Mehr oder weniger > Archaeology Magazine
@ Hugin
Hallo Hugin,
ich bin gerade dabei mein Wissen über den Grabkult der Ägypter aufzufrischen. Ich war mir nicht mehr sicher, ob meine Äußerung, dass man die Gräber nicht betreten konnte stimmte. Ich will ja hier solche Irrlehren nicht stehen lassen.
Man konnte bis auf einen bestimmten Sakralteil das Grab betreten, so etwa wie eine Kapelle.
Ich hoffe du nimmst meine Entschuldigung an !
Ich ziele auch nie wieder mit der Schrotflinte auf eine Krähe ! Versprochen !
Gruß
Kurti
Hallo Kurti,
also ein sagen wir mal privater Totentempel, in dem Rituale etc. durchgeführt werden konnten.
Das ist ein sehr interessantes Detail! Wie lange war ein solches Grab “aktiv”? 1-5 Generationen?
Wurde es danach ausgeraubt und/oder einer Sekundärfunktion (=Steinbruch) zugeführt?
Wenn nach sagen wir mal 100 Jahren niemend ,mehr den Verstorbenen kannte, hatte der öffentliche Teil seines Grabes seine Funktion verloren.
Gruß,
Hugin
Sorry, ich hatte nicht eher Zeit.
@kurti vorweg: Das ( osirisnet.net ) ist eine großartige Webseite, die du da entdeckt hast! Und umso bemerkenswerter, als das ein privates Projekt ist. Von der Fülle von Vergleichsmaterial her genau so verdienstvoll wie die ebenfalls private Seite antike-tischkultur.de .
Hach… wo soll ich jetzt anfangen? Zumal ich nun (nach neuester Information) gegen 70 Jahre Vertrautheit mit dem „Alten Ägypten“ antreten muss.
Ich versuche es mit meinen Bordmitteln mal so:
Bilder kommunizieren ebenso wie Sprache. Sprachkompetenz und Bildkompetenz (letzteres ein relativ neuer Begriff) sind komplexe Fertigkeiten. Ein Beispiel für Sprachkompetenz ist z. B. das Verstehen von Ironie oder Übertreibung (was in bestimmten Kommunikationssituationen nicht immer leicht ist). Und wie bei Sprache und dem Sprachverstehen spielen beim Verstehen von Bildern viele Dinge eine Rolle: Kontext, „Formelhaftigkeit“, Symbole, aktuelle Gedankenwelten, Subtexte (zusätzliche Bedeutungsebenen) etc.
Mal im Ernst: Können wir die Bedeutung der Bilderwelten der Steinzeit wirklich verstehen? Und sind all unsere Informationen (Bilderkanon und Texte/Papyri) tatsächlich hinreichend, um zu einer zutreffenden Interpretation aller Feinheiten der ägyptischen Bildsprache (und dazu noch der einer bestimmten Zeitperiode!) zu gelangen? Und bitte ganz ehrlich: Wer von euch hat auf Anhieb meine Spoilerbilder, die immerhin in unserer Kultur fußen, sofort decodiert?
Altägyptische Bilder waren eher keine „Kunst“ in unserem Sinne. Sie erfüllten eine (Kommunikations-)Funktion und folgten einem relativ rigiden Kanon in relativ elaborierter (Bild-)Sprache. Die wesentlichen (weil oft auftauchenden) Elemente kennen wir.
Aber: Die Lebens- und Gedankenwelt der alten Ägypter ist uns fremd. Wir haben nicht seit der Muttermilch gelernt, wie sie zu sehen und wie sie Bilder zu „lesen“. Das heißt, wir interpretieren! Immer! Wir versuchen zu decodieren, was die Ägypter in Bildern codiert haben. Betrachten wir Sehbilder (Darstellungen von etwas real Gesehenem) oder symbolische Sinnbilder? Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir die Bildsprache mit ihren konkreten Bedeutungen und Funktionen nicht wirklich vollständig und belegbar rekonstruieren können.
Es steht außer Frage, dass ägyptische Götter „offiziell“in Tierform mit bestimmten „Emblemen“ (später in einer vermenschlichten Form mit Tierkopf) auftreten. Aber haben die alten Ägypter (inklusive Angehörige der Königshäuser) das Wirken und/oder die Präsenz ihrer Götter vielleicht auch in der Natur erkannt – und am für „private Erfahrungen“ zuständigem Ort (Kultkammer) darstellen lassen? Die rituelle Jagd auf Nilpferde (das Chaos (=Seth?) wird bezwungen) mag ein Hinweis darauf sein, dass das zutrifft. Was mich in Erklärungsnot hinsichtlich Taweret bringt. Obwohl: Taweret ist eindeutig weiblicher Natur. Lässt sich diese „Doppelbesetzung“ mit Geschlechtszugehörigkeit erklären? Mit Bedeutungswandel? Ich habe keine Ahnung.
Worauf ich hinaus will, betreffend meine Irritation bezüglich der Nilpferd-Krokodil-Szene und des Gesamtbildes mit Nesträuber (von letzteren weiß ich nun, dass auch sie zum Kanon gehören ):
Welche Funktion und zusätzliche Bedeutung könnten solche (für uns) brutal-realistischen Szenen im Alten Reich haben?
- Für das Leben und den Lebensunterhalt der Ägypter hatten solche reinen Naturbeobachtungen (hier: Nahrungsketten) keine Bedeutung. Und damit wohl auch nicht für ihr Leben nach dem Tod. Also was machen sie dort?
- Ein memento mori kann es nicht sein, denn es geht ja um Unsterblichkeit.
- Also vielleicht so: Das Leben mündet von Anfang an in den Tod, und der führt zur Unsterblichkeit? Früh gestorben heißt früh Eingang in paradiesische Ewigkeit?
Mich befriedigt eine durchgängige Interpretation aller Szenen als als Abbildung (Sehbild) des Lebens am Nil nicht. Allerdings habe ich aber auch keinen Beweis für zweite Bedeutungsebenen einzelner Szenen (Sinnbild). Ich wage nur an unseren „Verständnis“, an unserer Bildkompetenz bezüglich solcher Darstellungen zu zweifeln.
Übrigens bin ich nicht die einzige, die die Nilpferd-Krokodil-Szene (neben den Machern von MASTABASE) als zeigenswert (weil besonders?) ansieht. Bei Twitter mit einem lakonischen Kommentar versehen, der sich als Sichtweise wohl aus der Position der Kommentierenden als Kuratorin eines zoologischen Museums erklärt.
LG Barbara
P.S.: Noch zwei Darstellungen der Taweret – mit „aufsässigem“ Krokodil.
P.P.S: @kurti Ich habe eine Katze ohne Insignien verlinkt? Das kann sich eigentlich nur um die Geschichte von der „großen Katze und der Schlange“ handeln (Schlange = Apophis), die in einem von mir verlinkten Artikel auftaucht, aber nicht von mir als Beispiel gemeint war.
@ Hugin
Hallo Hugin,
ich sehe das genau so ! Selbst bei den Pharaonen kümmerte sich nach einer gewissen Zeit keine Priesterschaft mehr um den Tempel und hielt Opferungen usw. ab.
Bei Cheops wurde aber oft nach langer Zeit der Tempeldienst wieder aufgenommen. Nach dem Thutmosis IV. die Sphinx wieder entdeckt hatte wurde auch die wieder zum Wallfahrtsort.
Man könnte vermuten, dass hin und wieder eine Priesterschaft ein gutes Einkommen witterte und Veranstaltungen aufführte !
Kommt mir irgendwie bekannt vor !
Gruß
Kurti
@ RandomHH
Hall Barbara,
ich antworte morgen, denn ich habe gerade Besuch bekommen !
Bis dann
Gruß
Kurti
Hallo Kurti,
ich bin mir bewusst, dass ich vielleicht über interpretiere. Aber ein bisschen Ardea steckt doch in jedem von uns!
Gruß Hugin
@ Hugin
Hallo Hugin,
es wäre ja schlimm, wenn wir alles nur stupide anschauen und nichts dabei denken würden.
Das Thema ist ja nicht neu und ich war auch schon mal von den ersten Büchern und Artikeln begeistert und habe nur noch Mystik und Geheimnisse in Pyramiden und Co gesehen.
Gruß
Kurti
@ RandomHH
Hallo Barbara,
die Diskussion um die Grabbilder gab es schon vor Jahrzehnten. Da gibt es natürlich die unterschiedlichsten Meinungen.
Ich habe jetzt endlich ein PDF gefunden, in dem die einzelnen Ansichten dargelegt sind.
Ich hatte da mal mehr Literatur drüber, aber hab ich ja verschenkt !
2.3 Kontexte bildlicher Narration
2.3.1 Darstellungen in Tempeln und königlichen Gräbern. Seite 97
2.3.2 Das Bildprogramm der Privatgräber. 106
Mein Fazit daraus war und ist aber, dass sowohl die Interpretation von Linda Evans, wie auch von anderen und deine ein wichtiges Kriterium nicht erfüllen.
Diese Bildausschnitte sind weder separat als ein Geschehen herausgehoben, noch liegt eine Handlung vor, die so speziell von einem Mythos hinterlegt wird. Es genügt nicht ein gebärendes Nilpferd mit einem Krokodil in einer durchgehenden Unterwasserszene zu zeigen, sondern eine aussergewöhnliche Handlung, Mitwirkung von Göttern muß in einer “bekannten” Erzählung, Mythos usw. bildlich faßbar sein.
Das ist aber hier keinesfalls gegeben. Das ist auch bei deiner Vogelnestberaubung nicht der Fall. In deinem Sinne schon mal gar nicht, denn sonst würde beim anderen Grabinhaber ja auch eine solch schreckliche Geschichte vorliegen wie bei Idut. Vielleicht hat man ja seinen Palast ausgeräumt und seine Rolex gestohlen !
Wenn man sich die Bilder von Linda Evans anschaut, dann gibt es da überhaupt keine Hervorhebung, noch ein Mythos dahinter, der diese Szene beschreibt. Sie bastelt sich zum Geflügelnetz einen eigenen Mythos .
Sicher gibt es Texterwähnungen wo der Vogelschwarm als Sinnbild für Chaos erwähnt wird. Die Vögel als Ausländer kenne ich nur im Kiebitz-Volk. Ich hatte den Namen vergessen und lange gesucht !
Das waren die Bewohner des Nildeltas. Dort gab es in den Feuchtgebieten viele Kiebitze und die Rechit (Kiebitz -Volk) waren Ausländer, Feinde bis Narmer sie unterwarf und beide Reiche vereinigte. Später wurde dieses Wort für Feinde und Untertan verwendet.
Rechit – Wikipedia
Es gibt auch hier keinen Mythos in dem z.Bsp. ein Gott das Chaos bändigte und das mit einem Vogelnetz bewerkstelligte.
Es gibt auch keine Geschichte, in der ein Mungo der Maat (?) Vögel vertilgte und damit das Chaos beendete. Nur nebenbei, bei uns benutzt man das Frettchen zur Baustöberung und manche Jäger spazieren mit ihrem Liebling an der Leine durchs Revier. Gab es auch in Afrika.
Oder der Pelikan. Ein Vogel in einer Schar anderer, was soll das für einen mystischen Sinn haben. Ihre Vermutungen sind einfach zu dünn und konstruiert, um sie ernst zu nehmen.
Es gibt aber zur Zeit noch eine andere Deutung.
Bis Sonntag oder Montag bin ich nicht da. Muß morgen einiges vorbereiten und dann herrscht Rentnerstress !
Beste Grüsse
Kurti
Naja, Fakt ist ja, dass die Israeliten, beim Auszug aus Ägypten den Glauben an einen Gott mitgenommen haben. Dieser Glaube hat sein Vorbild in Aton, den Echnaton zur einzigen Gottheit erhob. Dieser Glaube, nicht allein basierend auf die Sonne, war essentiell für die Israeliten. Der Glaube an einen Gott. Dies trugen sie nach der Flucht bis in ihre neue Heimstatt. Dieser Glaube an einen Gott, war die Geburtsstätte zweier Weltreligionen, dem Islam, dem Christentum, welche beide Glaubensinhalte der Israeliten übernommen haben.
Warum die Ägypter, nach Echnaton, sich wieder völlig den althergebrachten Göttern zugewandt haben, erschließt sich mir nicht ganz, aber sie haben es getan und möglichst mit der der Auslöschung jeglicher Darstellungen von Echnaton.
Gruss Ardea
Ich finde es gut, dass du dich auch bei anderen Fragestellungen beteiligst. Aber es reicht nicht, dass du irgendwelches Wissen über das alte Ägypten zusammenkratzt und als Beitrag zu einem sehr speziellen Thema einstellst.
@kurti @Shard @Hugin @StoneMan @Chontamenti
Ich stecke z. Z. privat leider sehr tief in anderen Dingen. Verlinkte Dokumente habe ich deshalb nur diagonal gelesen. Und sorry, wenn ich wieder nicht individuell auf die Beiträge eingehe:
-
Zwischen der Exegese in der Antike und den Mitteln der heutigen Hermeneutik liegen Welten. Inzwischen kann die Ägyptologie auf neuere Wissenschaftszweige zurückgreifen. So macht man sich vermehrt Gedanken über den Prozess des Verstehens. Das habe ich in meinem letzten Beitrag versucht zu umreißen (wenn auch in kürzester Form und mit meinen eigenen Worten).
-
In einem von Kurti verlinkten Dokument geht es speziell um den narrativen Aspekt von Bildern im alten Ägypten – im Sinne von „hier wird eine komplette Geschichte/ein Ereignis erzählt. Interessant bei der Rückschau der Autorin auf fremde Arbeiten zum Thema ist, dass man sich anscheinend schwer tut, narrative Bilder von nicht-narrativen per Definition zu unterscheiden. Und das ist ein Problem, das dem Thema „Verstehen“ durchaus prinzipiell innewohnt! Übrigens geht es bei allen Arbeiten, die sich mit dem Thema „Bild-Erzählungen“ befassen, ausschließlich um handelnde Personen (oder vermenschlichte Tiere).
-
Muss für eine besondere Bedeutung ein tatsächliches Geschehen oder eine „bekannte“ Erzählung, ein Mythos oder Götterbeteiligung vorliegen? Vielleicht nicht, denn eine Vogelfangszene mit dem Grabinhaber wurde nicht nur mit „Freizeitbeschäftigung“, sondern (2. Bedeutungsebene) mit „Handreichungen“ zu Gefahren in Verbindung gebracht: Seelenvögel (Ba) sollen nicht in Netzen gefangen werden! Wobei wohl Zugvögel als zurückkehrende Seelen gesehen wurden. (Kurzreferenz: Totenbuch > dessen älteste Sprüche stammen aus dem Alten Reich.)
Nun soll das Grab für die alten Ägypter ein magischer Raum sein. Seine Ausstattung hat die Funktion, auf magische Weise alles bereitzustellen, was der Grabinhaber für eine Weiterführung seines Lebens im Jenseits benötigt. Und er kann sicher sein, dass sein Leben, nachdem er alle Prüfungen der Unterwelt bestanden hat, auf ewig ein „Ponyhof“ sein wird.
Alle Szenen, die in irgendeiner Form mit der Lebensführung in Zusammenhang stehen, erklären sich damit von selbst.
Aber diese sehr speziellen „Naturbeobachtungen“ in der Mastaba der Idut erklären sich damit nicht.
- Sie haben keinen Bezug zur Lebensführung, gehören nicht zu den Annehmlichkeiten des „Ponyhofs“. Erfüllen sie keine Funktion?
- Sie thematisieren Gefährdung und Tod. Das sollte doch im Jenseits eigentlich keine Rolle spielen, oder?
Darüber scheint sich bis jetzt noch niemand Gedanken gemacht zu haben. Ich habe zumindest nichts finden können (Ausnahme: die Beschäftigung mit Darstellungen von Tieren, die außerhalb der bewohnten Zone leben).
Eine Beobachtung, die ich noch nicht erwähnt hatte: Alle Vogelnester ruhen auf Lotusblüten (oder Papyrusblüten?). Könnte das eine Bedeutung haben?
Übrigens: Die „schreckliche“ Geschichte Geschichte bei Idut war eine provokative Übertreibung meinerseits in Sachen Interpretation!
Abschließend noch einmal: Wir interpretieren! Immer! Und Interpretation wird um so schwieriger, je weiter wir von der jeweiligen Bildsprache zeitlich, kulturell und/oder wissensmäßig entfernt sind. Deshalb noch einmal die Bitte um eine ehrliche Antwort auf meine Frage, wer von euch auf Anhieb meine beiden „Spoilerbilder“ als Darstellung von Maria mit dem Jesuskind verstanden hat.
LG Barbara
@ RandomHH
Muss für eine besondere Bedeutung ein tatsächliches Geschehen oder eine „bekannte“ Erzählung, ein Mythos oder Götterbeteiligung vorliegen? Vielleicht nicht, denn eine Vogelfangszene mit dem Grabinhaber wurde nicht nur mit „Freizeitbeschäftigung“, sondern (2. Bedeutungsebene) mit „Handreichungen“ zu Gefahren in Verbindung gebracht: Seelenvögel (Ba) sollen nicht in Netzen gefangen werden! Wobei wohl Zugvögel als zurückkehrende Seelen gesehen wurden. (Kurzreferenz: Totenbuch > dessen älteste Sprüche stammen aus dem Alten Reich.)
Hallo Barbara,
was hat das jetzt mit den “Vogelfangszenen” am Nil zu tun ? Oder mit dem Chaos und den Ausländern, sprich mit dem einfangen von Vogelscharen nach Frau Evans? Was soll das im Bezug auf die Vogelfangszenen überhaupt für eine “zweite” Bedeutung haben?
Das ist eine liturgische Anweisung, die besagt, dass man den Ba-Vogel nicht fangen darf. Wird das jetzt durch den Vogelfang mit Netz und Knüppel in der Grabmalerei dargestellt ?
Nein, du solltest dir einfach mal die Übersetzung der Hieroglyphen-Texte durchlesen.
Da versucht z.Bsp.ein Bauer einen Sack hochzuheben und der Aufseher hebt seinen Stock und sagt: " Zieh hoch du Arschloch"! Welche Zweitbedeutung mag das wohl haben ? In einem Totenbuch habe ich das auch noch nie gelesen !
Dazu noch eine relevante Bemerkung. Sprüche, die später in den Totenbüchern auftauchen, waren aus den “Pyramidentexten”. Die waren aber nicht einsehbar, da die Pyramiden verschlossen waren. Dennoch drangen sie nach außen unter das Volk. Von den Ägyptern waren 90% des Lesens und Schreibens unkundig. Man mußte ihnen in Bildern zeigen, was gemeint war. Wo sieht man bei den Bildern, dass man keinen Ba-Vogel fangen darf ? Merke: eine Erzählung war Vorraussetzung und das Bild mußte diese deutlich wiedergeben !
Aber diese sehr speziellen „Naturbeobachtungen“ in der Mastaba der Idut erklären sich damit nicht. Sie haben keinen Bezug zur Lebensführung, gehören nicht zu den Annehmlichkeiten des „Ponyhofs“. Erfüllen sie keine Funktion? Sie thematisieren Gefährdung und Tod. Das sollte doch im Jenseits eigentlich keine Rolle spielen, oder?*
Halten wir erst mal fest, dass der eigentliche Grabgestalter Ihy war. Halten wir weiter fest, dass in fast allen Gräbern gleiche bis ähnliche Szenen gezeigt werden, bis hin zu den “brutalen” Opferschlachtungen. Jedesmal, wenn ich das sehe esse ich einen Tag kein Fleisch !
Was soll jetzt mystisch oder doppeldeutig an solchen Szenen sein, die den Nil als Lebensraum zeigten wie er war? Daneben gab es auch “friedliche” Szenen von der Feldbestellung und Ernte.
Aus den Begleittexten geht hervor, dass die gefangenen Vögel eine Nahrungsbeschaffung und wichtiger Bestandteil der Opfertische war. Sie wurden sogar (mit gestutzten Flügeln !?) in Farmen gehalten. Es gab den Aufseher der Gänsefarm usw. Enten, Gänse und Kraniche wurden gefüttert und “gestopft” damit sie dick und fett wurden. Du siehst in den ganzen Szenen keine Gottbegegnung oder ähnliches, sondern nur den Grabherrn am Opfertisch mit frommen Sprüchen an diesen oder jenen Gott.
Abschließend noch einmal: Wir interpretieren! Immer! Und Interpretation wird um so schwieriger, je weiter wir von der jeweiligen Bildsprache zeitlich, kulturell und/oder wissensmäßig entfernt sind. Deshalb noch einmal die Bitte um eine ehrliche Antwort auf meine Frage, wer von euch auf Anhieb meine beiden „Spoilerbilder“ als Darstellung von Maria mit dem Jesuskind verstanden hat.
Das erste Bild kannte ich und beim zweiten habe ich es mir gedacht.
Nur habe ich es nicht mit der Nilpferdszene in Einklang gebracht, weil ich nichts mythisches in der Szene sah, sondern ein profane Wildtierszene.
Siehe Fortsetzung
@ RandomHH
Fortsetzung:
Hier mal einige Szenen aus weiteren Gräbern:
Herde durch Furt
Krokodile im Wasser
ZITAT
Die Männer sind nervös und schauen ängstlich auf das Wasser. Auf den Feind, das sind Krokodile, von denen zwei Exemplare abgebildet sind, müssen sie achten (siehe cm-1163). Am Ufer des Flusses gibt der Aufseher (wie immer derjenige, der die Szene betrachtet, ohne daran teilzunehmen oder Risiken einzugehen) seinen Rat: (1) “Geben Sie Ihrer Stimme kein Gehör!” oder wahrscheinlich genauer “Senke deine Stimme” . Auf der linken Seite sagt der Mann, der zur Ruhe mahnte, zur Antwort: (2) „Steck ‚deine‘ Hand ins Wasser“ oder eher „Steh nicht nur da, ‚du‘ bekommst nasse Füße“ . Über dem Vieh ist eine Warnung, entsprechend der Schreibrichtung, von jemandem im linken Boot, (3) „Herdsman, hüte dich vor dem Wasserlebewesen, das auf (obwohl anscheinend ‚unter‘) dem Wasser ist und das kommt ungesehen". Wenn es eine Warnung von dem Mann an der Spitze des rechten Bootes ist, dann ist der Text in die falsche Richtung gerichtet. Einer der Männer im rechten Boot sagt zu jemandem (4) „Herdsman!, your hand is on the water“ (siehe cm-1162 ), aber niemand scheint seine Hand auch nur annähernd an der Oberfläche zu haben. ENDE
ZITAT
Ty wird durch den einfachen Text (3) “The unique friend, Ty” identifiziert . Bekleidet ist er schlicht mit dem plissierten Kilt mit dreieckig abstehendem Vorderteil. Er ist barfuß und trägt eine breite Halskette. Er dreht sich zu den Männern hinter ihm auf Register sieben um, sagt wahrscheinlich zu seinem Teamleiter (2) “Geht, ihr zusammen, es sind genug Vögel drin” und weist sie damit an, an dem Seil zu ziehen, das das Netz schließt, das ist auf der anderen Seite des Dickichts gezeigt. Einer der Männer sagt: (1) “Oh, was hat es gebracht!” . Im oberen der beiden Register liegt das Netz über der Wasseroberfläche und bedeckt das als ruhig und geordnet dargestellte Geflügel.
Das untere der beiden Register fährt fort mit dem, was als nächstes passiert. Nach dem Befehl an den Mannschaftsführer (oft mit Schärpe dargestellt, hier nicht), ziehen alle Männer plötzlich alle gemeinsam am Seil, wodurch sie auf den Rücken fallen. Der Frontmann, neben Ty, dreht sich um und sagt zu seinen Kameraden (2) „Halt dich dran, du, immerhin ist das Netz [schwer?]“. ENDE
Stockkämpfer auf Boot
Machen wir heute auch noch ! Ist doch lustig !?
ZITAT
In der Gruppe links hält das kleine Fahrzeug links (siehe cd-62bis ) drei Männer, jeder mit einem Stock, dessen Ende gegabelt ist. Der hintere benutzt seinen als Schlagstock, der mittlere, fast kniend, schwenkt ihn über dem Kopf, um damit zuzuschlagen, während er den Mann am Bug, dessen Gegner seinen Stock ergriffen hat, mit den Worten aufmuntert (1) : "Lege es in seine Brust (eigentlich ‘Herz’) " . Bei einem Fluchtversuch antwortet er (2) : “Komm zu mir, damit er mich nicht schlägt!” . Obwohl die Texte an der falschen Stelle erscheinen, sagt der Mann, der seinen Gegner hält, zu ihm (4): "Komm zu mir, du Idiot!"und er wird von dem hinter ihm ermutigt, der sagt (3) : “Benutze deinen Arm gegen ihn, ich bin glücklich”. Er wird von einem seiner beiden Kumpels (5) ermutigt: “Ich werde dich vor ihm retten” . Währenddessen sagt der Mann vorn im Boot gegenüber (6) : “Make a hook of his leg” . Während dieser Zeit ermahnt auch der Ruderer des zweiten Bootes seinen Kumpel (7) : „Zieh es zu ihm, er hat das Boot verloren (also ‚er fällt ins Wasser‘) “. ENDE
Das ist eben der Lebensraum am Nil, in dem der Tote lebte und weiterleben wird.
Herodot sagte schon, der Nil ist Ägypten und Ägypten der Nil !
Das ist auch Zahi Hawass Lieblingsspruch !
Ich habe damals X Bücher über die Fabuliererei gelesen oder in Fachbüchern Auszüge davon.
Ich bin letztlich zu dem Schluß gekommen, dass ein Grabmaler und ein Grabbesitzer Szenen aus dem Leben am Nil abbilden ( Mappe mit Bilderskizzen war immer dabei ) die realistisch sind und im Jenseits zum Weiterleben dienten. Es waren ja dann auch immer Szenen dabei wo der Fang gezählt wurde, das Erntegut vermessen wurde usw. In einigen Texten wird auch jeder Akteur einschließlich des Grabbesitzers mit Namen und Funktion genannt. Man muß sich nur die Mühe machen und im Osirisnet die Hieroglyphentexte lesen.
Einer meiner Hauptgründe war, dass jeder etwas anderes hineingeheimniste. Reale Umwelt, das kann doch nicht sein, da muß doch noch was mystisches drin sein !? Das wäre doch gelacht, wenn ich da nichts finden würde. Nilpferdbaby fällt Krokodil ins offene Maul ??? Genau, Schlaraffenland ! Kleiner Scherz am Rande !
Ich habe dir ja gleich zu Beginn gesagt, interessantes Thema ja, aber …!
Da ich in den nächsten 2 Monaten auch wenig Zeit und Muße habe, schlage ich vor, dass wir uns an der eigenen Meinung erfreuen. Gegenüber dem Morden am Nil ist das doch schon mal was Erfreuliches.
Beste Grüße
Heinz
Hallo Heinz,
danke für deine ausführliche Antwort! Speziell für Vergleichsbilder, die ich bisher noch nicht gefunden hatte.
Es geht mir allerdings nicht um Meinungen, sondern um die Diskussion von Deutungs-Ansätzen im Zusammenhang mit „verstehen können“.
Aber da ich noch nicht so viel wie du dazu gelesen habe und zur Zeit ebenfalls zu viel an der Backe habe, gebe ich jetzt Ruhe.
Allen einen schönen Restsommer
wünscht Barbara
Hallo,
ich Stelle jetzt Mal die Sinnfrage: Was war der Zweck der Darstellungen?
Meine Angebote:
- reine Dekoration. Hier wäre die Folgefrage für wen?
- Erinnerung des Verstorbenen, Dass er sich im Jenseits an die dargestellten Szenen erinnern kann.
Gibt’s weiter Vorschläge
?
@ Hugin
Hallo Hugin,
ich dachte, das wäre klar !?
Der Begriff Jenseits war bis zum Ende des Alten-Reiches in zwei Bereiche eingeteilt und zwar in Himmel und Erde. Das betrifft die zur Diskussion stehenden Gräber um ca. 2300 v.Chr.
Der Himmel war damals nur den Pharaonen vorbehalten. Das geht jedenfalls aus den Pyramidentexten hervor. (Unas usw.)
Der Verstorbene lebte im Jenseits weiter. Dafür brauchte er aber eine Umwelt mit allem was man für ein Leben braucht und die war im Grab dargestellt. Das Grab war dann auch für die Ewigkeit aus Stein mit vielfach dicken, schweren Blöcke gebaut oder im Fels wie in Beni Hassan.
Wie die Ägypter und speziell die Priester sich das genau vorstellten mit der Wiedergeburt und dem Leben im Jenseits darfst du nicht hinterfragen. Ebenfalls kann keiner so genau erklären was nun mit dem mumifizierten Körper mit Ka-Ba und Ach geschieht. Da fantasiert sich jeder was anderes zusammen und auch die alten Texte sind widersprüchlich !
Bei religiösen Vorstellungen kann man nicht mit Logik kommen, denn dann wäre es ja Wissen und kein Glaube.
Bei unserer Diskussion ging es ja darum, ob außer der profanen Darstellung einer Umwelt mit allem Getue und Gehabe, die Szenen noch eine zweite, mystische Bedeutung haben.
Warum die meisten Archäologen und Kurti das ablehnen wurde ja nun hinreichend dargelegt.
Nach der ersten Zwischenzeit gab es dann eine “Unterwelt” und offensichtlich konnte jetzt Otto Normalverbraucher auch irgendwie im Himmel sein. Einige meinen, dass die Opfertische mit ihren Speisen und dem Verstorbenen davor schon “Himmelsszenen” darstellen ! Die Religion wurde jedenfalls ab da immer ausgeschmückter und umfangreicher. Das lag auch daran, dass Götter und Mythen aus den einzelnen Gauen mit den bisher proklamierten verschmolzen. Das gipfelte darin, dass jeder Gott, der schon in zwei oder drei heiligen Tieren dargestellt wurde letztendlich in allen heiligen Tieren erscheinen konnte. Fruchtbarkeitsgott*innen usw. war bis zur Spätzeit dann jeder!
Eine zentrale Rolle spielten dabei die Priester. Zur Zeit Ramses des 5. ( ? ) hatten z.Bsp. die Amunpriester mehr Landbesitz als der Pharao. Der arme Kerl war nur noch eine Marionette des Klerus. In Karnak gibt es z.Bsp. noch einen Gottesnamen der “Atum-Amun-Re” lautet. Ein schöner Kompromiss. Schwer einzuordnen ist auch “Nefertem”, der als Licht in der Lotusblume geboren wird, die sich jeden Abend schließt und morgens wieder öffnet und ihr gelber Kern die Sonne darstellt. Nefertem hielt dann dem Re die duftende Blüte an die Nase und deshalb laufen in den Gräbern, meistens die Frauen, mit einer Lotusblüte an der Nase herum. Da soll mal einer durchblicken, wer jetzt die Sonne verkörpert und die ewige Wiedergeburt usw. ? Da rudert dann auch immer noch so ein Osiris mit und ein Horusfalke schwirrt zum Pharao und bringt das Licht auf die Erde in Gestalt des Pharao, der wird dann Sohn vom Re. Der Pharao stirbt dann einfach weg und wird zum Osirus und schippert als Re oder mit Re am Himmel herum. Da soll noch einer durchblicken.
Im Tempel von Dendera gibt es ja dann auch noch die Lampen der Präastronauten.
Lotusblüten mit Fruchtblase und dem Nefertem als kleine Schlange darin. Der lange Stiel ist das Stromkabel. Du siehst, wer bei religiösen Darstellungen keine Phantasie hat, der ist verratzt !
Weil dem so war, wirst du auch kein Buch oder gar Artikel finden, in dem alles klipp und klar geschrieben steht. Klipp und klar gibt es in keiner Religion und erst recht nicht bei einer polytheistischen Religion mit einer Fantasier-Geschichte von über 3000 Jahren.
Da blickt keiner mehr durch und deshalb sollte man bei den Grabbildern auch nicht mehr hineinfantasieren als man auf den Bildern sieht und der Text aussagt, denn das ist ja schon Fantasie genug !
Ich bin sicher, dass ich jetzt alle Klarheiten beseitigt habe !
Flieg also zu Odin und berichte ihm das, der versteht das am besten, denn der kennt sich ja aus mit dem ganzen Götterkram !
Gruß
Kurti
Hallo Kurti,
das heisst ja also, dass es bei der Auschmückung des Grabes einen offiziellen Teil gab, in dem die Götter eine Rolle spielten und der sicher stellte, dass der Vertstorbene ordnungsgemäß sein Leben nach dem Tod antreten konnte.
Darüber hinaus einen 2. Teil, der dekorativen Charakter hat und der nach Geschmack der Zeit und des Verstorbenen Alltagsgeschichten erzählt.
Stimmt das so?
Gruß,
Hugin
@ Hugin
Hallo Hugin,
so einfach kann man das nicht beantworten. Da muß man erst mal unterscheiden zwischen Pharao und dem normalen Bürger.
Bleiben wir also bei den, hier diskutierten, Gräbern der Beamten oder Reichen, die sich überhaupt eine Mastaba oder Grabbau leisten konnten.
Der arme Ottonormalverbraucher bekam einen Papyrus in den Sarg und darauf war alles nötige abgebildet. Den Papyrus mußte man sich aber bei einem Schreiber anfertigen lassen oder man verwendete einen Standardwisch aus dem Sonderangebot für 1,99 € bei Aldi oder Lidl.
Im Alten-Reich gab es, nach allem was man bisher zu “wissen glaubt”, noch kein “himmlisches” Leben für Normalsterbliche. Die dort gezeigten Opfervorbereitungen und Opfermale bis hin zum Totenmal seiner Familie sind noch “irdisch” aufzufassen.
Wenn dann mal separate Szenen von Göttern oder deren Taten gezeigt werden, dann bedeutet das nur, dass die Götter schon alles richten. Siehe den “Großen-Kater” (Re) der die “Apophis - Schlange” zerstückelt. Die hatte mal den Weltenfluss ausgesaugt, so das Re mit seinem Sonnenboot stecken geblieben wäre und die Sonne nicht pünktlich aufgehen konnte. Das war so in der 6 (?) Stunde. Die Schlange speite das Wasser wieder aus und die Fahrt ging weiter. Von der Geschichte gibt es mehrere Versionen, aber so ca.,quasa war das so.
Bezüglich Grab und was da begehbar war und nicht helfen dir sicher folgende Links:
Der Beamte Ti
Virtueller Rundgang durch die Mastaba des Ti
Ansonsten sagte ich schon, dass es keine Standardvorstellung vom Jenseitsleben in der unteren Welt und dem Himmel gab. Selbst alte Pyramidentexte und Totenbücher geben kein einheitliches Bild ab.
Frag doch mal einen christlichen Priester, wie er sich das Leben im Himmel vorstellt und die “leibliche” Wiederauferstehung am Tag des “Jüngsten-Gericht”. Wie er die “leibliche” Himmelfahrt von Jesus und Maria erklärt. Die Bogomilen ( Religion im alten Bulgarien, Serbien u.Bosnien) hatten da eine schöne Erklärung zu. Die Menschen sahen zwar den Leib Christi, aber es war nur eine Vision, denn tatsächlich stieg nur der “Geist” in den Himmel auf. Der Körper war also nur so eine Art “Hologramm” !
Da kommen jetzt die Präastronauten wieder ins Spiel, denn die wußten schon immer, dass da Außerirdische mit modernster Technik am Werke waren !
Schön ist auch ein Vergleich mit der Heiligen-Dreifaltigkeit und der Gottesvorstellung der Ägypter. Re - Horusfalke - Pharao erleuchtet durch Horus wird zum Horussohn von Re.
Der Papa, der Hlg.Geist und der leibhaftige Sohn vom Papa. Das verbindende Glied ist der Hlg.Geist, sprich Horusfalke.
Fazit:
In keiner Religion weiß man nichts genaues und das nennt man dann “Glaube” !
Gruß
Kurti
Der Totenkult war solange aktiv, wie die Familie des Toten willens und fähig war, die Nekropolenpriester zu bezahlen, die Zeremonien abhielten und über den Zustand der Gräber wachten. Aber auch danach wurden die Gräber von den Priestern allgemein bewacht - bis irgendwann die Grabräuber kamen, oder die Nekropole in einem Krieg oder bei einem Aufstand zerstört wurde…
Den Glauben früherer Kulturen zu bestimmen, ist sehr schwierig und nur bedingt genau. So weiss man seit Eratosthenes, der den Erdumfang berechnet hat, dass die Erde eine Kugel ist. Dieses Wissen hatte aber bis zu Galilei nie Einfluss auf den herrschenden Glauben gehabt, der bestimmt hat, dass die Erde eine Scheibe ist.
In Ägypten war es Echnaton, der eine radikale Umwandlung des Glaubens bewirkte, indem er Aton als einzigen Gott (Monotheismus) huldigte.
Der Bau der Pyramiden fand aber 3000 Jahre vor Echnaton statt, da stellt sich die Frage, hatte Wissen Einfluss auf den Glauben, oder wurde dieser, wie bei Eratosthenes vergessen?
Gruss Ardea