Hallo Heinz,
ja, das sehe ich auch so — ob da Griechen, Tiguriner oder Helvetier an der Dioptra standen, ist mir erstmal egal, denn am Ende waren es alles Subjekte des Imperiums (wenn auch wohl meist noch keine Bürger).
Darauf kann ich nur wieder antworten, dass ich es nicht weiß. Eine Vermutung wäre, dass man es als ‘schön’, bzw. harmonisch empfand, im Sinne des griechischen Mottos ‘metron ariston’ — oder wollte man den Göttern demonstrieren, wie würdig man ist? Viele Erklärungen sind denkbar, die sich aber ohnehin nicht belegen lassen würden.
Ja klar, von Zillis aus hätte man mindestens einen Berg besteigen müssen, um sich überregional zu orientieren. Vom ‘neuen’ römischen Lager auf dem Colm la Runga hat man nicht nur, wie schon erwähnt, eine Sicht zur Motta da Sett am Septimerpass wo man hergekommen war, sondern es ist von dort auch möglich, den rund 70 km entfernten Säntis wie auch die rund 127 km entfernte Jungfrau anzupeilen und somit den eigenen Standort genau feststellen zu können.
Diese beiden Gipfel waren für die Römern schon lange vor dem Alpenfeldzug anpeilbar, der Säntis gar begehbar, und ihre Lage zueinander dürfte längst bekannt gewesen sein. Wie du weißt, habe ich diese Berge schon lange im Verdacht, eine bedeutende Rolle bei der römischen Vermessung dieses Gebiets gespielt zu haben.
Absolut. Aber schaden tut es auch nicht.
Einige neue Erkenntnisse möchte ich noch vorstellen. Zum einen habe ich mir einmal die Sichtlinien von den (untereinander im Sichtkontakt stehenden) Walenseetürmen angeschaut und dabei festgestellt, dass man vom Turm Strahlegg die römische Anlage auf dem Georgenberg bei Berschis anpeilen kann.
Von dort besteht Sichtkontakt zum Lager Castels bei Mels, und von hier weiter nach Maienfeld. Somit haben wir hier eine Kommunikationskette vom Alpenrheintal bis an das Westufer des Walensees, wo später die römische Provinzgrenze verlief:
[Den Walensee muss man sich hier wie einen 16 km breiten Fluss vorstellen, den man wegen der steilen Felswände rechts und links nur auf dem Wasserwege bereisen konnte. Daher ergab sich auch nach der frühmittelalterlichen Besiedelung durch Alemannen im Westen hier wieder die (Sprach-)Grenze zur damals noch romanischen Alpenrheinregion innerhalb des Bistums Chur.]
Und dann habe ich weiter nach Westen geschaut, wo als nächste wichtige römische Standorte Kempraten (Centum Prata) und Zürich (Turicum) liegen.
Dabei stellte sich heraus, dass die Luftlinien von Kempraten zum augusteischen Militärlager auf dem Zürcher Lindenhof sowie zum kontemporären Turm in Filzbach mit je 25.9 km identisch sind!
Offenbar man hier in Helvetien ein anderes Maß gewählt als die rund 24 km in Rätien — aus welchen Gründen auch immer (ich würde auf Pragmatismus tippen).
Auch die Luftlinie von Zürich zur später sehr bedeutenden römischen Siedlung in Lenzburg passt mit gut 26 km in dieses Muster:
Es tut mir ja leid, bislang noch keine ‘Auflösung’ präsentieren zu können — aber es ist wie bei einer Bergwanderung: man setzt einen Schritt vor den anderen und bekommt dabei immer neue Ausblicke geboten, stets aus einer anderen Perspektive.
Gruß, Timo