Neues zu den augusteischen Römerstützpunkten in Mitteleuropa

kurti schrieb:

@ Geognost

Die Großvermessung ging in dem offenen Gelände von Tunesien auch über Erhebungen hinweg.
Du kannst das doch nicht mit Germanien oder Gallien vergleichen.

Warum nicht? Die Großvermessung dürfte überall gleich erfolgt sein, nämlich von Turm/Berg zu Turm/Berg. Und da man mangels hinreichender Mathekenntnisse nicht Triangulieren oder Polygonzüge ziehen konnte, sollte das möglichst mit Pythagoreischen Dreiecken geschehen. Im Zweifelsfall muss dann ein Team auf drei oder mehr Gipfel klettern, bis es endlich passt.

kurti schrieb:
Die Vermessungen in Tunesien geschahen auch nicht beim Vormarsch.

Die knapp 30 Jahre der Römer in der Germania Magna bestanden nicht nur aus ständigem Vormarsch — da gab es auch friedlichere Phasen. Gauß benötigte nur vier Jahre für die Triangulation des Königreichs Hannover, die dann zur Grundlage der Hannoverschen Landesaufnahme wurde.

Hugin schrieb:
Hehehe, das ist ein schöner Zaubertrick, damit dein Dreieck rauskommt.

Kein Trick, nur ein Beispiel wie es gemacht worden sein könnte.

Hugin schrieb:
Wie war denn N.N. vor ca 2000 Jahren?
Wie war der Uferverlauf?

Man darf wohl vermuten, dass die Küste nicht weiter im Landesinneren gelegen hat. Archäologen entdecken versunkene Stadt vor tunesischer Küste - Zeit - derStandard.de › Wissen und Gesellschaft

Hugin schrieb:
Warum gerade diese zwei Berge?

Ich bin selber überrascht gewesen, wie gut die passen. Vor allem, als sich das ergebende Dreieck dann auch noch sehr exakt als das primitivste Pythagoreische Tripel erwies.

Hugin schrieb:
Was soll denn die Bedeutung Deines Dreieck s in diesem Kontext sein?

Es soll zeigen, wie nützlich solche großen rechtwinkligen Dreiecke als Grundgerüst der Limitation und Centuriation gewesen wären.

RandomHH schrieb:

Du hast eine Theorie vorgestellt und um konstruktive Kritik gebeten. Es sind dir viele bedenkenswerte Einwände präsentiert worden.

Einwände à la “Da fehlen aber die Drususlager X und Y” oder “Hier stimmt der Zeithorizont nicht” wären mir allerdings lieber gewesen, als Bedenken hinsichtlich der Machbarkeit. Wobei ja eingeräumt wird, dass es zwar prinzipiell machbar gewesen wäre — aber doch nicht in Germanien!

RandomHH schrieb:

Ein Überdenken nicht im Hinblick auf gefundene Geometrie, sondern im Hinblick auf Wahrscheinlichkeit.

Was ist denn wahrscheinlicher: Immer wieder aberwitzige Häufungen von Zufällen, oder aber die bekannten und nachweislich anwesenden römischen Vermessungsfanatiker der Zeitenwende als Urheber?

Hugin schrieb:

Hi Geognost, ach ja, warum sind in Germanien Stützpunkte und in Nordafrika Bergspitzen in den Ecken?

Auch in der Germania Magna gibt es Berge, die wohl schon den Römern als Vermessungspunkte dienten, wie etwa oben schon gezeigt, der Brocken.

Du antwortest auf meine Frage nicht! 

@ Geognost

Die Großvermessung dürfte überall gleich erfolgt sein, nämlich von Turm/Berg zu Turm/Berg.

Nein, dass funktioniert nicht. Im germanischen Bergland von Urwald bewachsen erst zweimal nicht. Beschreib es doch bitte mal !

…sollte das möglichst mit Pythagoreischen Dreiecken geschehen.

Das brauche ich nicht ! Das Groma reicht vollkommen aus !

Ich bin selber überrascht gewesen, wie gut die passen. Vor allem, als sich das ergebende Dreieck dann auch noch sehr exakt als das primitivste Pythagoreische Tripel erwies.

Das ist ganz einfach. Die Römer haben die Berge am richtigen Punkt aufgeschüttet. :grin:

Wie haben die sich auf die Entfernung eigentlich verständigt ?

Von wo haben die eigentlich gepeilt ? Von den Bergen zu Punkt A oder von Punkt A zu den Bergen ?

Wie bekamen sie diese Linie auf den Boden ? Immer in kleinen Schritten mit dem Peilstab ? Dann hätten sie gleich mit dem Groma peilen können !

Es soll zeigen, wie nützlich solche großen rechtwinkligen Dreiecke als Grundgerüst der Limitation und Centuriation gewesen wären.

Das wurde bestenfalls am Boden in Form der 12 Knotenschnur (Ägypter) eingesetzt, aber dafür hatten die Römer das Groma !

Schau dir das PDF mal an. Da hat auch einer die großflächige Limitation der Schweiz versucht zu beweisen. Interessant ist aber die Kritik der Autor* innen.

https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=jas-003%3A1990%3A73%3A%3A282

Gruß
Kurti

Geognost schrieb:

RandomHH schrieb:

Du hast eine Theorie vorgestellt und um konstruktive Kritik gebeten. Es sind dir viele bedenkenswerte Einwände präsentiert worden.

Einwände à la “Da fehlen aber die Drususlager X und Y” oder “Hier stimmt der Zeithorizont nicht” wären mir allerdings lieber gewesen, als Bedenken hinsichtlich der Machbarkeit. Wobei ja eingeräumt wird, dass es zwar prinzipiell machbar gewesen wäre — aber doch nicht in Germanien!

RandomHH schrieb:

Ein Überdenken nicht im Hinblick auf gefundene Geometrie, sondern im Hinblick auf Wahrscheinlichkeit.

Was ist denn wahrscheinlicher: Immer wieder aberwitzige Häufungen von Zufällen, oder aber die bekannten und nachweislich anwesenden römischen Vermessungsfanatiker der Zeitenwende als Urheber?

Die Frage nach der Wahrscheinlichkeit umfasst nicht nur Machbarkeit, sie beantwortet auch die Fragen nach Sinn/Vorteil/Nutzen und Vorgehensweise.

Ich habe mich übrigens immer noch nicht ins prinzipielle Thema Großraumlimitation eingelesen, ich denke lediglich über die präsentierten Dreiecke nach.

Deine Hypothese:
Die Lager wurden an Eckpunkten von rechtwinkligen Dreiecken angelegt. Das ist eine Art der Vermessung, die Fakten (d. h. Vermessungspunkte) überhaupt erst schafft, indem sie an zuvor zu bestimmenden Punkten Lager anlegt. Richtig?

Meine Frage:

Wie ist ist man bei der Planung von neu anzulegenden Lagern konkret vorgegangen? Erkläre mir bitte anhand einer deiner Karten die Überlegungen, die zum auszuwählenden Standort der jeweils nächsten Lager geführt haben können. Beginne bei einem beliebigen Lager (sinnvollerweise, falls entsprechende Daten vorliegen, beim zuerst eingerichteten Standort).

LG Barbara

kurti schrieb:

Nein, dass funktioniert nicht. Im germanischen Bergland von Urwald bewachsen erst zweimal nicht. Beschreib es doch bitte mal !

Was soll das heißen, es funktioniert nicht? Zwischen Walldürn und Welzheim haben wir doch den schönsten Beweis, dass es funktionierte — offenbar klein klein über viele Berge hinweg gearbeitet und dennoch ist das Ergebnis so gut, dass es selbst heute nur von erfahrenen Vollprofis mit Theodoliten erzielt werden könnte (wenn wir Laser und GPS einmal ausblenden).

Hier zum Beispiel die Sicht von Laatzen bei Wilkenburg auf den Brocken:

https://www.haz.de/Umland/Laatzen/Nachrichten/Von-Laatzen-aus-ist-der-Blick-zum-Brocken-derzeit-in-den-fruehen-Morgenstunden-frei

kurti schrieb:

Das brauche ich nicht ! Das Groma reicht vollkommen aus !

Mit der Groma konnten rechte Winkel sehr genau ermittelt werden, aber das war es dann schon. Mittels verschiedener Knotenschnüre lassen sich aber auch eine Fülle weiterer Winkel ermitteln wodurch letztlich Entfernungsberechnungen etwa zu unzugänglichen Berggipfeln möglich sind.

Das schöne Beispiel mit der Jungfrau hatte ich doch oben genannt. Es musste hier nur die eine Distanz zwischen Schiineflue und Rüti bei Büren gemessen werden, um spielend leicht die beiden anderen Distanzen zu errechnen (Verhältnis Grundlinie zu den beiden anderen Schenkeln 3:4:5), und damit beide bekannten Punkte räumlich in Bezug zur Jungfrau zu erfassen.

(Danke für den Link, war mir bekannt.)

Hugin schrieb:

Du antwortest auf meine Frage nicht!

Das Beispiel aus Tunesien sollte doch nur zeigen, wie nützlich ein Grundgerüst in Form eines rechtwinkligen, vorzugsweise Pythagoreischen Dreiecks für eine folgende weiträumige Centuriation sein kann. Allein mit der Groma ist kaum vorstellbar, wie sie über diese große Fläche so perfekt die Orientierung beibehalten konnten.

Ganz explizit zu Deiner Frage: Bei den rechten Winkeln zwischen römischen Standorten gehe ich davon aus, dass diese Planungen auf einer gründlichen vorgehenden Landesaufnahme beruht haben müssen, bei der Berge, so vorhanden, sicher eine Rolle gespielt haben werden (siehe Beispiele Brocken und Jungfrau).

Auch Gauß hat bekanntlich zu allererst die Winkel zwischen drei Gipfeln vermessen. Da das von ihm bearbeitete Dreieck Brocken–Hoher Hagen–Großer Inselsberg einen Winkel von etwa 87° aufweist, war es für Gauß zwar problemlos zu messen und zu berechnen, nicht jedoch für die Römer. Die hätten statt des Hohen Hagen einen anderen Berg wählen müssen, um einen möglichst perfekten rechten Winkel zu erhalten. Es befindet sich tatsächlich ein gut geeigneter Berg in der Nähe, der Hohe Schleife genannt wird.

Das wäre jetzt nicht weiter auffällig, wäre die Hohe Schleife nicht der Hausberg von Hedemünden, direkt oberhalb der Außenlager Ellerode und des Turms in Mollenfelde gelegen. :wink:

In Blau das Gaußsche Dreieck, in Rot ein für die Römer technisch möglicher Winkel:

[Edit] Als Nachtrag hier noch die Situation um die Hohe Schleife im Luftbild:

[Hinter dem ‘H’ von ‘Hohe Schleife’ erkennt man schwach in Pink den perfekten Ort für einen 90°-Winkel. Dort wäre allerdings wohl ein Turm nötig gewesen, um sowohl den Brocken als auch den Großen Inselsberg anpeilen zu können. Aber auch das wäre sicher kein Problem gewesen, so man genug Holz und Arbeitskraft zur Verfügung hatte.]

RandomHH schrieb:

Deine Hypothese: Die Lager wurden an Eckpunkten von rechtwinkligen Dreiecken angelegt. Das ist eine Art der Vermessung, die Fakten (d. h. Vermessungspunkte) überhaupt erst schafft, indem sie an zuvor zu bestimmenden Punkten Lager anlegt. Richtig?

Es müsste zuvor schon Messungen gegeben haben, auf denen man aufbauen konnte. Aber richtig, jeder Stützpunkt wurde damit auch zum Messpunkt.

RandomHH schrieb:

Meine Frage:

Wie ist ist man bei der Planung von neu anzulegenden Lagern konkret vorgegangen? Erkläre mir bitte anhand einer deiner Karten die Überlegungen, die zum auszuwählenden Standort der jeweils nächsten Lager geführt haben können. Beginne bei einem beliebigen Lager (sinnvollerweise, falls entsprechende Daten vorliegen, beim zuerst eingerichteten Standort).

LG Barbara

Wie das im Einzelnen genau von statten gegangen ist, weiß ich natürlich nicht, aber hier ein Beispiel, wie es gewesen sein könnte: Angenommen die Römer hätten von Remagen genau in Ostrichtung gepeilt, bis sie die Lahn dort erreichten, wo dann das Lager Lahnau-Dorlar und die Zivilsiedlung Waldgirmes entstehen. Auf dieser Linie aufbauend hätte man in Lahnau die Groma aufgestellt und den rechten Winkel ermittelt. Jetzt von Lahnau nach Süden gepeilt, erreichte man den Main bei Höchst, wo ein weiterer Stützpunkt entstand. [Karte]

[Edit] Dazu wäre noch zu ergänzen, dass die Ost-West verlaufenden Linien Koblenz–Oberbrechen und Remagen–Lahnau sehr sauber parallel liegen, mit einer durchgängigen Distanz zueinander von durchschnittlich 24.7 km ± 100 m, also einem Fehler von für die Antike beachtlichen rund 0.4%.

Geognost schrieb:

Wie das im Einzelnen genau von statten gegangen ist, weiß ich natürlich nicht, aber hier ein Beispiel, wie es gewesen sein könnte: Angenommen die Römer hätten von Remagen genau in Ostrichtung gepeilt, bis sie die Lahn dort erreichten, wo dann das Lager Lahnau-Dorlar und die Zivilsiedlung Waldgirmes entstehen. Auf dieser Linie aufbauend hätte man in Lahnau die Groma aufgestellt und den rechten Winkel ermittelt. Jetzt von Lahnau nach Süden gepeilt, erreichte man den Main bei Höchst, wo ein weiterer Stützpunkt entstand. [Karte]

@Geognost

Nehmen wir an, Remagen am Rhein war ein perfekter Ausgangs-Standort. Und nehmen wir weiter an, die Römer hätten durchaus Interesse an Wasserwegen. Und sie hätten den Rhein in seiner Bedeutung als Haupt- mit Nebenflüssen erkannt. Dann wären Standorte an Zuflüssen ebenfalls von Interesse.

Und unter den Voraussetzungen deiner Theorie soll nun alles mit einer großräumigen Vermessung auf der Basis von rechtwinkligen Dreiecken kombiniert werden.

Ich stelle mir nun diese Anweisung an die Scouts (für ‚Remagen>Lahnau-Dorlar‘ und ‚Remagen>Haltern‘) vor:
___________________
„Ihr, Männer, bewegt euch nach Osten! Bis ihr ein feines Plätzchen an einem Fluss findet, der dem Rhein zufließt.

So… und ihr, Männer, marschiert nach Norden! Mit dem gleichen Auftrag.“
___________________

Unter der Voraussetzung meiner Annahmen:

  • Für die Scouts, die nach Osten marschieren sollen – kein Problem.
  • Für die Scouts, die nach Norden marschieren sollen – da gibt es vor Haltern noch mehr Zuflüsse zum Rhein!
    Quaestio: Was also wäre die Vorgabe für die Auswahl von Standorten, die gleichzeitig Vermessungspunkte sein sollen? Wie „findet“ man z.B. einen Standort wie Kneblinghausen?

Arghhh… ich fürchte, das ist so kompliziert (_ und bisher von dir undurchdacht! _), dass der Einsatz von von Ockhams Rasiermesser unvermeidlich ist.

LG Barbara

RandomHH schrieb:

Nehmen wir an, Remagen am Rhein war ein perfekter Ausgangs-Standort. Und nehmen wir weiter an, die Römer hätten durchaus Interesse an Wasserwegen. Und sie hätten den Rhein in seiner Bedeutung als Haupt- mit Nebenflüssen erkannt. Dann wären Standorte an Zuflüssen ebenfalls von Interesse.

Und unter den Voraussetzungen deiner Theorie soll nun alles mit einer großräumigen Vermessung auf der Basis von rechtwinkligen Dreiecken kombiniert werden.

Zunächst einmal habe ich einen etwas überraschenden Befund, für den es eine andere Ursache als den Zufall geben muss. Wenn jemand eine bessere Erklärung hat, als dass hier die Römer dahintersteckten, lasse ich mich gern überzeugen. Und der Befund sieht nun mal so aus, dass die überwiegende Mehrzahl der Lager sowohl strategisch sinnvoll an Flussläufen liegen, als auch in immer wiederkehrenden rechten Winkeln in räumlicher Beziehung zueinander stehen — und dies zudem wie in den Fällen Oberaden (Drusus) und Haltern (Tiberius) feinstratigraphisch säuberlich unterscheidbar. Natürlich ist das etwas aberwitzig und wirft viele Fragen auf.

RandomHH schrieb:

Wie „findet“ man z.B. einen Standort wie Kneblinghausen?

Kneblinghausen ist ein gutes Stichwort, da dieses rätselhafte Lager insofern eine große Ausnahme darstellt, dass es nicht an einem Flusslauf liegt. Fachleute rätseln nicht nur wegen der Fundleere, was der Sinn dieses Lagers gewesen sein könnte. Vielleicht lautet die Erklärung, dass es sich um einen wichtigen Vermessungs- bzw. Signalstreckenpunkt ohne weitere strategische Bedeutung handelte. Denkbar wäre etwa, dass Kneblinghausen ganz kurzzeitig dabei half, das alte Oberaden-System (zu dem auch das schon in der Drususphase genutzte Barkhausen gehörte) mit dem neueren Haltern-System zu verknüpfen.

Geognost

Was soll das heißen, es funktioniert nicht? Zwischen Walldürn und Welzheim haben wir doch den schönsten Beweis, dass es funktionierte — offenbar klein klein über viele Berge hinweg gearbeitet und dennoch ist das Ergebnis so gut, dass es selbst heute nur von erfahrenen Vollprofis mit Theodoliten erzielt werden könnte

Du behauptest hier nur, dass die Strecken so vermessen wurde. Das hatten wir doch schon. Warum soll ich ein Lager oder Stützpunkt “willkürlich” ins Land setzen, nur um einen rechten Winkel zu bekommen ?

Auch für den rechten Winkel von Wilkenburg zum Brocken mußte man erst mal eine gerade nach Wilkenburg vermessen und jetzt Wilkenburg “willkürlich” da verorten wo sich zum Brocken ein 90° Winkel ergab. Das ist doch aberwitzig !

Für Deine weiträumigen Bergvermessungen brauchtest du ja erst mal eine sehr lange Basisstrecke von einem Berg zum nächsten.

Das war auch alles für die räumliche Vorstellung und Größenordnung nicht notwendig.

Ganz explizit zu Deiner Frage: Bei den rechten Winkeln zwischen römischen Standorten gehe ich davon aus, dass diese Planungen auf einer gründlichen vorgehenden Landesaufnahme beruht haben müssen, bei der Berge, so vorhanden, sicher eine Rolle gespielt haben werden

So wie auch die Gerade zwischen Remagen - Lahnau und Koblenz - Oberbrechen. Da installiert man Stützpunkte “willkürlich” an einem Ort, um eine Gerade zu bekommen oder einen rechten Winkel damit man Vermessungspunkte bekommt.
Ich sagte schon, dass in Gallien die meisten Orte schon keltische Siedlungen waren und trotzdem hast du uns da einige Linien gezeigt. Um diese Orte aber auszuwählen mußte man erst durch Querfeldeinmessungen  ausbaldowern ob der Ort auf einer Linie lag und einen rechten Winkel zu einem anderen Ort hatte. Dazu muß man sich die Entfernungen mal anschauen, die man da über Berg und Tal durch den Urwald roden und in gerader Linie vermessen mußte.

Das ist alles nur so erstaunlich, weil du nicht alle Lager auf der Karte hast, denn dann würde vielleicht auffallen, dass es Zufälle sind. Ich sagte schon, dass man das bei den Vermessungsnetzen in Deutschland auch vorfindet obwohl die Orte schon da waren.

Das wäre jetzt nicht weiter auffällig, wäre die Hohe Schleife nicht der Hausberg von Hedemünden, direkt oberhalb der Außenlager Ellerode und des Turms in Mollenfelde gelegen. :wink:

Du hast doch die Berge mit Linien verbunden und behauptest nur, dass die Römer das auch gemacht haben. In natura ist es ziemlich mühselig alle Berge abzuklappern, die Kuppeln abzuholzen um zwei zu finden die im rechten Winkel liegen. Dann muß ich auch noch eine  Winkelseite auf dem Boden  schnurgerade vermessen.

Das Beispiel aus Tunesien sollte doch nur zeigen, wie nützlich ein Grundgerüst in Form eines rechtwinkligen, vorzugsweise Pythagoreischen Dreiecks für eine folgende weiträumige Centuriation sein kann. Allein mit der Groma ist kaum vorstellbar, wie sie über diese große Fläche so perfekt die Orientierung beibehalten konnten.

Wie haben sie dann den rechten Winkel bei Punkt “A” vermessen? Selbst, wenn sie es mit einer 12-Knotenschnur gemacht haben, dann mußten sie den Berg immer wieder anpeilen und Peilstäbe setzen, um die Linie auf den Boden zu bekommen. Über das Meer wie bei deinem Beispiel ging das sicher nicht. Übers Land wäre das auch mit der Groma über jeweils drei Peilstäbe gegangen.
Bei deinem Beispiel wäre bei der nächsten parallelen Linie aber der rechte Winkel zu den Bergen nicht mehr vorhanden und man mußte mit Abstandsmessungen im rechten Winkel mit der Groma die übrigen Rechtecke  vermessen.

Selbst, wenn  mit der Groma die äußere Grundlinie etwas schief aus dem Winkel verlaufen wäre, dann hätte das der Feldvermessung keinen Abbruch getan, denn alle anderen Linien hätten sich an ihr orientiert und den gleichen Verlauf gehabt. Die großen Feldariale verliefen auch je nach Vorgabe des Geländes mal in diese oder mal in eine anderer Richtung.

Diese Feldvermessung war eine reine landwirtschaftliche Aufteilungen wie sie die Ägypter auch jedes Jahr nach der Nilschwemme machten. Das römische Nordafrika war die größte Kornkammer des Reiches und mußte verwaltet werden. Das ging nur im Rahmen planbarer Anpflanzung und Bewässerung usw.usf. 

Mit Landvermessung im Sinne von " Landkarte" hatte dies nichts zu tun.

Gruß

Kurti

Nachtrag:

Vielleicht lautet die Erklärung, dass es sich um einen wichtigen Vermessungs- bzw. Signalstreckenpunkt ohne weitere strategische Bedeutung handelte. 

Du siehst die Dinge halt so wie sie in dein Konzept passen. Ziemlich sicher ist aber, dass dort auch Germanen gesiedelt haben. Wichtige Verbindungswege gab es auch dort. Die wichtigste Frage von Barbara hast du aber nicht beantwortet. Haltern wie Barkhausen waren aus augustischer Zeit. Barkhausen war ein Lager nach strategischen Punkten an der Porta Westfalika ausgesucht. Wie kam man jetzt zum rechten Winkel zwischen Haltern und Barkhausen in Kneblinghausen.

https://www.kneblinghausen.de/historie/roemerlager/index.html

kurti schrieb:

Du behauptest hier nur, dass die Strecken so vermessen wurde.

Falls das so angekommen sein sollte, handelt es sich um ein Missverständnis. Mir steht es fern, etwas zu behaupten — außer, dass die vorgetragenen Daten nach bestem Wissen und Gewissen ermittelt worden sind. Über alles, was nicht als Faktum feststeht (wie etwa die Koordinaten bekannter Stützpunkte), kann doch nach 2000 Jahren nur Vermutungen angestellt werden — keiner von uns ist schließlich dabei gewesen.

Sicher ist jedoch, dass der schnurgerade Limesabschnitt in Schwaben nahezu perfekt auf Marktbreit ausgerichtet ist. Das ist besonders bemerkenswert angesichts der Tatsache, dass das Lager Marktbreit offenbar nur kurzzeitig im ersten Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts belegt gewesen ist — also rund ein Jahrhundert bevor hier ein Grenzwall errichtet wurde. Man könnte meinen, die alten Vermessungsdaten seien aufgezeichnet und weitergegeben worden.

kurti schrieb:

Warum soll ich ein Lager oder Stützpunkt “willkürlich” ins Land setzen, nur um einen rechten Winkel zu bekommen ? Auch für den rechten Winkel von Wilkenburg zum Brocken mußte man erst mal eine gerade nach Wilkenburg vermessen und jetzt Wilkenburg “willkürlich” da verorten wo sich zum Brocken ein 90° Winkel ergab.

Vielleicht hat die Marine vom Landeplatz Wilkenburg den Brocken angepeilt und dann den rechten Winkel ermittelt, der schließlich nach Kneblinghausen führte. Auf diese Weise hätte man mit Kneblinghausen einen Punkt, dessen Lage sowohl in Bezug auf Wilkenburg als auch auf den wichtigen Navigationspunkt Brocken bekannt gewesen wäre. Da Kneblinghausen auch mit dem mutmaßlichen Hauptquartier Haltern und dem bewährten Weser-Landeplatz Barkhausen über einen weiteren rechten Winkel verbunden war, konnte man so die einzelnen Messungen zusammenfügen. — Oder, wohl noch wahrscheinlicher, man hat von Kneblinghausen aus jenen Punkt an der Leine gesucht, an dem der Brocken im rechten Winkel steht.

kurti schrieb:

Für Deine weiträumigen Bergvermessungen brauchtest du ja erst mal eine sehr lange Basisstrecke von einem Berg zum nächsten.

Nicht zwingend. Auch bei moderner Triangulation maß man Winkel, keine Entfernungen. Falls die Hohe Schleife bei Hedemünden tatsächlich den Römern zur Anvisierung von Brocken und Großem Inselsberg gedient haben sollte, dann dürfte es ihnen zunächst nur um den Winkel gegangen sein — was man auch daraus ableiten könnte, dass das rechtwinklige Dreieck hier kein primitives Pythagoreisches ist, Distanzberechnungen mithin schwierig bis unmöglich gewesen wären.

kurti schrieb:

So wie auch die Gerade zwischen Remagen - Lahnau und Koblenz - Oberbrechen. Da installiert man Stützpunkte “willkürlich” an einem Ort, um eine Gerade zu bekommen oder einen rechten Winkel damit man Vermessungspunkte bekommt.

Prügele doch nicht den Boten. Es ist halt so — jeder kann es nachmessen. Und vielleicht ging es um etwas mehr als Vermessungspunkte, nämlich vielleicht darum, Ordnung zu schaffen, mittels der man das Barbaricum unter Kontrolle zu bringen gedachte — nach dem griechischen Motto Μέτρον ἄριστον.

kurti schrieb:

Das ist alles nur so erstaunlich, weil du nicht alle Lager auf der Karte hast,

Ach. Welche augusteischen Lager fehlen möchtest Du mir aber nicht verraten? Genau in dieser Frage hatte ich auf konstruktive Kritik gehofft.

kurti schrieb:

Du hast doch die Berge mit Linien verbunden und behauptest nur, dass die Römer das auch gemacht haben. In natura ist es ziemlich mühselig alle Berge abzuklappern, die Kuppeln abzuholzen um zwei zu finden die im rechten Winkel liegen.

Um von der Hohen Schleife den Brocken und den Großen Inselsberg anzupeilen, musste man letztere weder besteigen, noch die Gipfel abholzen. Und nochmal: ich behaupte gar nichts, außer dass die Daten sauber sind.

kurti schrieb:

Wie haben sie dann den rechten Winkel bei Punkt “A” vermessen?

Rechte Winkel maßen die Römer mit der Groma. :wink: Wie das in diesem Fall abgelaufen sein könnte (mit der Betonung auf ‘könnte’): man sucht mittels Groma einen geeigneten Ort, von dem aus man zwei Gipfel im rechten Winkel anvisieren kann. Trial-and-error halt — da kann schon mal ein Vormittag bei draufgehen.

kurti schrieb:

Über das Meer wie bei deinem Beispiel ging das sicher nicht.

Vor dem Tsunami von 365 CE dürfte die Küstenlinie anders ausgesehen haben. Leider hat diese Katastrophe das antike Chebba (Caput Vada) wohl nahezu ausradiert. Dann kamen die Vandalen und schließlich Belisar, der alles neu überbauen ließ. Und darüber haben dann die Abbassiden nochmals neu gebaut. Somit besteht kaum eine Chance, den locus gromae der augusteisch-tiberischen Zeit zu verifizieren — aber das nur am Rande.

kurti schrieb:

Die wichtigste Frage von Barbara hast du aber nicht beantwortet. Haltern wie Barkhausen waren aus augustischer Zeit. Barkhausen war ein Lager nach strategischen Punkten an der Porta Westfalika ausgesucht. Wie kam man jetzt zum rechten Winkel zwischen Haltern und Barkhausen in Kneblinghausen.

Hier wissen wir immerhin, dass Barkhausen schon unter Drusus genutzt wurde, und somit nach Stand der Dinge der älteste Punkt dieses Dreiecks ist. Wie die Ingenieure des Tiberius Haltern und Kneblinghausen so perfekt platzieren konnten, würde ich sie gerne selber fragen. :wink:

@Geognost

Mir ist leider noch immer nicht klar, welchen Sinn/Vorteil/Nutzen (auch im Hinblick auf Aufwand!) diese Dreiecke haben könnten. Denn immerhin geht es hier ja um großräumige Landvermessung von Gebieten, deren Flächen wohl überwiegend mit Wald bestanden waren. Welchen – belegten! – Sinn und Zweck Landvermessung bei den Römern hatte, wurde ja schon angesprochen.

Wenn du den Nutzen und die prinzipielle Vorgehensweise, die deiner Theorie der Großraumvermessung zugrunde liegen, nicht schlüssig und widerspruchsfrei beschreiben kannst, dann reichen deine bisher gefundenen rechtwinkligen Dreiecke als alleiniger Beweis leider nicht hin.

Du hast bemängelt, dass Kurti zwar von weiteren Lagern geschrieben, sie aber nicht benannt hat. Du hättest fragen können, ob Kurti  sie zumindest benennen kann. Das hätte Offenheit für Lücken in deiner Theorie signalisiert!

Hier ist ein Fund aus dem Internet. Ob dieses großartige Projekt für eine generelle Überprüfung deiner Theorie hilfreich sein, habe ich nicht überprüft. Zumindest dürfte es eine Fundgrube für noch viele rechtwinklige Dreiecke sein:

Leider funktionieren die Links im Blogbeitrag nicht mehr. Hier zwei aktuelle Adressen (an diesem Projekt waren offensichtlich mehrere Parteien beteiligt):

LG Barbara

RandomHH schrieb:

@Geognost

Mir ist leider noch immer nicht klar, welchen Sinn/Vorteil/Nutzen (auch im Hinblick auf Aufwand!) diese Dreiecke haben könnten.

Sie könnten den gleichen Nutzen gehabt haben wie neuzeitliche Triangulationsnetze.

Die Triangulation (Aufteilen einer Fläche in Dreiecke und deren Ausmessung) ist das klassische Verfahren der Geodäsie zur Durchführung einer Landesvermessung.

In Europa und Amerika wurden solche trigonometrischen Vermessungsnetze von fast allen Staaten im 18. und 19. Jahrhundert etabliert; einige westliche Kleinstaaten und die meisten Entwicklungsländer führten diese Aufgabe auch noch im 20. Jahrhundert durch.

Die Grundlagenvermessung eines Landes in Form von Dreiecksnetzen diente auch der sogenannten Erdmessung (Erforschung der großräumigen Erdfigur) sowie als Basis für die Landesaufnahme (Erstellung genauer Landkarten) und für alle weiteren Vermessungsarbeiten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Triangulation_(Geod%C3%A4sie)

RandomHH schrieb:
Denn immerhin geht es hier ja um großräumige Landvermessung von Gebieten, deren Flächen wohl überwiegend mit Wald bestanden waren.

Ich zitiere mal Dr. Susanne Wilbers-Rost, Leiterin der Abteilung Archäologie in Museum und Park Kalkriese:

Die Landschaft in Germanien war keineswegs reiner Urwald. Dieses Bild haben die antiken Schriftsteller sicher bewusst konstruiert. Es gab verstreute Siedlungen, Äcker, Wiesen; die Wälder waren Nutzwälder, das heißt, dort weidete das Vieh, und es wurde Bauholz geschlagen. Ein römischer Militärtross konnte dieses Gebiet wohl passieren, allerdings mit Schwierigkeiten, denn mit den gut ausgebauten römischen Straßen links des Rheins oder in Gallien war das ländliche Wegenetz nicht vergleichbar.
https://www.wissenschaft.de/magazin/weitere-themen/germanien-war-keineswegs-reiner-urwald/

RandomHH schrieb:
Du hast bemängelt, dass Kurti zwar von weiteren Lagern geschrieben, sie aber nicht benannt hat. Du hättest fragen können, ob Kurti sie zumindest benennen kann. Das hätte Offenheit für Lücken in deiner Theorie signalisiert!

Natürlich gibt es Lücken. Zum einen deshalb, weil die präsentierten Karten aus Gründen der Übersichtlichkeit bewusst sehr sparsam gehalten wurden, zum anderen, weil ganz sicher nicht alle augusteischen Stützpunkte, Lager und Türme bekannt sind — und drittens ist es gut möglich, dass ich den einen oder anderen Stützpunkt schlicht übersehen habe.

Drei bekannte augusteische Stützpunkte links des Rheins hatten wir bisher noch nicht: Worms, Speyer sowie das frührömische Lager bei Wederath (Belginum). Das sei hiermit nachgeholt:

RandomHH schrieb:
Hier ist ein Fund aus dem Internet. Ob dieses großartige Projekt für eine generelle Überprüfung deiner Theorie hilfreich sein, habe ich nicht überprüft. Zumindest dürfte es eine Fundgrube für noch viele rechtwinklige Dreiecke sein:

Landkartenblog: Sensation! Das Pelagios Project zeigt eine einzigartige interaktive Straßenkarte des Römischen Reichs

Dieses Projekt kenne ich natürlich. Leider sind die Zeitangaben dort sehr mit Vorsicht zu genießen, so wird z.B. für alle Lippelager ein Startdatum -30 genannt, obschon keines davon vor 11 BCE entstanden sein dürfte. Auch fehlen etwa das Lager Sennestadt und die julianischen Lager in Limburg an der Lahn.

( vici.org wäre noch zu erwähnen, falls es jemand nicht kennt. Leider wimmelt es hier jedoch von völlig unbelegten, nur von irgend jemandem vermuteten Lagern.)

Hi Geognost,

deine Dreiecke machen die Navigation gerade ins unbekannte Gebiet schwieriger.

Warum gerade Stützpunkte als Eckpunkte Deiner Dreiecke herhalten müssen erschließt sich mir nicht.

Wenn die Stützpunkte in vorrömischer Zeit bereits bestanden haben, müssten ja die Kelten und Germanen gemeinsam trianguliert haben.

Triangulieren macht nur Sinn, wenn man nachher Karten erstellt. Das wäre mir aber nicht bekannt.

Warum sind Winkel von 89,1° verglichen mit 90° gut genug?

Gruß,

Hugin

1 „Gefällt mir“

Hugin schrieb:

Hi Geognost,

deine Dreiecke machen die Navigation gerade ins unbekannte Gebiet schwieriger.

Sobald das Dreieck angelegt worden wäre, wäre es ja kein unbekanntes Gebiet mehr.

Hugin schrieb:

Warum gerade Stützpunkte als Eckpunkte Deiner Dreiecke herhalten müssen erschließt sich mir nicht.

Sollte ich lieber Punkte bearbeiten, an denen keine Stützpunkte gelegen haben? :wink:

Militärs schätzen es nicht erst seit Napoleon, genau über die räumliche Verteilung ihrer Truppen informiert zu sein. Das ist besonders dann von Bedeutung, wenn man sich in zuvor unbekanntes Terrain begibt.

Hugin schrieb:

Wenn die Stützpunkte in vorrömischer Zeit bereits bestanden haben, müssten ja die Kelten und Germanen gemeinsam trianguliert haben.

Kannst Du einige Beispiele für römische Stützpunkte in Germanien nennen, die nachweislich schon in vorrömischer Zeit bestanden haben?

Hugin schrieb:

Triangulieren macht nur Sinn, wenn man nachher Karten erstellt.

Das ist Deine ganz persönliche Meinung. Man kann zum Beispiel ein Gebiet triangulieren und dann anhand der Daten eine Straße planen, ganz ohne Karten im modernen Sinne zu erstellen.

Lies mal, was die Geodäten der TU Berlin schreiben:

Für die römischen Provinzen bildete insbesondere die Raumerfassung durch Militär und Verwaltung die Grundlage der geographischen Informationen. … Auch die topographischen Kenntnisse über Germania Magna dürften zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf die Erkundungen der römischen Armee zurückgehen, deren Ergebnisse in Form von Kriegsberichten und sicherlich auch von Karten festgehalten wurde. … Besonders schmerzlich ist der Verlust der erwähnten Karten, auf die es allerdings Hinweise in der antiken Literatur gibt.

Kleineberg, Andreas, Marx, Christian, Knobloch, Eberhard, Lelgemann, Dieter: Germania und die Insel Thule - Die Entschlüsselung von Ptolemaios’ »Atlas der Oikumene«, WBG, Darmstadt, 2010, p7

Hugin schrieb:

Warum sind Winkel von 89,1° verglichen mit 90° gut genug?

0.9° Abweichung vom rechten Winkel ist für antike Verhältnisse durchaus akzeptabel, vor allem wenn wie hier ein Punkt mitten im Hunsrück liegt. Zudem errechnen sich die Winkel aus Messungen von Lagermitte zu Lagermitte. Misst man etwa vom Nordwall des Lagers bei Wederath, sind es schon 89.5°.

Ich habe mal ein bischen über die Groma nachgelesen und einen Artikel über die Messgenauigkeit gesucht und gefunden:

https://www.roemerfreunde-weser.info/der-genauigkeit-der-groma.pdf

Da beschreibt jemand der sich offenbar mit Vermessungstechnik auskennt und sogar Experimente gemacht hat, wie man damit arbeiten würde. Nämlich wegen mangelnder Präzision nur im Nahbereich bis ca. 100m. Danach spielt Fadendicke, Wind und ähnliche Effekte eine zu grosse Rolle.

Aber er beschreibt auch ein Verfahren das mit 3*3 + 4*4 = 5*5 ein rechtwinkliges Dreieck erstellt. Dazu läuft man 3000 Fuss in die eine Richtung und stellt einen Peilstab auf. Dann läuft man mit der Groma grob (!) gepeilt in der zweiten Richtung 4000 Fuss und stellt einen zweiten Peilstab auf. Schliesslich läuft man auf gerader Linie zwischen den Peilstäben und prüft ob man 5000 Fuss findet. Wenn nicht, korrigiert man den Stab und prüft nochmal die Entfernung zur Groma. Übrig bleibt in rechtwinkliges Dreieck. Die Groma ist also nur ein Hilfe um nicht von Anfang an zu weit daneben zu liegen.

Was ich daraus ablese ist dass das Ganze vielleicht auf 1 km Entfernung praktikabel ist aber kaum auf 100 km.

Aber: was diese Betrachtung nicht ausschliessen kann ist dass die Römer an einem Startpunkt eine Groma aufgestellt haben, in einer Meile Entfernung je zwei Peilstäbe und dann einfach über Berg und Tal zwei schnurgerade Schneisen geschlagen haben, also den rechten Winkel einigermassen genau verlängert haben. Und auf der einen Richtung den Faktor 3 und auf der anderen den Faktor 4 als reine Entfernung abgezählt haben, auch wenn es viele Meilen waren. Dann ist die Hypotenuse automatisch der Faktor 5 (+/- Genauigkeit) auch wenn es dazwischen keine Schneise gab.

Gegen eine schnurgerade Schnise über Berg und Tal spricht aber, dass Römerstrassen selten über mehr als 1-2 Tagesreisen schnurgerade verlaufen. Oft machen sie dann doch unmotiviert wirkende Knicke oder durchqueren Täler und ändern den Winkel. Man verfolge nur mal die Route von Augsburg nach Salzburg. Dazu übrigens auch ein Rätsel für die Zahlenmystiker: die Römerstrasse schneidet die heutige S-Bahn zwischen München und Holzkirchen fast exakt bei 48,000°N. Zufall oder uns unbekannte Absicht?

Bleibt also die Frage nach dem Warum die Römer da in 90°-Winkeln gearbeitet haben sollten…

Spekulation: weil sie sich in Germanien nicht ausgekannt haben und daher jede Richtungswahl gleich schlecht war, wurden einfach zwei Gruppen losgeschickt und der Einfachheit halber in einer grossen Zeremonie im 90-Grad Winkel… Damit sie möglichst unterschiedliche Richtungen nehmen und sich nicht mehr begegnen mussten sie einfach immer schnurgerade vorrücken.

Und die einen waren fleissig und schneller und die anderen langsamer. Nach ein paar Monaten kamen Reiterstaffeln und gaben ihnen den Auftrag hier und jetzt zu stoppen und neue Stützpunkte anzulegen. Das Vormarschtempo war nun zufällig 3:4 gewesen und so passt zufällig die Hypotenuse zum Pythagoras - selbst wenn das überhaupt nicht beabsichtigt war.

Was ich am Thema interessant finde sind die Fakten, also dass einige Winkel im Bereich 90° liegen. Aber ob das Zufall oder eine historische Absicht dahintersteckt (vor allem welche) ist, ist aus den Daten alleine nicht zu entscheiden.

Da müsste ein Statistiker ran, der ausrechnet wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist dass in einer Menge zufällig auf eine Fläche verteilter Punkte Dreiecke existieren, deren Winkel zwischen 89° und 91° ist. Das hängt sicher von der Zahl der Punkte in der Fläche ab - aber das Bauchgefühl für “wahrscheinlich” oder “unwahrscheinlich” hilft da nicht.

Nachtrag: wenn die Stosstrupps folgenden Auftrag hatten:

  • 30 bzw. 40 Tage
  • mit vorgegebenen Etappenlängen
  • exakt geradeaus in ihrer Richtung
  • und dort einen Stützpunkt errichten.
  • Dann im rechten Winkel zur bisherigen Marschrichtung fortsetzen.

Dann mussten sie sich nach ca. weiteren 40 bzw. 30 Tagen wieder im rechten Winkel treffen. Und fertig ist das Rechteck mit 4 Stützpunkten im Seitenverhältnis 3:4. Ungeplant und nicht vorher vermessen.

Aber warum sollte das jemand so beauftragen? Eigentlich nur aus Hilflosigkeit mangels besserer Idee (oder fertigen Karten oder Technik wie GPS und Satellitenbilder…).

hns schrieb:
Aber er beschreibt auch ein Verfahren das mit 3*3 + 4*4 = 5*5 ein rechtwinkliges Dreieck erstellt.

Das ist das oben mehrfach erwähnte und mit Beispielen versehene Knotenschnurprinzip, dass natürlich auch mit anderen Pythagoreischen Tripeln funktioniert (5:12:13, 8:15:17, 7:24:25 etc. pp.).

hns schrieb:
Da müsste ein Statistiker ran, der ausrechnet wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist dass in einer Menge zufällig auf eine Fläche verteilter Punkte Dreiecke existieren, deren Winkel zwischen 89° und 91° ist. Das hängt sicher von der Zahl der Punkte in der Fläche ab - aber das Bauchgefühl für “wahrscheinlich” oder “unwahrscheinlich” hilft da nicht.

Zumindest in der Germania Magna braucht es weder einen Statistiker noch Bauchgefühl, wenn nur ein einziges Marschlager (Sennestadt) derzeit keinem rechtwinkligen Dreieck zugeordnet werden kann, während alle übrigen Stützpunkte chronologisch stimmig in zwei Phasen (Oberaden/Rödgen, Haltern/Lahnau) repräsentiert sind.

[Edit] Ganz unauffällig ist das zuletzt entdeckte Lager Sennestadt allerdings nicht:

hns schrieb:

Nachtrag: wenn die Stosstrupps folgenden Auftrag hatten:

  • 30 bzw. 40 Tage
  • mit vorgegebenen Etappenlängen
  • exakt geradeaus in ihrer Richtung
  • und dort einen Stützpunkt errichten.

Wobei die Legionen ja durchaus vorhandene Altwege genutzt haben werden. Lediglich Vexillationen von Vermessern, Aufklärern und Pionieren hätten sich nebenbei um die direkte Linie kümmern müssen. Aus den Vermessungstürmen wären dann schließlich Signaltürme geworden. Leider wurden diese in den deutschen Mittelgebirgen wohl meist aus Holz errichtet und sind somit kaum noch nachzuweisen, zumal wenn an diesen Orten moderne Aussichts- und Fernmeldetürme errichtet wurden, wie etwa auf dem Ellerspring (auf der Linie Legionslager Mainz—Lager Wederath).

hns schrieb:

Eigentlich nur aus Hilflosigkeit mangels besserer Idee (oder fertigen Karten oder Technik wie GPS und Satellitenbilder…).

Wohl eher mangels besserer Mathematik. Wenn man nur rechte Winkel kann, muss man daraus das Beste machen.