tabula peutiringa: Brigantio

Mal ein kleines Gedankenexperiment. Vielleicht gab es - nur so als Annahme - eine große keltische Siedlung oder gar ein Oppidum vor dem römischen Rottenburg, mächtiger und größer als vielleicht eine keltische Siedlung in Rottweil.  Darf man dann sagen, ja Rottenburg (Sumelocenna) ist eine ältere Stadt als Rottweil (Arae Flaviae - röm. muncipium)? Ich frage mich, wie wird das definiert oder wo ziehe ich da - rein wissenschaftlich gesehen - eigentlich die Grenze. Mir geht hier auch nicht einfach nur um eine Siedlungskontinuität bestimmter Plätze, sondern darum den Begriff Stadt irgendwie historisch gesehen, festzulegen. An der Selbstsicht der Bewohner kann man vieles hineininterpretieren oder sehen, aber es ist eben historisch gesehen nicht fassbar. Das römische Rottweil war vermutlich kleiner als das römische Rottenburg (jedenfalls ab dem 2. Jhdt.), war aber dennoch das einzige Muncipium im damaligen Germania Superior, d. h. die Bewohner hatten bestimmte Freiheiten und Rechte, so wie es Jahrhunderte später die mittelalterlichen Städte wieder hatten - und daran definiere ich eben eine Stadt - unabhängig davon wie lange ein Platz schon besiedelt ist. Vielleicht hatten die Bewohner der kelt. Oppida auch bestimmte Freiheiten und Rechte, aber leider können wir dies historisch gesehen nicht mehr feststellen, also können diese Orte auch nicht in eine Definition zur Festlegung einer Stadtgründung mit hineinfliesen. Übrigens: die kleinste Stadt Deutschlands - Arnis - hat nur ca. 283 Einwohner - aber dennoch ist es eine Stadt.

 

 

Sorry, aber das ist einfach wissenschaftlich nicht sauber. Wenn in der Antike das Stadtrecht von römischer Seite unabhängig von strukturellen oder sonstigen Merkmalen vergeben wird, kann man das wissenschaftlich nicht fest machen. Woher weißt du denn, ob ein Ort nicht ein Oppidum war, dessen Existenz uns schriftlich nicht bekannt ist, aber du stehst grad mit der Schüppe mitten dirin? Zusätzlich weise ich nochmal darauf hin: Ist ein Pagus eine Stadt? Eine Civitas? Das ist einfach nicht zu beantworten.

Eine Polis beispielsweise ist eine Polis, weil die Bewohner sie als Polis sehen.

Da wird der Versuch unternommen einen modern unterfütterten Begriff, der klar definiert ist, auf die Antike zu übertragen. Was eine “Stadt” ausmacht, war wahrscheinlich in der Antike den Leuten egal. Die Rechtsbegriffe haben keine definitorischen Sinn, sondern drücken ein Verhältnis zu Rom und der Region aus. Sie sind nicht Objektiv. Auch die Rechte und Pflichten werden durch Zusätze festgelegt und sind nicht a priori im Stadtbegriff enthalten: civitas foederata; civitas latinis condicis, civitas liberis ac immunes, civitas stipendaria. Oppidum beispielsweise sagt NICHTS über den Rechtsstatus aus, sondern ist ein Hilfsbegriff, um eine große Siedlungsagglomeration zu beschreiben.

Desweiteren ignoriert eine fixe Festlegung auf eine Definition die häufigen Änderungen im Bereich der Provinzverwaltung. Ist als somit diachron und ahistorisch.

Mit den Begrifflichkeiten aus lateinischen Quellen hat man ja nicht nur für die Zeit Probleme, sondern sogar noch im Mittelalter… curtis und castrum, z.b. Wann ist ein wie auch immer geartetes gebilde ein castrum, wann nur ein curtis? Wo zieht der Autor die Grenze? Was machen wir, wenn wir eine Burg haben, aber an der Stelle nur eine curtis erwähnt wird? Schriftquellen darf man nie 1 zu 1 auf die Realität übertragen… das Fehlen von Schriftquellen heißt nie, dass an gewisser Stelle nicht vielleicht doch irgendein wichtiger Zentralort war, aber für St. Gallen würde ich das trotzdem weiterhin, aufgrund der mir bekannten Daten, ausschließen. Aber ich vermute, er Autor dieser These wird sich sowieso erst wieder in 3 Monaten zu Wort melden…

Zur griechischen Polis kann man vielleicht noch ergänzen, dass dort nicht nur das ummauerte Gebiet zur Polis zählte, sondern auch das Hinterland… Also auch die Bauernhöfe Teil der Polis waren, ergo irgendwie auch “Stadt” und deren Bewohner Vollbürger… Vermutlich ist deshalb die Abgrenzung von Stadt und Land, wie sie im Mittelalter wichtig war, überhaupt nicht nötig. Im Mittelalter ist der Rechtsstatus einer Stadt und seiner Bewohner anders als der der Landbevölkerung. Da ist die Abgrenzung wichtig. Römischer Bürger war römischer Bürger… egal wo er wohnte, soweit ich mich da richtig erinnere :wink:

Im übrigen denke ich, dass eine Polis nicht nur von seinen Bewohnern so gesehen werden muss, sondern auch von den Bewohnern anderer Poleis… das ist also eine Wechselwirkung der Wahrnehmung.

Unabhängig davon lässt der archäologische Befund vieler Siedlungen ja schon zu auf eine gewisse Bedeutung von Siedlungen schließen zu können… Niemand würde ein Langhaus mit 10 Grubenhäusern als Stadt bezeichnen. Da wir nicht wissen können, wie die Selbstwahrnehmung der Bewohner war, müssen wir uns eben mit modernen Begriffen behelfen.

Mir geht es nur darum, dass es nicht nötig ist mit dem Stadtbegriff zu arbeiten, da er für die Antike nichts aussagt.

 

Noch zur Selbstwahrnehmung: Wir haben genug Quellen, die uns zeigen, dass Bewohner einen Ort als Stadt gesehen haben, aber Rom selbst nicht. Beispiel ist der Monte Iato auf Sizilien. Cicero erwähnt mehrmals, dass Bewohner ihren Ort als Stadt (oppidum) bezeichnen, doch er da anderer Meinung ist. Irgendwo - leider vergessen wo - wird berichtet, dass Beamte mit Titeln städt. Würdenträger entsand wurden, doch nicht empfangen wurden, weil der Ort zu unbedeutend war. Orte, die in der Republik Münzen prägen, aber niemals Stadtstatus hatten, aber trotzdem den Ort angaben wie große Städte.

Ich bin Naturwissenschaftler und dort ist es üblich, Begriffe zu definieren, bevor man sie benutzt. (sehr empfehlenswert!)  (eine solche Definition kann auch relativ profan sein: z.B: < 1000 Einwohner = Dorf und  > 1000 Einwohner = Stadt).

Man wird andererseits keinen allgemeingültigen Stadtbegriff für alle Völker und Epochen erarbeiten können. → Die Stadt im Wandel der Zeit.

Bei den Römern, im MA und heute scheint mir der Begriff Stadt ein verwaltungstechnischer Begriff zu sein, der bestimmte Eigenschaften, aber auch Rechte und Pflichten beschreibt. Voruassetzung ist offensichtlich eine übergeordnete Verwaltungsstruktur. Ohne seine solche hätten wir ja einen (unabhängigen) Stadtstaat.

Ob es z.B. bei den Kelten solche übergeordeneten Strukturen gab?

 

Ich bin Naturwissenschaftler und dort ist es üblich, Begriffe zu definieren, bevor man sie benutzt. (sehr empfehlenswert!) (eine solche Definition kann auch relativ profan sein: z.B: < 1000 Einwohner = Dorf und > 1000 Einwohner = Stadt).

Man wird andererseits keinen allgemeingültigen Stadtbegriff für alle Völker und Epochen erarbeiten können. –> Die Stadt im Wandel der Zeit.

Natürlich muss man Begriffe definieren, aber Stadt ist einfach kein adäquater Begriff für die römische Zeit, weil er zu allgemein ist.

Urbs = Rom

Municipium = munera capere = ein Zentralort, der sich Rom unterwarf

oppidum = große Siedlungsagglomeration

civitas = Zentralort einer cives

colonia = geplant angelegte Siedlung in einem unterworfenen Gebiet

pagus = ???

Diese Ortstypen haben alle unterschiedliche Rechte und Pflichten, die dann noch um Sonderrechte erweitert werden können. Keine strukturellen oder rechtlichen Voraussetzungen. Somit kennen wir keine Eigenschaften, die wir als Oberbegriff verwenden könnne.

Die Verwendung des Begriffs ist ahistorisch und kann als Hilfsmittel zur Beschreibung verwendet werden, aber nur im Bewusstsein, dass er einfach nicht korrekt ist. Nur weil wir heute einen Begriff benutzen, muss und sollte er nicht auf die Historie übertragen werden.

Schön die Anmerkung der übergeordneten Struktur: Die ist auch nicht einheitlich im römischen Reich. Fast jede Provinz hat Sonderregeln, strukturelle Besonderheiten in der Verwaltung etc. Ich mag gar nicht auf Klientelkönige etc. eingehen.

Nur als Anmerkung: Ich arbeite viel mit Naturwissenschaftlern zusammen und da tut sich oft das Problem auf, dass die Beschreibung mathematischer und naturwissenschaftlicher Vorgänge logisch begreifbar und definierbar ist. Kulturwissenschaftler haben es mit Menschen und deren Hinterlassenschaften zu tun. Menschen agieren nicht stets logisch, arbeiten begrifflich ungenau und interessieren sich nicht für Definitionen. Die wissenschaftliche Erschließung antiker Kulturen kann sich bei der Erklärung historischer/soziologischer/kultureller Vorgänge selten auf komplett verbindliche Definitionen stützen, da Menschen Grauzonen erzeugen und Regeln brechen oder von ihnen abweichen.

Kulturwissenschaftler haben es mit Menschen und deren Hinterlassenschaften zu tun. Menschen agieren nicht stets logisch, arbeiten begrifflich ungenau und interessieren sich nicht für Definitionen. Die wissenschaftliche Erschließung antiker Kulturen kann sich bei der Erklärung historischer/soziologischer/kultureller Vorgänge selten auf komplett verbindliche Definitionen stützen, da Menschen Grauzonen erzeugen und Regeln brechen oder von ihnen abweichen.

Na das kann ich aber nicht gelten lassen. Letzterer Halbsatz hört sich ja fast so an, als würde “unwissenschaftlich” gearbeitet.

Man kann die Gültigkeit einer Definition ja auch begrenzen.

Also sinngemäß:

Für meinen Artikel/für meine Buch hat eine Stadt folgende Eigensachaften:

Das hätte den Vorteil, dass man keine allumfassende und allgemeingültige Definition herzaubern muss (Gibt’s wahrscheinlich eh nicht.) und ausserdem kann man die im jeweils aktuellen Kontext interessanten Aspekte stärker wichten. (Um römische Städte zu verstehen muss man vielleicht nicht unbedingt die Gemeindereform von 1970(?) berücksichtigen!

Das Problem ist ja, wenn man die eigene Definition (=eigenes Verständnis) nicht vermittelt, diskutiert man aneinander vorbei, weil die gemeinsame Basis fehlt.

Unter dem Begriff Stadt versteht ja jeder etwas, nur eben alle nicht das gleiche!

Sicher kannst/musst du eigene Definition entwickeln. Doch musst du auch die Schwäche der eigenen Methodik eingestehen, was keineswegs unwissenschaftlich ist.

Ein schönes Beispiel:

„Aber sobald er (der Autor) sich veranlaßt
sieht, über die Stadt im Altertum zu schreiben,
wird er sich vor die Alternative gestellt sehen
entweder … auf den Stadtbegriff für das Altertum
überhaupt zu verzichten oder aber eine wie
auch immer geartete Definition von Stadt zu
bieten – in vollem Bewußtsein, daß sein Stadtbegriff
keineswegs der einzig mögliche ist und
nicht alle seine Leser überzeugen wird.“ F.
Kolb, Die Stadt im Altertum (München 1984)
11.

 

Ich stelle meinen Studenten gern die Gegenfrage: “Was ist ländlich?”

Aber das ist ja genau der Punkt! Die Definition muss die Leser ja nicht überzeugen. Sie verankert aber eine Diskussion.

Die Modelle, die in der Physik benutzt werden, beschreiben häufig nur einen Aspekt, den aber besonders schön.Bohr:sches Atommodell.

In diesem Falle müsste die Stadtdefinition also römisch zentriert sein, für eine diskussion über das Mittelalter müsste eine andere Definition benutzt werden, die dem mittelalterlichen Kontext Rechnung trägt.

mit anderen Worten, Herr Kolb hat meine volle Zustimmung.

 

Wie gesagt ich hatte den Eindruck, dass bei dieser Diskussion alle fröhlich los diskutiert haben, unter Stadt aber unterschiedliche Dinge verstanden wurden.

 

Über den Begriff Stadt kann man natürlich verschiedener Auffassung sein.

Vorerst muss man überlegen ob es vor der mittelalterlichen Verleihung des Stadtrechts schon Städte gegeben hat.

Die Antwort ist m. E. ganz klar ja! Sonst wären ja Athen, Rom und Cusco keine Städte gewesen!

Ebenso klar gab es Dörfer, also kleinere Ansiedlungen.

Die Frage ob es vor dem Mittelalter auch in der Schweiz und Deutschland Stätte gab? Ich denke auch ganz klar ja, da es andernfalls ja nur Dörfer gegeben hätte die keinerlei Zentrumsfunktion hatten.

Nun wie war es bei den Kelten? Also nur Dörfer gab es sicher nicht. Sonst wären ja ihre Könige Dorfkönige gewesen hehe. Ob man den Ansiedlungen die Zentrumsfunktion hatten Stadt sagen will oder nicht kann ich nicht beantworten. Aber wenn es grösser und wichtiger als ein Dorf war, dann komm ich im Deutschen zwangsläufig auf das Wort Stadt - da das einzige mir bekannte andere Wort Flecken, Marktflecken heute nur noch selten gebraucht wird.

Nun zur -ikon Frage. Ist -ikon keltisch und identisch mit -akon -acon oder nicht?

Also erst mal ist klar:

-ing , -hofen und -kofen sind eindeutig germanisch

ebenso eindeutig - könnte man sagen - klingt -ikon nicht germanisch.

Frage: “woher leitet Dein X.Delamarredenn sein -ikon aus dem Keltischen ab”? =:-O

Also ja es ist nicht mein X.Delamarre und zumindest die Ansicht das -acon aus dem Keltischen kommt, ist absolut vorherrschend. Daraus wird auch -ig und -ach abgeleitet, da ist -ikon noch naheliegender! Siehe im folgenden Link unter -acum.

http://fr.wikipedia.org/wiki/Toponymie_fran%C3%A7aise#Suffixe_-acum

dass aus - inghofen ein **- ingkofen, ** und ein späteres -ikon wurde

Ach Kurti… und das glaubst du selber? Und wo wären dann die Übergangsformen? ingkon oder so was? Findest du wirklich -ikon ist näher bei -ingkofen als bei -akon?

Es stimmt, dass das die gängige Lehrmeinung ist, aber die liegt halt hier - wie auch gelegentlich anderswo - leider falsch.

Kein Wunder - gibt es doch viele Germanisten und viele Lateiner aber ganz ganz wenige Keltologen… das Erbe Cäsars und der Kirche, die ihn ja quasi beerbt hat halt…

Aber wenn es grösser und wichtiger als ein Dorf war, dann komm ich im Deutschen zwangsläufig auf das Wort Stadt - da das einzige mir bekannte andere Wort Flecken, Marktflecken heute nur noch selten gebraucht wird.

Das ist eine sehr subjektive Definition, die in der Praxis gar nicht anwendbar ist. Wie soll man das messen geschweige denn vergleichen.

Also nur Dörfer gab es sicher nicht. Sonst wären ja ihre Könige Dorfkönige gewesen hehe.

Was spricht den dagegen? Wieso soll es eben nicht nur lokal beschränkte Herrschaftsgebiete gegeben haben? Auch ein Zentralort muss nicht unbeding “Städtisch” sein.

@Magicus

Vorerst muss man überlegen ob es vor der mittelalterlichen Verleihung des Stadtrechts schon Städte gegeben hat.

Dann gib uns doch mal DEINE Definition, was eine Stadt ausmachen muss.

Hier würde nur diskutiert,  wann eine Siedlung Stadt zu nennen ist. Viel Städte sind ja auf Dorfniveau zurückgefallen, weil ihre Bedeutung abgenommen hat. Z.B. Gehrden Kreis Höxter in den 70er Jahren oder Babylon. Was ist Pollentia auf Male, dass die Bewohner verlegt haben? Ist Pollenca gleich Pollentia oder eine neue Stadt?

Stadt ist ein sehr Orts und Zeitfenster Begriff und im Einzelfall schwierig.

Wird heute in Deutschland der Begriff Stadt benutzt, leiten sich automatisch weiter Eigenschaften.ab: Bürgermeister, Stadtrat Steuern usw, Bei den Keltischen Siedlungen.weiß man nicht, solches nicht.

 

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@magicus

Ach Kurti… und das glaubst du selber? Und wo wären dann die Übergangsformen? ingkon oder so was? Findest du wirklich -ikon ist näher bei -ingkofen als bei -akon?

Diese Übergangsformen liefert Dein französischer Link:

ZITAT:

L’établissement de certaines populations germaniques a laissé des traces dans la toponymie…

On continue d’utiliser le suffixe -acum, mais des nouveaux suffixes -ing et -ingen (variantes primitives : -inga / -ingo, -ingan / -ingon) vont faire leur apparition.

Die Einrichtung von bestimmten Bevölkerungs Germanen hinterließen Spuren in den Ortsnamen…

Die weitere Nutzung der Endung -acum, aber neu und ingen -ing Suffixe (primitive Varianten -inga / -ingo, -ingan / -ingon) entstehen. ENDE

Dein “acum, ako, ac” wird aber nie zu einem “ico, ikon” sondern wird germanisiert zu “ach” wie bei Breisach und das geht auch aus Deinem franz. Link hervor:

ZITAT aus Wikipdia:

Der Name Breisach ist vom keltischen Personennamen *Brîsios mit Suffix -āko (> -acum) abgeleitet. Die Diphthongierung zu Breisach ist der neuhochdeutschen Lautverschiebung geschuldet. Im alemannischen Dialekt heißt die Stadt Brisach. ENDE

Nehmen wir mal einige Ortsnamen mit dem Suffix “-ken oder -kon” her und schauen in die Urkunden.

Wetzikon

ZITAT aus Wikipedia:

Der Ort Wetzikon ist urkundlich erstmals im Jahre 1044 als „Wenz - inchofa" erwähnt. ENDE

Hier liest man das inkofa = inghofan = inghofen noch heraus.

Dottikon

ZITAT aus Wikipedia:

Dottikon entstand etwa zwischen 600 und 700 n. Chr. als alamannische Siedlung. Die erste schriftliche Erwähnung als Totinchon erfolgte 1179 in einem Schutzbrief von Papst Alexander III. an das Kloster Muri. Der Ortsname stammt vom althochdeutschen Tottinghofun und bedeutet «bei den Höfen der Sippe des Totto». ENDE

Hier hast Du wieder Deine Übergangsform " inchon = inkon = ingon = ing(h)o(fe)n"

Kölliken

ZITAT aus Wikipedia:

Die erste urkundliche Erwähnung von Cholinchove erfolgte im Jahr 864. Der Name stammt vom althochdeutschen Cholinghofun ab, was «bei den Höfen der Sippe des Cholo» bedeutet. ENDE

Hier liest Du bereits “inchove = inkhove = inghofen” heraus.

Du wirst sicher mehr dieser Ortsnamen kennen als ich. Such Dir welche heraus und Du wirst “urkundlich” immer auf ein “inghofen, inkoven” oder ähnliches stoßen.

Bezeichnend ist auch, dass all diese Orte allemannische Gründungen sind.

Zum Abschluss noch etwas zu Deinem -iacum:

ZITAT aus “Kleiner Sprachatlas der deutschen Schweiz”:

http://www.ofv.ch/_extra/100482/Sprachatlas_fuer_WebRGB.pdf

…Der Rufname dieses Soldaten und ersten Besitzers eines solchen Landguts ist im Ortsnamen als Grundwort vor der Endung -(i)acum enthalten.

in der Deutschschweiz haben sie die Endung -ach. Mit grosser Wahrscheinlichkeit zu den keltolateinischen -(i)acum-Namen gehören in der Deutschschweiz zum Beispiel Alpnach (zu einem Personennamen Albinius), Bülach (zu einem Personennamen Pullius), Reinach (zu einem Personennamen Rennius), Seuzach (zu einem Personennamen Sabucius), Sirnach (zu einem Personennamen Serenius) und Zurzach… ENDE

Gruß

Kurti

Nachtrag:

Ich bin dem "inchova" was als Suffix in den Urkunden zu den “ikon” Orten immer wieder auftaucht mal nachgegangen.

Es handelt sich dabei um einen Doppelsuffix aus “ing, inc” und “hova, hofa”.

Das _ “ing, inc” _  zeigt also Zusammen mit dem vorangehenden Namen die Zugehörigkeit an und _ “hova,hofa” _ bedeutet schlicht und einfach den Plural von “Hof = Hofa”.

Ottinchova würde also bedeuten _ “die Höfe die zur Sippe des Otto gehören”. _

Wiedikon

http://zunft-zu-wiedikon.jimdo.com/wiedikon-einst-und-heute/das-steinbeil-aus-vviedinc-hova/

ZITAT:

Spannend wird es erst wieder in der Völkerwanderungszeit: Alemannen haben erkannt, wie gut sich auf dem Bühl- und dem Rebhügel wohnen lässt. Nicht nur Gräber bezeugen die alemannische Siedlung: Der Ortsname Wiedikon geht zurück auf eine alemannische Sippe, die sich nach ihrem Sippenältesten Wiedo die “Wiedlinge” nannte. Eine Urkunde vom 27. Juni 889 erwähnt die “Vviedinc hova”, also die “Höfe der Wiedinge”. In dieser Urkunde hat ein gewisser Perchtolo einzelne Grundstücke in Wiedikon dem Fraumünsterstift vermacht. ENDE

Hier noch eine schöne Namenschronik mit Jahreszahlen:

Indlekofen

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/krieger1904bd1/0570/text_ocr

ZITAT:

Indlekofen, Dorf (Waldshut). — Iglikufen
1290 Z. 3,361. - Inglicon zw. 1301-1308

— villa Inglikon 1328 K. S.Blasien (Renova-
tionen). — Inglikon 1351 K. Berain 7210
(S.Blasien): 1373 Z. 6,366. - Inglikoven
1358 Z. 6,360. 1459 K. S. Blasien (Indle-
kofen). — Inglikofen 1380 Z. 6,371. -
Inglikhoven 1480 Z. 3,371. ENDE

Hier noch ein paar “inc - hova” die zu “ikon” wurden.

Bertschikon, Gündlikon

Bertschikon wird 1255 als Bersinkon erstmals urkundlich erwähnt. Für Gündlikon ist die Erwähnung als Gundilinchova im Jahr 1162 gesichert.

Pfäffikon

Pfäffikon wurde urkundlich erstmals als «Pfaffinchova» erwähnt. Pfaff ist ein Ehrentitel für Papa oder Vater (Pater, Priester).

Effretikon und Mesikon

Die älteste erhaltene urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 745 für die Siedlungen Illenavvia (Illnau), Erpfratinchova (Effretikon) und Makisinchova (Mesikon).

Oerlikon

Der Name Oerlikon geht auf den alemannischen Siedlungsgründer Orilo zurück. Oerlikon wurde erstmals im Jahre 946 (andere Quelle: 942) urkundlich als Orlinchowa erwähnt.

( Der Text stammt jeweils aus der entsprechenden Wikipedia-Seite. )

Gruß

Kurti

 

 

Also noch ein letztes mal zum Thema Stadt:

  1. Bevor im Mittelalter das Stadtrecht verliehen wurde gab es schon Stätte.

Das ist für mich sicher, da Rom eine Stadt war, oder will das jemand bestreiten?

Allerdings gibt es wohl keine verbindliche Definition dafür, was eine antike Stadt genau war. Die weiteste Definition wäre, alles was nicht Dorf ist, ist eine Stadt :slight_smile: von da bis zur engsten Definition (nur Rom war eine Stadt sonst nix) ist für mich alles offen. Ich weiss auch nicht wer für eine solche Definition zuständig wäre…

  1. Die keltischen Siedlungen allesamt als Dorf zu bezeichnen finde ich falsch.

Man kann aber “Oppidum” also die römische Bezeichnung verwenden oder gar “Zentrumsort”, also ein selbstgebasteltes Wort, obwohl das dann eigentlich noch im Duden aufgenommen werden müsste…

Auch für mich klingt aber Stadt für ein Oppidum etwas daneben!

 

 

 

 

 

Nenn’s doch einfach Zentralort, das ist die gängige wissenschaftliche Definition. Oder Fürstensitz.

@magicus

  1. Die keltischen Siedlungen allesamt als Dorf zu bezeichnen finde ich falsch.

Man kann aber “Oppidum” also die römische Bezeichnung verwenden oder gar “Zentrumsort”, also ein selbstgebasteltes Wort, obwohl das dann eigentlich noch im Duden aufgenommen werden müsste…

Auch für mich klingt aber Stadt für ein Oppidum etwas daneben!

Warum neue Begriffe erfinden? Warum nicht einfach den Begriff Siedlung verwenden?

Entsprechend der Beschreibung ergibt sich automatisch eine Einordung und Bedeutungszumessung.

Was sagst Du zu “inc - hova” was zu “ikon” wurde. Rekonstruierst Du da immer noch ein keltisches “-iacum”?

Übrigens ist “iacum” nur die keltische Entsprechung zum deutschen "ing bzw. ingen" als Zugehörigkeitsanzeige zum vorangehendem Namen. Das Suffix “ikon” ist aber die Verkürzung des Doppelsuffix “inghofen = inchova”. Heute wird trotz geschriebenem “ikon” im Dialekt nur ein “ik” ausgesprochen und das “on” verschluckt wie man so schön sagt. Ein Chronist würde also ( rein theoretisch natürlich ) heute “Mesik” statt “Mesikon” schreiben.

Gruß

Kurti

Hi Kurti

Übrigens ist “iacum” nur die keltische Entsprechung zum deutschen "ing bzw. ingen" als Zugehörigkeitsanzeige zum vorangehendem Namen.

Da hast du genau recht, obwohl dein Satz verkehrt ist, es müsste heissen, ing ist nur die germanische Entsprechung zum keltischen Begriff! und das gilt auch für -inghoven Endungen.

Das haben übrigens die frühen Chronisten genau gewusst. Deshalb wurde -ikon -ike entsprechend der zur Aufschreibezeit gültigen Endung in -inkoven -chova etc. übersetzt. Die Endung ist allein vom Aufreibezeitpunkt bestimmt und hat mit dem überlieferten Namen nichts zu tun. Das merkt man weil die Endung falls der Ort mehrfach aufgeschrieben wurde im Frühmittelalter sich der germanischen Endung noch anpasst. Dann im Hochmittelalter hat man den mündlich überlieferten Namen unverändert aufgeschrieben.

Man muss also den gegebenen Namen vom aufgeschriebenen Namen unterscheiden können, die Geschichte von der reinen Quellenlage differenzieren können, also das ist halt für manche Leute schwierig. So ist es durchaus möglich, dass ein Ortsname erst im 12. Jahrhundert notiert und das Dokument erhalten blieb. Das heisst aber beileibe nicht, dass der Name im 12. Jahrhundert entstand! Sondern das heisst der Name wurde so überliefert wie er im 12. Jahrhundert ausgesprochen wurde. Die Unterscheidung zwischen damaliger Wirklichkeit und der Überlieferungslage wäre doch eigentlich ein wichtiger Pfeiler der Archäologie oder nicht?

Mesikon nennt man im Dialekt Mesike, deshalb wurden keltische Orte die nur spät notiert wurden, etwa weil es nur noch Quartiernamen waren, als -ike oder -iken aufgeschrieben, im Gegensatz zu -ikon. (Das gilt nun für den allemannisch schweizerischen Dialekt.)

Die Endung -ach hat sich dann im allemannischen aus dem acon gebildet, diese Endung ist aber bei uns recht selten, meist ist der Name nah beim originalkeltischen geblieben, auch wenn ev. aus -(i)acon -ikon wurde, wobei es natürlich schon im keltischen eine Dialektisierung gegeben haben kann, die das erklärt.

Vor allem wenn man berücksichtigt, dass die -acon Siedlungen vermutlich späte keltische Siedlungen waren, sie sind wohl erst unter der römischen Besatzung entstanden und benannt worden, also zwischen 0 und etwa 400.

Entsprechend den neusten Forschungen stand im französischen Tiefland beinahe alle 400 meter ein keltisches Gehöft. Vielleicht waren es hier im nördlichen keltischen Siedlungsgebiet etwas weniger. Aber es gab ganz sicher auch hier eine Masse an Siedlungen, die meisten natürlich sehr klein!