berechnen gewesen wären.

kurti schrieb:

Komisch ist allerdings, dass dann Drusus weit über die Elbe hinaus war. Seltsam ist auch, dass Main, Neckar, Lahn, Lippe, Ruhr, Fulda und Werra komplett fehlen. Es ist auch kein Vermessungspunkt, die du sebst in Magna Germania festgestellt hast, dort als Ort verzeichnet, geschweige denn ein römischer Stützpunkt. Waldgirmes, dass bereits zu Drusus Zeiten existierte ist nicht eingezeichnet.

Nur damit kein Missverständnis aufkommt: den Koordinaten des Ptolemäus sowie dem oben erwähnten Versuch einer Entzerrung derselben gegenüber bin ich eher skeptisch eingestellt.

kurti schrieb:

Wie dem auch sei, es gibt keinerlei Beschreibungen der Geschichtsschreiber über solch großangelegte Vermessungen von Drusus oder anderen. Es ist auch keine einzige Karte aufgetaucht oder beschrieben worden.

Auch die militärisch inspirierten Vermessungen der Franzosen und Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert waren zunächst keineswegs für die Öffentlichkeit bestimmt, sondern sind zunächst streng gehütetes Geheimnis gewesen. Dass wir diese Karten heute noch kennen, dürfte in aller erster Linie der Druckkunst zu verdanken sein — jenem eigentlichen Fortschritt der Neuzeit gegenüber der Antike.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine geheime und deshalb sehr seltene Karte in Form etwa einer originalen Papyrushandschrift überlebt hätte, dürfte gegen Null gehen — zumal im mitteleuropäischen Klima. Aber wem sag ich das. :wink:

Hallo,
Vielleicht bin ich einfach zu dumm um das zu verstehen. 
Ich dachte immer die Erde sei eine Kugel, 3D, ein Dreieck dagegen eine Fläche. Also hätte doch auch im besten Fall die ausgerechnete Strecke nie der Entfernung an der Erdoberfläche entsprochen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für solche Ergebnisse einen Bedarf gibt.
Wäre es möglich eine leichter verständliche Zusammenfassung zu schreiben?
Vielen Dank 
Uwe

Hallo ,
dafür gibt es die Projektionen. Damit wird die Erdoberfläche auf 2d projiziert. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Flächentreu, winkeltreu oder längentreu. Meistens wird die Mercator Projektion benutzt. Die macht z.B. Grönland zu groß. Was die alten Römer benutzt haben, musst Du Geognost fragen.

Gruß,
Hugin

Schotte 

Ich dachte immer die Erde sei eine Kugel, 3D, ein Dreieck dagegen eine Fläche. Also hätte doch auch im besten Fall die ausgerechnete Strecke nie der Entfernung an der Erdoberfläche entsprochen.

Hallo Uwe,

wie Hugin schon erläuterte werden die Daten durch mehreren Methoden korrigiert, bzw. vermieden.

Bei langen Strecken muß man die Erdkrümmung auch berücksichtigen. Bei der Höhenmessung von Bergen ist der Höhenwinkel allerdings schon auf kurze Entfernung abweichend. 

Dieser Winkel hat aber nichts mit dem Peilwinkel für die Berechnung des Dreiecks zu tun. Hier macht sich dann die Erdkrümmung in der Lageentfernung bei sehr langen Strecken erst nennenswert bemerkbar. 

Gruß

Kurti

Schotte schrieb:
Vielleicht bin ich einfach zu dumm um das zu verstehen.
Ich dachte immer die Erde sei eine Kugel, 3D, ein Dreieck dagegen eine Fläche. Also hätte doch auch im besten Fall die ausgerechnete Strecke nie der Entfernung an der Erdoberfläche entsprochen.

Hallo Uwe, bei den Entfernungen um die es hier geht, fällt die Erdkrümmung kaum ins Gewicht, zumal im Rahmen der antiken Messgenauigkeit.

Schotte schrieb:
Wäre es möglich eine leichter verständliche Zusammenfassung zu schreiben?

Nahezu alle bekannten augusteischen Römerstützpunkte in Germanien scheinen durch ein überregionales Netz rechtwinkliger Dreiecke miteinander verknüpft zu sein. Anhand dieser Daten lassen sich die Orte räumlich sehr exakt in Beziehung zu einander setzen, sei es nur rein mathematisch oder auch in grafischer Form.

Hugin schrieb:
dafür gibt es die Projektionen. Damit wird die Erdoberfläche auf 2d projiziert. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Flächentreu, winkeltreu oder längentreu. Meistens wird die Mercator Projektion benutzt. Die macht z.B. Grönland zu groß. Was die alten Römer benutzt haben, musst Du Geognost fragen.

Dazu kann man natürlich nur Vermutungen anstellen. Aber da die Römer in den rechten Winkel vernarrt gewesen sind, dürfte eine winkeltreue Mercatorprojektion ihren Bedürfnissen am ehesten entsprochen haben, jedenfalls solange es nicht um Weltkarten ging. Auch meine Karten sind in einer Web-Mercatorprojektion dargestellt, wie man sie etwa auch von Google Earth und Maps kennt.

Am Ende ist es aber einerlei, in welche Projektion die Daten vielleicht übertragen worden wären, da die Daten für sich für einen Eingeweihten schon hinreichend aussagekräftig gewesen wären. Es wäre etwa denkbar, dass die Karten nur im Kopf von einigen handverlesenen Spezialisten existierten.—

Da wir oben gerade über Berge sprachen, hier noch ein Beispiel eines rechten Winkels zwischen zwei augusteischen Römerlagern (Kneblinghausen, Wilkenburg) und dem prominentesten norddeutschen Berg, dem Brocken. Es besteht hier unter guten Bedingungen jeweils eine direkte Sichtverbindung:

Geognost schrieb:
Lange vor den rechten Winkeln stieß ich übrigens auf diese seltsame Auffälligkeit:

https://i.imgur.com/OCudOZU.png

Mal ganz abgesehen von der Diskussion um römische Landvermessung und dem rechten Winkel (in die ich mich nicht einlesen und einarbeiten will) ist mir bei der Betrachtung der „seltsamen Auffälligkeit“ ebenfalls Hugins Stichwort „Radosophie“ eingefallen.

Ich habe mal einen unvoreingenommenen Blick auf die Anhäufung von Standort-Punkten geworfen. Und da Punkte-verbinden immer ein netter Kinder-Zeitvertreib war, ist „cattus ferox“ dabei herausgekommen:

Bitte, @Geognost, nicht böse sein! Aber wenn diese Auffälligkeit die den Dreiecken vorangegangene Idee war, dann sieht das für mich danach aus, als ob Langeweile zur Suche nach „Bedeutsamem“ und bisher Unerkanntem geführt hat. Und es lässt sich immer etwas finden… Radosophie eben.

LG Barbara

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